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KSK-Soldat vor GerichtWaffen, Hitlerbilder, Hetzschriften

In Leipzig beginnt der Prozess gegen den KSK-Soldaten Philipp Sch. Der hatte Munition, Sprengkörper und eine Kalaschnikow im Garten vergraben.

Der Angeklagte steht in einem Saal des Landgerichts in Leipzig Foto: Sebastian Willnow/dpa

Leipzig taz | Als Philipp Sch. den großen Saal am Leipziger Landgericht am Freitagmorgen betritt, hält er seinen Kopf leicht gesenkt. Fast demütig wirkt der Angeklagte.

Der Bundeswehrsoldat Sch. soll auf seinem Grundstück im sächsischen Collm insgesamt 7.000 Patronen unterschiedlichster Art, zwei Kilogramm PETN-Sprengstoff, Irritationskörper, Übungs-Handgranaten und ein Kalaschnikow-Sturmgewehr vom Typ AK-47 vergraben haben. Dazu: antisemitische Postkarten, Hitler-Bilder, einschlägige Publikationen der rechtsextremen Szene.

Nun muss sich Sch. vor Gericht behaupten – für die Waffen und die Munitionsfunde, vieles davon stammte aus Bundeswehrbeständen. Die Anklageschrift des Staatsanwaltes Ron Franke von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden ist eindeutig: Philip Sch. soll sich an Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz schuldig gemacht haben. Was hatte er damit vor?

Philipp Sch., 45 Jahre alt, im grauen Wollpulli über dem hellblauen Hemd, rasierter Kopf und Jeans, blättert vor Verhandlungsbeginn den Prozessordner durch. Als wolle er sich noch einmal seiner Aussage versichern. Er trägt einen Verlobungsring. Seine Verlobte ist ebenso wie seine Eltern zum Prozess gekommen, hält ihn schützend von der Presse fern, als er den Saal betritt.

Was hatte der Soldat mit der Kalaschnikow vor?

Philipp Sch. möchte erklären, wieso er Waffen und Munition bei sich versteckt hatte. In einer zuvor getippten Einlassung erklärt er sinngemäß: Er klaute Munition und Sprengsätze, damit er Mängel der Bundeswehrausbildung privat ausgleichen könne.

Bei der Bundeswehr habe es immer wieder Engpässe gegeben, sagt Sch. aus. Oft seien zu wenige Waffen, Fahrzeuge und anderes Material verfügbar oder verschlissen. Er habe die ihm anvertrauten Soldaten bestmöglich ausbilden wollen.

Er, der Oberstabsfeldwebel und Ausbilder des Kommando Spezialkräfte (KSK), einer Eliteeinheit der Bundeswehr, habe sich keine Gedanken über mögliche Konsequenzen gemacht. Waffen und Munition müssten normalerweise immer bestimmungsgemäß abgegeben werden, dies habe jedoch „aus Zeitgründen“ oftmals nicht stattgefunden. Vergraben habe er die Gegenstände 2017, als in seinem Umfeld plötzlich ermittelt wurde.

Im Erdloch: Waffen, Hetzschriften, Nazi-Devotionalien

Die Einlassung des Beschuldigten ist widersprüchlich. Mal will er die Materialien für Übungen gehortet haben, dann spricht er davon, dass sie „ungefährlich“ seien, also gar nicht nutzbar. Mehr noch: Die Ermittlungen haben ergeben, dass sowohl die Sprengsätze, als auch die Munition ohne Probleme einsetzbar gewesen waren. Der erfahrene Soldat, der vier Mal in Afghanistan war und zahlreiche Urkunden erhielt, hätte dies wissen müssen.

Und: Eine Kalaschnikow, wie sie bei Sch. gefunden wurde, wird von der Bundeswehr gar nicht verwendet. Sch. muss sie sich woanders besorgt haben. Möglich ist, dass er sie bei einem seiner Auslandseinsätze aus Afghanistan mitgenommen hat. Wofür Sch. sie hatte? Sie sollte als Dekowaffe dienen, sagt er.

2017 gerieten mehrere KSK-Soldaten in Folge einer Abschiedsfeier in den Blick der Sicherheitsbehörden. Bei der Party sollen Rechtsrock gespielt und Hitlergrüße gezeigt worden sein. Auch Philipp Sch. war bei dieser Feier anwesend. Eine Zeugin sagte später aus, er habe einen Hitlergruß gezeigt. Sie nannte ihn den „Nazi-Opa“.

