Kampf um ukrainische Stadt Mariupol: Ende nach 82 Tagen
Die letzten ukrainischen Verteidiger von Mariupol geben auf – in der Hoffnung auf einen Gefangenenaustausch. Ob Russland dazu bereit ist?

Wie viele Soldaten sich noch im Stahlwerk befinden, blieb zunächst unklar. Denis Puschilin, der Anführer der prorussischen „Volksrepublik Donezk“, behauptete am Mittwoch, die führenden ukrainischen Kommandeure im Stahlwerk befänden sich noch auf dem Gelände.
Unklar ist auch das Schicksal der Evakuierten. Der Militärgeheimdienst der Ukraine gab bekannt, er wolle die Evakuierten in einem Gefangenenaustausch gegen russische Soldaten freibekommen. Nach Angaben des Institute for the Study of War in den USA, das sich auf beide Seiten beruft, gibt es einen entsprechenden Deal zwischen dem ukrainischen und dem russischen Militär. Radikale Kräfte in Moskau und in Donezk seien allerdings dagegen.
Mariupol, wo derzeit nur noch wenige Zehntausend von einst einer halben Million Einwohnern leben – über 20.000 weitere wurden nach ukrainischen Angaben während der russischen Angriffe getötet, Hunderttausende sind geflohen –, bleibt jedenfalls fast komplett zerstört. Russland hat dennoch ein Interesse daran, die riesigen Hafen- und Industrieanlagen der Stadt zu nutzen. Als erstes soll bis zum 25. Mai der Hafen von Minen und versenkten ukrainischen Schiffen freigeräumt werden.
Ukraine befürchtet verstärkte Angriffe
Der Sieg in Mariupol setzt russische Truppen für den Einsatz an anderen Fronten frei. So befürchtet die Ukraine nun verstärkte Angriffe anderswo und intensiviert ihre Gegenangriffe. In der russisch kontrollierten Stadt Melitopol im Süden der Ukraine wurde Berichten zufolge am Mittwoch ein Zug mit zehn Waggons voller russischer Soldaten bombardiert und zerstört.
Schweden und Finnland haben derweil am Mittwoch offiziell ihre Nato-Beitrittsanträge am Nato-Hauptquartier in Brüssel eingereicht. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem „historischen Moment“. Die Nato hat Finnland und Schweden eine Aufnahme im Schnellverfahren in Aussicht gestellt. Das jedoch wurde wenige Stunden nach den Anträgen von der Türkei vorerst blockiert. So war es am Mittwoch im Nato-Rat nicht wie geplant möglich, den Beschluss für den Beginn der Beitrittsgespräche zu fassen – er muss einstimmig von allen 30 Nato-Mitgliedern gefasst werden.
Präsident Recep Tayyip Erdoğan wirft Finnland und Schweden eine zu laxe Haltung gegenüber „Terrororganisationen“ wie der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor. Er sagte vor dem türkischen Parlament in Ankara, er erwarte von den Nato-Verbündeten, „dass sie unsere Sensibilität zunächst verstehen, respektieren und schließlich unterstützen“. Schweden habe die Anträge der Türkei auf Auslieferung von 30 „Terroristen“ abgelehnt und verlange nun „unsere Unterstützung für ihre Nato-Mitgliedschaft“. Dazu könne Ankara „nicht ‚ja‘ sagen. (afp, rtr)
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