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Kampf gegen das InsektensterbenKleine Felder sind naturfreundlicher

Haben Umweltschützer ja schon immer gesagt: Kleinere Äcker sind besser für die Artenvielfalt als große. Jetzt belegen Forscher diese These.

Auch sie kann von kleinen Äckern profitieren: Honigbiene sammelt Nektar Foto: dpa

Berlin taz | Was Kleinbauern und Umweltschützer schon immer gesagt haben, wird durch zusehends mehr wissenschaftliche Studien belegt: Kleinere Felder sind besser als große Äcker für Insekten und die Natur allgemein. Kleine Agrarflächen könnten demnach helfen im Kampf gegen das Insektensterben. Diese Erkenntnisse werden vermutlich die laufende Debatte über die Verteilung der EU-Agrarsubventionen nach dem Jahr 2020 beeinflussen.

So hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universität Göttingen Mitte Februar in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B – Biological Sciences festgestellt, dass in Agrarlandschaften mit kleinen Feldern mehr Wildbienen vorkommen als in Landschaften mit großen Äckern.

„Kleinere Felder führen zu mehr Feldrändern“, erläuterte Co-Autorin Annika Hass die Ergebnisse. „Diese sind wichtig, da sie den Bestäubern Nistplätze und Blütenangebot bieten und auch zur Orientierung dienen können, sodass sie geeignete Lebensräume besser finden.“ Auf den Rändern stehen zum Beispiel Hecken und Bäume. Aber auch Ränder ohne solche Landschaftselemente wirken sich positiv aus, weil sich die Bienen an ihnen orientieren.

Die Wissenschaftler haben für die Studie die Fruchtarten auf den Feldern sowie die Ränder der Äcker in 229 Landschaften in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien verglichen. Außerdem fingen sie die Bienen auf diesen Flächen. „In Frankreich beispielsweise stieg die Zahl der Bienen von 26 auf 46, wenn die Felder in der Landschaft durchschnittlich 0,8 statt 2,5 Hektar groß waren“, sagte Hass der taz.

Größere Artenvielfalt

Ähnlich war die Tendenz einer Studie eines anderen Forscherteams der Göttinger Universität. Es dokumentierte, wie viele und welche Pflanzen, Laufkäfer, Spinnen und Kurzflügler auf neun Paare von Bio- und konventionellen Winterweizenfeldern in Niedersachsen und Thüringen im Untersuchungszeitraum vorkamen. „Diese beiden benachbarten Untersuchungsregionen sind repräsentativ für die landwirtschaftlichen Flächen im ehemaligen Ost- und Westdeutschland“, schrei­ben die Autoren im Magazin Nature Ecology & Evolution. Im Osten sind die Flächen mehr als sechsmal so groß.

Das Ergebnis: Auf kleineren Flächen war die Artenvielfalt größer. Sogar die naturfreundlichere Biolandwirtschaft schnitt auf großen Flächen schlechter ab als die konventionelle auf kleinen Flächen. „Neun kleine Felder im Westen ergibt einen viel größeren Artenreichtum als vier große Felder mit gleichem Umfang im Osten – unabhängig von der Bewirtschaftungsform.“

Am Ackerrand finden Insekten geschützte Plätze zum Nisten und Fressen

Aus der Studie geht auch hervor, warum Landwirte an den großen Flächen festhalten: „Die Erträge waren über die Ost-West-Grenze gleich, aber großflächige Landwirtschaft führte zu dem höchsten Gewinn.“ Er lag pro Hektar 50 Prozent höher, da die Produktion auf größeren Flächen billiger ist und sich besser vermarkten lässt.

„Die Kleinräumigkeit der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ist für die Biodiversitätsförderung genauso wichtig wie die Umstellung auf ökologischen Landbau, spielt aber leider bei der Förderung im Rahmen der EU-Agrarpolitik bisher keine Rolle“, erklärte Erst­autor Péter Batáry. Auch die andere Göttinger Studie empfiehlt, dass mit subventionierten Agrar­umweltmaßnahmen versucht werden sollte, den Trend zu größeren Feldern umzukehren.

Davon will der Deutsche Bauernverband jedoch nichts wissen. „Entscheidend ist nicht die Größe der Fläche, sondern die tatsächliche Art der Bewirtschaftung – ob beispielsweise Greening- und Agrarumweltmaßnahmen durchgeführt werden“, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken der taz.

