Kampf um Braunkohledorf Lützerath: Ak­ti­vis­ten rufen Tag X aus

Die Lage im Dorf Lützerath, das dem Kohleabbau weichen soll, spitzt sich zu. Kli­ma­aktivisten bereiten sich auf die Räumung vor.

Aktivist in weißem Oberall steht auf einem Dach und brennt aeinen Leuchkörper ab

Lützerath, 2. Januar: Ein Aktivist steht auf einem Holzpodest und brennt einen Rauchsatz ab Foto: Thomas Banneyer/dpa

LÜTZERATH taz | Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hat sich im Streit um das Kohledorf Lützerath erneut auf die Seite des Energiekonzerns RWE gestellt. Der will den Ort abreißen, um seinen Braunkohletagebau Garzweiler auszuweiten – Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen wollen das verhindern und haben dort seit Jahren ein Camp angesiedelt. Der Polizeieinsatz zur Räumung hat bereits begonnen. Diese sei erforderlich, um ausreichend Energie für Menschen und Wirtschaft zu produzieren, sagte Neubaur am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk. „Deswegen geht da leider kein Weg daran vorbei, Lützerath zu räumen.“

Die Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen vor Ort haben derweil den „Tag X“ ausgerufen. Das heißt: Sie befürchten die akute Räumung durch die Polizei, die eigentlich erst in einigen Tagen erwartet worden war. „Cops sind seit über 24 Stunden in Lützerath, bauen ihre Strukturen auf und greifen unsere an“, war auf dem Twitter-Account „Aktionsticker Lützerath“ zu lesen, auf dem Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen ­schreiben, die derzeit in dem Ort leben. „Kommt jetzt nach Lützerath, eure Unterstützung wird gebraucht!“

In der Klimabewegung werden die Grünen für ihren Umgang mit der Situation scharf kritisiert. „Die Grünen machen damit einen großen Fehler“, schrieb die Aktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future am Dienstag auf Twitter. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Neubaur und RWE hatten sich im vergangenen Jahr auf einen Deal zum Kohleausstieg geeinigt. Der sah vor, dass jetzt in der Energiekrise Kohlekraftwerke des Unternehmens länger am Netz bleiben als ursprünglich vorgesehen – dafür aber alle verbleibenden Kohlekraftwerke im rheinischen Kohlerevier 2030 vom Netz gehen statt erst 2038. Im Zuge dessen wurde auch die Rettung mehrerer Dörfer vereinbart, die eigentlich den Kohlebaggern weichen sollten – aber nicht von Lützerath.

Die ursprünglichen Be­woh­ne­r:in­nen des Orts sind im Grunde komplett umgesiedelt. Schon vor Monaten haben sich allerdings Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen angesiedelt. Lützerath ist so zum Symbol für den Kohleausstieg geworden. Kürzlich ergab eine Studie zudem, dass der RWE-Deal nicht den Klimanutzen bringe, den die Bundesregierung angegeben hatte. „Der Deal zwischen Grünen und RWE soll als fairer ‚Kompromiss‘ gelten, den die Klimabewegung gut finden muss“, kritisierte Neubauer. Dabei handele es sich um „die Unterwanderung eines Kompromisses“, nämlich der Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad gegenüber vorindus­triellen Zeiten. Aktuell hat sich die Erde schon um rund 1,2 Grad aufgeheizt.

Barrikaden errichtet

In den frühen Morgenstunden des Dienstags versammelten sich die im Dorf lebenden Ak­ti­vis­t:in­nen, aktuell mehrere Dutzend, um das von ihnen errichtete Holztor mit der Überschrift „Willkommen in Lützerath“, um dieses vor der Beseitigung zu schützen. Sie errichteten Barrikaden. Ungefähr 300 Po­li­zis­t:in­nen befanden sich schon vor Ort.

Am Montag hatten sich deutschlandweit Bilder von brennenden Strohballen verbreitet, die Ak­ti­vis­t:in­nen als Barrikaden aufgestellt und schließlich angezündet hatten. Es flogen zudem Steine auf Polizist:innen, welche wiederum ihre Schlagstöcke einsetzten. Die Initiative Lützi lebt beteuerte, es habe sich um nicht abgesprochene Aktionen Einzelner gehandelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Eine Person sitzt auf einem Ausguck. Sie trägt eine blaue Hose und hat eine goldene Wärmedecke um die Schultern geschlagen. Außerdem trägt sie eine weiße Maske und eine Mütze. Szenerie aus Lützerath

Wie lebt es sich im besetzten Weiler? Die taz-Autor*innen Aron Boks und Annika Reiß waren für die Kolumne Countdown Lützerath vor Ort. Zwischen Plenum, Lagerfeuer und Polizei

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.