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Keine Einigung bei DeutschlandticketZukunft des 49-Euro-Tickets ungewiss

Die Bundesländer wollen das Deutschlandticket 2024 fortführen und dafür die Hälfte der Kosten tragen. Ob der Bund die andere Hälfte zahlt, bleibt unklar.

Grünes Licht für die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets? Regionalbahn bei Dagebüll Foto: Nikito/imago

Berlin dpa/taz | Die Ver­kehrs­mi­nis­te­r:in­nen von Bund und Ländern haben keine Einigung im Finanzstreit über das Deutschlandticket erzielt. In einem Beschlusspapier der Verkehrsministerkonferenz heißt es, die Länder seien bereit, dauerhaft die Hälfte des Zuschussbedarfs für das Ticket zu finanzieren. Sie erwarteten vom Bund, dass er die Verantwortung für die Finanzierung der anderen Hälfte des Zuschussbedarfs übernehme.

In dem Papier wird das Deutschlandticket im Nah- und Regionalverkehr zum Preis von 49 Euro im Monat als gemeinsames Erfolgsprojekt von Bund und Ländern bezeichnet. „Es muss gemeinsam fortgeführt und nachhaltig finanziert werden.“ In Länderkreisen wurde dies als deutliches Bekenntnis auch von Bundesverkehrsminister Volker Wissing zum Deutschlandticket bewertet.

Bund und Länder schießen 2023 und 2024 jeweils 1,5 Milliarden Euro für die Kosten des Tickets zu. Umstritten ist aber zusätzliches Geld, das wegen gestiegener Kosten für Personal und Energie nötig wird. Wissing hat bisher zusätzliche Bundesgelder abgelehnt. Noch am Mittwoch verwies die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Carina Konrad, darauf, dass der Bund seine Finanzierungsversprechen übererfülle. „Das Bereitstellen eines sicheren, bezahlbaren und sauberen Nahverkehrs ist Länderaufgabe“, sagte sie. Dafür flössen bereits „über die Finanzierung des Deutschlandtickets hinaus“ Milliardensummen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Re­gie­rungs­che­f:in­nen der Länder sollen nun den Streit über die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets lösen. Diese Erwartung äußerte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) als Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz nach den Beratungen am Donnerstag. Scholz und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen kommen am 6. November zusammen.

Volker Wissing steht in der Verantwortung

Aus Sicht der Länder müsse es kurzfristig zu einer Entscheidung kommen, sagte Krischer. Sonst hätten Verkehrsunternehmen keine Planungssicherheit, dies brächte Probleme für die Weiterführung des Tickets. Die Länder seien bereit, Mehrkosten zur Hälfte zu übernehmen und erwarteten dies auch vom Bund. „Wir haben auf dieser Konferenz geschafft, dem Bundesverkehrsminister die Handlungsnot zu verstehen zu heben“, so Krischer. Die Verantwortung, die Zukunft des Tickets zu sichern, liege nun beim Bund. Auch in der Frage eines bundesweit einheitlichen Semestertickets sei weiterhin Volker Wissing am Zug.

Dass die Zukunft des Deutschlandtickets damit vorerst ungewiss bleibt, hielt die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, für ein „denkbar schlechtes Signal für die Verkehrswende“. Die andauernde Unsicherheit gefährde die Akzeptanz des Deutschlandtickets: „Wer den Umstieg auf den ÖPNV will, muss dafür sorgen, dass er bezahlbar ist und verlässliche Angebote schaffen.“ Das „Hickhack“ zwischen Bund und Ländern müsse daher endlich ein Ende haben.

Auch Andreas Schackert, Bundesfachgruppenleiter Busse und Bahnen bei der Gewerkschaft Verdi, zeigte sich nach der Konferenz unzufrieden: „Bundesverkehrsminister Volker Wissing verkauft das Deutschlandticket als sein Erfolgsprojekt“, sagte Schackert der taz. „Dann muss er auch bereit sein, Geld dafür in die Hand zu nehmen.“ Schackert kritisierte zudem, dass Bundes- und Lan­des­ver­kehrs­mi­nis­te­r:in­nen und bisher kein konkretes Konzept für den Ausbau des Nahverkehrs vorlegen konnten.