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18 Kommentare

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  • Insekten hin oder her (für mich aber keine Frage, dass wir alle sie brauchen), dass die industrialisierte Landwirtschaft versagt, versagen muss, lässt sich leicht nachvollziehen:

    https://www.freitag.de/autoren/cyberling/hungerbekampfung-durch-kleinbauern

     

    und

    https://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Agrarwirtschaft/Baeuerliche-Familienbetriebe-sollten-bessere-Foerderung-erhalten_article1381898024.html

     

    Das wurde mehrfach durchgerechnet, dass nur kleinteilige Landwirtschaft, am besten biologisch wirtschaftende Kleinbauern, die Welternährung sicherstellen können und die Ernährung der Menschen bereits heute wesentlich besser gewährleisten können als industrialisierte Landwirtschaft – siehe Links…

  • Nichts gegen Studien, aber so weit ich weiß war das damals der „Witz“ an der Kollektivierung in der DDR, dass das Wirtschaften auf großen Flächen (eine Zeit lang) effektiver war. Die DDR hatte schlicht zu wenig Devisen, als dass sie an Stelle der Äpfel aus eigenem Großanbau Bananen hätte importieren können aus Gegenden, in denen großflächig Regenwald vernichtet wird für den Profit. Die EU hat DDR-Landwirte meines Wissens nie subventioniert. Und die Biene als solche war in den 50-er und 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts einfach noch nicht als bedrohter Held der Arbeit gelistet.

     

    Aber wir leben ja inzwischen nicht mehr in den 1960-ern. Zum Glück! Die EU-Agrarpolitik wird sich wohl nicht unbedingt verstecken wollen hinter der 5-Jahrplan-Politik der Regierung eines untergegangenen Inselstaates. Unter den Zwängen, die mit der Idee von einer besseren weil zentral gelenkten Wirtschaft einhergegangen sind, leidet „der Westen“ jedenfalls nicht, oder doch?

     

    Der Deutsche Bauernverband soll ja eine ganz tolle Lobbyarbeit machen, hab ich gehört.

    • @mowgli:

      In den Studien geht es ja doch, wenn ich das richtig verstehe, nicht darum, woher die unterschiedlichen Äckergrößen herkommen, sondern diese gegebenen Äckergrößen wurde einfach verwendet, um eine vergleichende Studie zu erstellen. habe da jetzt auch keine Ossi-Schelte herauslesen können

  • Wissenschaftler sind ja auch nur Menschen. Und vor diesem Hintergrund finde ich es dann doch merkwürdig, wie sehr die Wissenschaftler der Studie offenbar politisch-soziologisch argumentieren: „Neun kleine Felder im Westen ergibt einen viel größeren Artenreichtum als vier große Felder mit gleichem Umfang im Osten – unabhängig von der Bewirtschaftungsform.“ usw. - mehrfach wird da ein Westen gut - Osten schlecht -Gegensatz aufgebaut und kommunikativ verbreitet.

     

    Man meint fast, es ginge gar nicht um Insekten, sondern um die Verteidigung eines überkommen-traditionellen, wenn auch überlebten Weltbildes a la „westdeutscher bäuerlicher Kleinbetrieb“.

    • @TurboPorter:

      Also tut mir Leid, aber das finde ich etwas paranoid. Eine Ossi-Schelte kann ich da nicht herauslesen.

       

      Fakt ist nunmal: Aufgrund der Zwangskollektivierung im Osten gibt es dort historisch bedingt größere Felder als im Westen.

       

      Auch im Westen haben sie große Felder, aber nicht so geordnet konzentriert, dass es sich für Vergleichsstudien eigenen würde wie Thüringen und Niedersachen, wo auf der einen Seite viele kleinere Felder und auf der anderen Seite viele größere Felder zu finden sind. Wichtig war ja auch, ein etwas vergleichbares Gebiet zu haben. Sie haben im Westen nunmal nicht so viele große Felder auf einem Haufen mit vielen kleinen Feldern direkt daneben.

       

      Manchmal kann man es mit der Ossi-Opfer-Story auch übertreiben.