Der Bundeswehrgeheimdienst MAD beobachtete Sch. deshalb fortan, fand aber nichts, was eine Entlassung möglich gemacht hätte. Aus einem internen Papier des Bundesverteidigungministeriums an die Ver­tei­di­gungs­po­li­ti­ke­r:in­nen des Bundestages geht hervor, dass der MAD Anfang 2020 Hinweise bekommen haben soll: Philipp Sch. versteckt bei sich Zuhause Waffen.

Hitlergruß auf der KSK-Feier

Obwohl es vordergründig um die versteckten Waffen geht, fragen das Gericht und die Staatsanwaltschaft nach möglichen Kontakten des Angeklagte in die rechtsextreme Szene. Hinweise auf eine Vernetzung hatte sein Telefon ergeben: Er­mit­le­r:in­nen fanden Telefonnummern von Männern aus Mecklenburg-Vorpommern aus dem Umfeld der rechtsextremen Nordkreuz-Prepper.

Den einen, ein Wasserschutzpolizist gegen den derzeit ebenfalls Ermittlungen wegen Waffenverstößen laufen, fügte Philipp Sch. in eine Geburtstagsgruppe hinzu. Der andere ist Ex-Nordkreuz-Mitglied Frank T., Betreiber eines Schießplatzes und Waffenhändler. Jüngst war der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier, zurückgetreten, weil er eine Waffe bei Frank T. gekauft hatte.

Bei den Durchsuchungen fanden die Er­mitt­le­r:in­nen im Schlafzimmer des Beschuldigten eine Kiste voll Devotionalien. Darin: Antisemitische Postkarten, die etwa Abbildungen Adolf Hitlers oder Hakenkreuzflaggen zeigen, oder einen Davidstern gepaart mit Hammer und Sichel-Symbol als „Bolschewismus ohne Maske“ bezeichnen.

Zudem: mehrere Ausgaben rechtsextremer Zeitschriften wie „Der Freiwillige“ und „Unabhängige Nachrichten“. Erstere entstammt einer Vereinigung ehemaliger SS-Soldaten, über letztere schrieb der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz 2007, sie befasse sich mit „Artikeln, die die Kriegsschuld Deutschlands leugnen“.

„Ganz normales Haus“

Außerdem fanden die Er­mitt­le­r:in­nen eine Box mit Kassetten und CDs rechtsextremer Bands, darunter die verbotene Band Landser sowie „Der 3. Weltkrieg.“ Die Kassetten nahmen die Er­mitt­le­r:in­nen jedoch gar nicht erst mit. Es hätte niemand mehr ein Abspielgerät, sagte ein Beamter des Staatsschutzes.

Umso überraschender das Urteil des Ermittlers, der für die Sonderkommission Rechtsextremismus arbeitet: auf ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild des Angeklagten legt er sich nicht fest. „Wir haben regelmäßig Durchsuchungen bei Rechtsextremen. Da kommt man sofort rein und sieht, da wohnt ein Rechter, weil man Devotionalien sofort sieht.“ Das sei bei dem Angeklagten nicht so gewesen.

Stattdessen, so nennt er es, ein „ganz normales Haus“. „Natürlich haben wir die rechten Gegenstände gefunden, aber die waren eben in Schränken.“ Auch auf die Frage nach den bei Sch. gefundenen Thor Steinar-Kleidungsstücken, einer rechtsextremen Kleidungsmarke, antwortete der Staatschutzbeamte nur vage.

Rechtsanwältin Annette Clement-Sternberger, eine der Verteidigerinnen, sagte der taz: „Herr Sch. hat für die Demokratie gekämpft, so pathetisch das auch klingt.“ Auch den Hitlergruß auf der Feier habe es nicht gegeben. „Es handelt sich hier nicht um einen Rechtsextremisten oder Terroristen, sondern um einen Soldaten, der viel hinter sich hat“, so die Anwältin.

Es tue ihm leid, sagt Sch. unter Tränen

In der Vergangenheit hatte Clement-Sternberger bereits einen Rechtsextremen der Freien Kameradschaft Dresden sowie den Leipziger Internetkonzern Unister, an dem ebenfalls Rechtsextreme beteiligt gewesen sein sollen, vor Gericht vertreten. Sie betonte jedoch, „keine Szeneanwältin“ zu sein.

Der Angeklagte Philipp Sch. wollte das Bild eines Soldaten, der nur das Beste für seine Auszubildenen wolle, darstellen – entsprechend verhielt er sich vor Gericht. Das Verlesen seiner Aussage musste er kurz vor Schluss unterbrechen.