Zum Abschluss der Konferenz appellierten die Lan­des­ver­tre­te­r:in­nen auch in weiteren Punkten an das Bundesverkehrsministerium: In einem Beschluss etwa wird die Abkehr von den Sektorzielen für mehr Klimaschutz kritisiert und die Bitte formuliert, „stärker als bisher Maßnahmen im Verkehrssektor zu ergreifen“. Wiederholt wurde die Forderung, Kommunen mehr Handlungsspielraum bei der Ausweisung flächendeckender Tempo-30-Zonen zu geben. Dies erfordere eine Änderung straßenrechtlicher Vorschriften, die über die Pläne des Bundesverkehrsministeriums zur Reform der Straßenverkehrsordnung hinausgeht.

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13 Kommentare

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  • Das 49 Euro Ticket braucht Verbesserungen/muß angepaßt werden. Das ist klar.

    Hier ein paar (kurzfristig praktikable) Handlungsanweisungen:

    - Erhöhung des regulären 49 Euro D-Tickets auf 59 Euro (weiter 29 Euro für Azubi/Studi/Sozial).

    - Zur Entlastung des Nahverkehrs die Einführung eines IC-D-Tickets für 79 Euro (39 Euro für Azubi/Studi/Sozial)

    - Einführung eines (steuerbefreiten) BAHN CARD 100 Jobticket für 2000 Euro im Jahr.

    Gegenfinanzierung:

    - Streichung des Dienstwagenprivilegs

    - Streichung aller Diesel-, Flugbenzin- und Schweröl-Subventionen.

    - (Wieder-) Einführung einer 48 Prozent Einkommenssteuerstufe für Jahres-Einkommen ab 250 000 Euro.

    - Abschaffung der Subventionen für Schiffstransporte mit Schweröl (Tonnagesteuer bei Transport mit Schwerölantrieb auf 10 Prozent erhöhen!).

    -Abschaffung der verfassungswidrigen Erbschaftssteuerbefreiung bei Besitz von mehr als 300 Wohnungen.

    Müssen nur wollen... . :-()

  • Man kann den Eindruck gewinnen das Ticket war nie wirklich von allen gewollt. Man kann auch die absolute Wirtschaftlichkeit überprüfen da es viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist ein solches zukaufen. Erst wenn es so gehandhabt wird wie das Vorgängerticket ist es möglich alles zu bewerten. Da ist noch viel Luft nach oben.

    • @Garum:

      Es ist definitiv nicht von allen gewollt, das wissen wir doch. Und deswegen gibt es auch die bekannten Beschränkungen, siehe Abozwang bzw. kein dauerhaftes Papierticket, bzw. nur die Möglichkeit das Ticket online abzuschließen. Ergo, was man nicht will verkompliziert man. Es gibt auch einen anderen guten Spruch, der mir immer wieder einfällt: Wenn man etwas will, findet man Möglichkeiten. Wenn man etwas nicht will, findet man Gründe.



      Aber ich sehe es mal positiv: Es werden noch nicht alle Möglichkeiten genutzt.

  • Der FDP ist die Vielfahrerei zu viel geworden. Sie müssten ja Züge kaufen und Personal einstellen. Sie wollen die Mittel lieber für die Steuerentlastung für den Dienstwagen vorhalten.

  • Ich halte die Diskussion über das angeblich so knappe Geld für das Deutschland-Ticket für einen Skandal erster Güte.

    Nur zwei Beispiele:



    In 2024 wird die Bundeswehr rund 75Mrd Budget bekommen, davon rund 25Mrd aus diesen Schulden aus der schwarzen Kasse, schamhaft "Sondervermögen" genannt. Da ja aber offensichtlich keinerlei Wille da ist, das vollkommen untaugliche Beschaffungswesen der Bundeswehr zu reformieren, wissen wir heute schon, dass von den 75Mrd mindestens die Hälfte sinnlos verschleudert wird. Neuestes Beispiel dieses kaputten Beschaffungssystemes: Der Milliardenkauf von Funkgeräten, die sich gar nicht in die Panzer montieren lassen.

    Anderes Beispiel; Laut UBA gibt Deutschland nach wie vor Jahr für Jahr über 60 Mrd für fossile Subventionen aus, davon rund 4 Mrd das Dienstwagenprivileg, mit dem gutverdienende Menschen ein Dienstauto spottbillig privat nutzen können.