      • @sart:

        Kann man gemütlich drüber diskutieren oder aber direkt den nichtdeutschen Hauptautor fragen. Ändert aber nichts daran, dass der Ost-West-Gegensatz so überhaupt gar nichts mit dieser - wohlverstanden wissenschaftlichen - Untersuchung zu tun hat. Und da fragt man sich schon, warum er dann von jenem aus dem Ausland zugewanderten und von deutschen Steuermitteln finanzierten Wissenschaftler so häufig genannt wird? Vielleicht liegt es aber auch am Zweitautor, ebenfalls kein Einheimischer.

         

        (Finden Sie die Erwähnung der Herkunft der Autoren merkwürdig? Eben.)

        • @TurboPorter:

          Wenn man eine Vergleichsstudie überhaupt erst durchführen kann, weil es historisch bedingte Unterschiede in Ost und West gibt, finde ich die Erwähnung dessen nicht sonderlich merkwürdig. Ich bin aber auch nicht paranoid.

  • Meine persönliche, unvollständige und eher unwissenschaftliche Zählung in drei Gebieten hat ergeben: Am besten war es im weiteren Außengebiet Stuttgarts, Tübingen, Schwäbische Alb, Schönbuch usw. Da gab es eine sehr große Anzahl wilder Wiesenblumen unterschiedlicher Arten (20+ durch mich unterscheidbare Arten, will sagen hübsch bunt, auffällig). Aber auch an bewirtschafteten Flächen oder in unmittelbarer Nähe menschlicher Siedlungen war das sehr sichtbar. Ich persönlich vermute, dass es daran liegt, dass in Schwaben viele Flächen von Kleinst-Landwirten bewirtschaftet werden (dank der historischen Tradition der Flächenteilung im Erbschaftsfall), die viel für den eigenen Verbrauch produzieren und da vorsichtiger mit Pestiziden umgehen. Außerdem ist durch die weniger flache Landschaft mehr Gebiet automatisch unnutzbar und somit Schutzgebiet.

    In Mecklenburg-Vorpommern macht sich eher bemerkbar, dass da so wenig Menschen sind, die Vielfalt ist (gefühlt, wie gesagt) geringer, sogar in Biosphärenreservaten.

    In Schleswig-Holstein, Landkreis Herzogtum Lauenburg, wiederum in einer eher naturnahen Gegend, war die Vielfalt mit der in MV ungefähr gleichauf - aber hier habe ich die stärksten Unterschiede zwischen der Ackerbegleitflora der kleinen und großen Schläge beobachten können.

     

    Bienen fallen in allen drei Gebieten in erschreckenden Zahlen tot vom Himmel, bevor ihre Zeit gekommen ist. Will sagen: Gut ist es nirgends.

  • Bemerkenswert, dass in den zwei Wochen, seitdem die ersten Medien über diese Studie berichteten, eine interessante Zusatzinformation verlorengegangen zu sein scheint:

    >>"Überraschenderweise fanden sich weniger Wildbienen in Landschaften, in denen viele verschiedene Feldfrüchte angebaut wurden", schreiben die Fachleute in der Studie

  • "Kleine Felder sind naturfreundlicher"

    ja, aber für manche Arten wiederum nicht, z.B. Großtrappen.

    • @nutzer:

      Großtrappen sind keine Insekten!

  • Langsam ,aber sicher kommen die Vorteile der kleinstrukturierten Landwirtschaft auch in den öffentlichen Diskurs.

    Digitale Schwarmtechnologie, andere Bewirtschaftungsformen und angepasste Vermarktungseinrichtungen werden auch die Nachteile aus der Untersuchung beseitigen

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Kleinere Felder führen zu mehr Feldrändern", absolut richtig. Nur darf das Mehr an Feldrain dann nicht totgespritzt werden.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      Abbrennen?

      Auch immer mal wieder beliebt

  • Glyphosat und Neonicotinoide spielen keine Rolle mehr ...

    • @Pink:

      Offenbar nicht. Die grossen Biofelder haben ja angeblich schlechter abgeschlossen als die kleinen Pestizidäcker.

  • An Jost Maurin: bitte den vierten Absatz korrigieren. Ist so unverständlich...lg

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @Heiner Petersen:

      Danke für den Hinweis.

      Da war tatsächlich in der Korrektur verlorengegangen. Jetzt wieder drin.