Kampagne gegen Simbabwe-Sanktionen: Leere Worte, leere Bäuche
Simbabwe unterliegt seit fast zwei Jahrzehnten Sanktionen. Präsident Mnangagwa tut sich schwer damit, dagegen zu mobilisieren.
Stattdessen wurde das Event in Chiredzi zu einer Kundgebung der Verzweiflung, als hungrige Menschen sich um das billige Popocorn „maZupco“ stritten, um ihre Bäuche zu füllen. Staatliche Busse der Verkehrsgesellschaft Zupco und Schulbusse hatten die Leute frühmorgens zur Versammlung abgeholt – so früh, dass keine Zeit geblieben war, eine Mahlzeit vorzubereiten. Aber es sollte ja auf der Kundgebung etwas geben, dachten sie.
Also warteten sie. Und warteten. Und dann kam schließlich Präsident Mnangagwa und brachte nichts mit.
Hühnerbeinchen für alle
Was für ein Kontrast zur Hauptstadt Harare, wo eine offizielle Kundgebung zum Auftakt der staatlichen Anti-Sanktionen-Kampagne in ein „Chicken Inn Feast“ ausgeartet war. Im Sportstadion der Hauptstadt bekam jeder Teilnehmer ein reichhaltiges Mittagessen aus „Two Piecer Chicken“ – zwei Huhnstückchen – und Trinkwasser in Flaschen.
Die sozialen Medien Simbabwes waren voll von Bildern zufriedener Bürgern und ihrem Fast Food. Manche Jugendliche hatten bis zu 15 Portionen ergattert – es war schließlich kaum jemand zu der Kundgebung gekommen, also blieb viel übrig. Aber im staubigen Tshovani-Stadion von Chiredzi 600 Kilometer südöstlich mussten die teils aus 100 Kilometer Entfernung herangekarrten Bauern jetzt dem Präsidenten hungrig zuhören.
Er kam erst gegen 13 Uhr, weil er vorher die Zuckerrohrfarm Kilimanjaro auf dem Agrarkomplex Hippo Valley Estate einweihte, ein Prestigeprojekt. Als er endlich das Stadion erreichte, wo derweil die Blaskapelle der Zion Christian Church für Stimmung sorgte, lag die Temperatur bereits bei 42 Grad.
Dürre und Regen
„Ja, wir stehen unter Sanktionen, aber wir müssen angucken, was Gott uns für ein Land geschenkt hat, und es produktiv nutzen“, rief der Präsident. „Wir haben fruchtbares Agrarland und wir müssen es nutzen. Ja, wir können drei Jahre lang unter Dürre leiden, aber im nächsten Jahr kann es regnen. Wenn Dürre herrscht, können wir Bewässerung nutzen.“
Die Zuhörer waren unbeeindruckt. „Warum sind wir hier hergebracht worden?“, ärgerte sich ein Teilnehmer hinterher. „Wir sind seit dem frühen Morgen hier und haben nichts gegessen.“ Seinen Namen wollte er nicht nennen, aus Angst vor Repressalien.
Simbabwe steht seit fast 20 Jahren unter Sanktionen der EU und der USA – eine Strafmaßnahme wegen der Enteignung weißer Farmer und der Unterdrückung politischer Gegner durch Präsident Robert Mugabe. Mnangagwa, der 2017 nach einem Militärputsch gegen den greisen Mugabe die Macht übernahm, will diese Sanktionen beenden, die er als „westliches Krebsgeschwür“ denunziert, und hat dafür die Unterstützung anderer afrikanischer Staaten und der Afrikanischen Union.
Im Oktober rief er eine Volkskampagne gegen die Sanktionen ins Leben, der 25. Oktober wurde zum Anti-Sanktionen-Feiertag erklärt, und auf der Großkundgebung in Harare an diesem Tag startete die Kampagne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja