piwik no script img

Katrin Lompscher in der KritikDie da oben müssen sauber sein

Kommentar von Stefan Alberti

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher hat versäumt, eine Vergütung aus ihrer Arbeit als Aufsichtsrätin zurückzuzahlen. Ein Wochenkommentar.

Bausenatorin Katrin Lompscher bei einem schönen Termin: Richtfest für einen Schulneubau Foto: picture alliance/Sven Braun/dpa

S tadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher von der Linkspartei hat also jüngst mit jahrelanger Verspätung Geld zurückbezahlt, das sie als Aufsichtsrätin in landeseigenen Unternehmen bekam und nicht komplett hätte behalten dürfen. Sie habe erst auf eine Zahlungsaufforderung gewartet, dann sei die Sache in Vergessenheit geraten, hieß es am Mittwoch zur Begründung aus ihrer Senatsverwaltung.

Um Einkünfte aus drei Jahren geht es, von 2017 bis 2019. Wäre Lompscher eine normale Bürgerin, könnte man sagen: Rechnungen bezahlen viele auch erst bei der wiederholten Mahnung, Steuern gleichfalls – was allerdings an sich schon traurig ist.

Lompscher ist aber keine normale Bürgerin, sondern in einer herausgehobenen Position und zudem in einer Partei, die sich oft als das soziale Gewissen der Stadt sieht. Als Senatorin bekleidet sie ein öffentliches Amt, in dem weiterhin mutmaßlich viele Menschen durch und durch seriöse Politiker und Vorbilder sehen wollen.

Die Vergütungen für ihre drei Aufsichtsratsjobs, die nicht annähernd so hoch dotiert sind wie in DAX-Unternehmen, nicht sofort komplett in die Landeskasse zurückgezahlt zu haben, macht nun aus Lompscher keinen unseriösen Menschen. Aber in einer Zeit, in der das Vertrauen vieler in die Politik, ihre Gremien und ihre Akteure erschüttert ist, tragen auch kleine Verfehlungen dazu bei, diese Entwicklung zu verstärken.

Das schadet Lompscher

Das gilt umso mehr, wenn so etwas bei einem Menschen passiert, der bei aller inhaltlichen Kritik über solche Schwächen erhaben schien. Lompscher ist seit Jahren wegen ihrer Baupolitik, die ihre Gegner für eine Neubau-Verhinderungspolitik halten, unter starker Kritik. Nachvollziehbare charakterliche Kritik an ihr war aber nicht zu hören oder zu lesen. Sauber in einem oft unsauberen Geschäft zu sein, war ein Pfund für Lompscher.

Sauber in einem oft unsauberen Geschäft zu sein war ein Pfund für Lompscher

Dieses Bild ist nun zumindest angekratzt. Das schadet ihr, aber es hat eben auch weitergehende Folgen. Verbreitete Meinung könnte nun sein: Wenn die politische Elite – „die da oben“ – es mit Vorgaben und Regeln nicht so ernst nimmt, dann muss es ja wohl der Normalo, „der kleine Mann“, damit auch nicht so genau nehmen. Umso unangenehmer ist dabei, dass die parlamentarische Anfrage, die Lompschers Rückzahlung auslöste, ausgerechnet von der AfD-Fraktion kam. Jener Partei, die ohnehin dauerhaft nahelegt, das System sei marode.

Das Tragische ist, dass Lompscher die ganze Sache tatsächlich wirklich bloß vergessen haben könnte und sich selbst vielleicht am meisten darüber ärgert, jetzt als eine Art Nimmersatt dazustehen. Denn drei Viertel der Aufsichtsratsbezüge durfte sie ja sowieso ganz offiziell behalten, und die knapp 2.000 Euro, die sie davon jährlich weitergeben musste, sind Peanuts im Verhältnis zu ihrem sechsstelligen Jahresgehalt im Senat.

Ja, Politiker sind auch nur Menschen – aber in einem Regierungsamt müssen sie eben bessere Menschen sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Da hat sie doch gleich auch noch vergessen die unrechtmäßigen Bezüge wenigstens zu versteuern. Die Salonsozialisten ähneln sich doch alle sehr, immer gemäß dem Motto „Wasser predigen Wein saufen“. Bei dem üppigen Salär mit rundum Sorglos-Alimentierung noch ein solches Verhalten an den Tag zu legen, disqualifiziert sie von jeglicher öffentlicher Amtsausübung. Gier frisst halt immer noch Hirn. Und wenn sie es tatsächlich vergessen hätte, was extrem unwahrscheinlich ist, wäre genauso ein Entzug des Amtes notwendig gewesen, da das Amt einer Senatorin ein Mindestmaß an Professionalität erfordert.

  • Also, Herr Alberti: wenn Sie Bock auf wirklich lustige Sachen haben, empfehle ich Ihnen Herrn Amthor.

    Zu spät bezahlte Rechnung? Solange Frau Lompscher allfällige Säumniszuschläge beglichen hat ist doch alles gut...

  • Was für eine populistische, anti-elitistische Überschrift.

    • @Jim Hawkins:

      Ja, ich finde die Überschrift auch sehr gut.