Kämpfe in der Ostukraine: „Lenin? Lasst ihn doch stürzen“
Im Osten des Landes sterben mindestens 15 Menschen. Derweil melden Separatisten den Fund von Massengräbern. In Charkow wird die Lenin-Statue gestürzt.
DONEZK/KIEW dpa/afp/taz | Bei neuen Kämpfen im Osten der Ukraine sind mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Bei Kämpfen am Flughafen der Stadt Donezk seien sieben Soldaten getötet und neun weitere verletzt worden, teilte der Präsidentenberater Juri Birjukow am Montag in Kiew mit.
Die prorussischen Separatisten sprachen von fünf toten Kämpfern in den eigenen Reihen und von acht Verletzten. Die Stadtverwaltung von Donezk berichtete in einer Mitteilung von drei getöteten Zivilisten und mehreren Verletzten. Die Lage in der Region sei gespannt, hieß es in der Mitteilung des Stadtrats. In vielen Vierteln sei Feuer aus schweren Waffen zu hören.
Seit dem 5. September gilt in der Ostukraine eine Waffenruhe. Zwei Wochen später hatte sich die ukrainische Regierung bei Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk mit den prorussischen Milizen auf einen 9-Punkte-Plan geeinigt, der neben einer Waffenruhe die Einrichtung einer Pufferzone entlang der Frontlinie vorsieht.
Zwar gab es Fortschritte beim Rückzug der Truppen beider Seiten aus der geplanten demilitarisierten Zone, doch gibt es immer wieder Gefechte rund um Donezk. Im Fokus des Konflikts steht der Flughafen der Stadt, der trotz wiederholter Angriffe der Rebellen weiter in der Hand der Regierungstruppen ist.
Unterdessen haben die prorussischen Separatisten nach eigenen Angaben im Gebiet Donezk Gräber mit rund 400 Leichen entdeckt. Bei den meisten Toten handle es sich um Zivilisten, sagte Separatistenführer Andrej Purgin am Montag nach Angaben der Agentur Interfax. Viele seien derartig zugerichtet, dass sie nur unter großen Schwierigkeiten identifiziert werden könnten. Die Gräber befänden sich in Gebieten, die zuvor von der ukrainischen Armee kontrolliert worden waren, sagte Purgin.
Propaganda und „russische Lügen“
Eine unabhängige Bestätigung der Zahl gab es nicht. Die Führung in Kiew hält die Darstellung der moskautreuen Separatisten für Propaganda und „russische Lügen“, mit denen das ukrainische Militär nach dem Rückzug in schlechtes Licht gerückt werden soll. Die Aufständischen hatten bereits in den vergangenen Tagen von „Massengräbern“ im Konfliktgebiet berichtet, die Zahl der Toten war aber unklar.
In der ostukrainischen Stadt Charkow zerstörten nationalistische Demonstranten die größte noch stehende Lenin-Statue. Das 8,50 Meter hohe Denkmal wurde in der Nacht zum Montag auf Beinhöhe abgesägt und mit einem Seil vom Sockel gerissen. In der zweitgrößten Stadt der Ukraine hatten sich zuvor am Sonntag Tausende antirussische Demonstranten versammelt, an der Zerstörung der Statue beteiligten sich nur einige Dutzend Nationalisten.
Die Behörden der russischsprachigen Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern hatten die Entfernung der Lenin-Statue bereits zugesagt, den Vollzug wollten die Aktivisten aber offenkundig nicht abwarten. Einige nahmen Bruchstücke des Denkmals als Andenken mit nach Hause. Die wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung eingeleiteten Ermittlungen wurden am Sonntag eingestellt, da laut dem Innenministerium niemand bei der Protestaktion zu Schaden kam.
„Lenin? Lasst ihn doch stürzen“, schrieb Innenminister Arsen Awakow auf seiner Facebook-Seite. Solange dabei niemand verletzt werde und „diese verdammte Kommunisten-Ikone nicht noch weitere Opfer fordert“, sei an der Aktion nichts zu beanstanden.
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