    Nur zwei Beispiele, ich kann noch mehr aufzählen, aber dann wird der Kommentar zu lang

    • @Heinz Kuntze:

      Ich kann WIssing in gewisser Weise verstehen. Er fordert, dass die Anzahl der Verkehrsverbünde durch die Länder reduziert wird. Wer sich einmal mit diesem Moloch beschäftigt hat, weiß, wie berechtigt diese Forderung ist. Im Gegenzug soll es Geld für das D-Ticket geben. Aus meiner SIcht eine win-win-Situation, insb. für die Nutzer des ÖPNV.

      Problematisch ist nur, dass die Landespolitik gerne verdiente (sprich abgewählte) Politiker in die Verkehrsverbünde abschiebt, damit sie ohne viel Arbeit noch gut Geld verdienen können.

  • Wo ist Scholz? Alle fordern immer wieder ein Machtwort vom Kanzler. Leider hat er bislang einseitig nur FDP-Forderungen unterstützt. Doch angesichts der Wahlen in Bayern und Hessen sollte er seine Position überdenken und sich überlegen, ob es FDP-Wähler sind, die das Deutschlandticket nutzen oder SPD-Wähler, die pendeln müssen. Wenn Scholz nur halbwegs an seine Basis denken würde, müsste er sich klar für Zuschüsse vom Bund aussprechen. Es darf diesen Erfolg der Koalition nicht für die "Schuldenbremse" gegen die Wand fahren lassen. 2024 stehen etliche Wahlen an. Sollte das Ticket dann Geschichte sein, wird das der SPD weitere Prozentpunkte kosten.

  • Wenn der Verkehrsminister jetzt vorschnell eine Zusage erteilt, werden die Verkehrsverbindungen in den Flächenländern niemals konsolidiert und dieser unwirtschaftliche Flickenteppich wird auf ewig fortgeführt.

    Pro Bundesland sollte es einen öffentlichen Verkehrsverbund geben. Sollte Herr Wissing also eine Zusage erteilen, dann sollte er eine Konsolidierung in einem kurzfristigen Zeitraum zur Bedingung machen. Nur so lassen sich Kostensteigerungen auch seitens des Bundes kontrollieren.

    Ansonsten stößt sich der Verband in Kleinkleckersdorf mit seinen zwei Bimmelbahnen noch mit dem Ticket gesund.

  • Klar ist: 2024 muss das 49-Euro-Ticket zuverlässig weiter laufen. Für 49 Euro pro Person und Monat. Bis 30.April. Danach ist die jährliche Tarif-Anpassung in Höhe der Inflationsrate denkbar. Erst kurz vor der nächsten Bundestagswahl, also im Mai 2025, ist denkbar, eine ebensolche Anpassung, aber zugunsten besserer Kostendeckung nach oben aufgerundet zu beschließen. Denn bis dahin ist das Ticket für Viele so wichtig geworden, dass sie etwas mehr zu zahlen bereit sind. Wissing kann unmöglich mit fiskalischer Gewalt eine Eintagsfliege aus dem Projekt machen. Mobilität ist wieder wichtiger geworden, aber Autofahren mit dauernd Halte an Ladesäulen planen ist nicht zeitgemäß. Elektrisches Vorankommen bietet bequemer die Bahn.

  • Das 49 Euro Ticket ist eines der ganz wenigen Dinge das die aktuelle Regierung richtig gemacht hat. Wenn das eingestellt wurde, wäre das ein unglaubliches Armutszeugnis.

  • Ich hoffe, dass Bewegung in diese Frage kommt. Das D-Ticket ist zwar ein kleiner Erfolg gewesen aber immerhin.

    Es ist echt super, dass man sich z.B. in einer fremden Stadt nicht mehr mit einem komplizierten Tarifsystem auseinandersetzen muss, sondern einfach weiss, dass alles passt.

  • Der große Fortschritt speziell für mich ist, dass die Monatskarte für die Stadt 65 Euro kostet, eine Zone, und es sich nur lohnt wenn ich kein Homeoffice mache, nicht krank oder im Urlaub, oder auf Geschäftsreise bin. 50 Euro ist die Grenze, bei der ich ohne nachzurechnen die Karte nehme. Für die Großstadt alle Zonen 60 wäre noch in Ordnung. Kostet bei uns aber einen fetten Betrag mehr. Ich hoffe man einigt sich.

    • @sachmah:

      Sehe das auch so. Viele Verkehrsverbünde verdienen sich an sinnbefreiten Zonenmodellen dumm und dämlich. Jetzt kassieren sie zwar immer noch, wenigstens muss man als Nutzer nicht mehr drunter leiden.