Als er sich „aus tiefstem Herzen“ entschuldigt, kommen ihm die Tränen. Seine Verlobte reicht ihm eine Wasserflasche, bevor er wieder zum Sprechen ansetzt. Er dankt allen, die zu ihm stehen und beteuert: „Ich habe aus meinen Fehlern gelernt.“

Hinweis: In einer vorherigen Version des Textes stand, die Ex-Frau des Angeklagten habe Hinweise auf weitere Waffenverstecke gegeben. Das ist nicht richtig. Diese Hinweise kamen laut dem aussagenden LKA-Beamten vom Sohn des Angeklagten. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten um Entschuldigung.

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10 Kommentare

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  • Meine Vorgänger*Innen haben zu dem Thema eigentlich fast alles gesagt. Aber ich möchte die Leser*Innen mit dem Argument belustigen, das mir ein Bekannter bei einer Diskussion gesagt hat, warum Soldaten Waffen zu Hause horten:



    "Du, die Waffen gehören zu Ihrem Berufsbild. Du hast doch auch die Layoutsoftware zu Hause, mit der Du täglich arbeitest. Das machen die auch; vermutlich denken sie darüber nicht mal nach."



    Mir blieb die Spucke weg, als InDesign mit automatischen Waffen verglichen wurde.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Offenbar ist der Mann geistesgestört!

  • Die Nachbarn rufen ihn "Nazi-Opa", er beschäftigt sich mit der Kriegsschuld Deutschlands im 2.WK (!), sammelt Tötungsmaschinen aller Art, die KSK feiert mit Rechtsrock und als Soldat erhält er die Beförderung zum Oberstabsfeldwebel (mehr geht nicht!). Wenigstens seine Ex-Frau hatte genug von ihm.

  • Klar...wieder ein Einzelfall. Jeder einzelne ist das.



    KAK-Elitsoldat seine Leute privat mit Waffen, die unsere Armee gar nicht hat. Auf so was muss man mal kommen als Ausrede.

    "„Natürlich haben wir die rechten Gegenstände gefunden, aber die waren eben in Schränken.“

    Ach so!? Na, dann ist ja alles in bester Ordnung, wenn man die Sachen ein bischen versteckt, kann man ja kein Nazi sein. Guter Mann. Alles ordentlich aufgeräumt, Hacken zusammen, rechten Arm...an die Schläfe! Weitermachen!

    Kasetten nicht checken und DORT lassen (!!!), weil man kein Abspielgerät hat...die dämlichste Ausrede, die ich je gehört habe.



    "Wissen Sie, wir konnten das Bildmaterial nicht prüfen, ich hatte meine Lesebrille vergessen" wäre ähnlich brilliant.

  • "Bei den Durchsuchungen fanden die Er­mitt­le­r:in­nen im Schlafzimmer des Beschuldigten eine Kiste voll Devotionalien. Darin: Antisemitische Postkarten, die etwa Abbildungen Adolf Hitlers oder Hakenkreuzflaggen zeigen, oder einen Davidstern gepaart mit Hammer und Sichel-Symbol als „Bolschewismus ohne Maske“ bezeichnen."

    Und die Dinge waren dann für was? Mir wäre ja neu, dass das Zentrum Innere Führung sowas als Schulungsmaterial für die politische Bildung zulässt.

    Aber das KSK empfand sich schon immer als weit über den restlichen Verbänden stehende Einheit.

    Weiteres aktuelles Beispiel.

    www.tagesschau.de/...ausbilder-101.html

    • @Sven Günther:

      The times they are a-changing - oder nich?!

      Die Schwarze Reichswehr - hat auch gern im Ausland - Sowjetunion - geübt!



      de.wikipedia.org/w...tte_der_Reichswehr

      How they made it.



      & Continué - Absolventen -



      Heinz Trettner, war von 1964 bis 1966, als General, Generalinspekteur der Bundeswehr



      Wem da der Trettnergürtel (“nicht existent - mir aber als PzGren Baugruben gezeigt!;) - einfällt - liegt richtig &



      www.ifz-muenchen.d...1_4_7_pommerin.pdf



      REINER POMMERIN



      GENERAL TRETTNER UND DIE ATOM-MINEN Zur Geschichte nuklearer Waffen in Deutschland*



      & Wilhelm Speidel, war 1943 als General der Flieger Militärbefehlshaber Griechenland



      & Däh!



      de.wikipedia.org/w...piegel-Aff%C3%A4re



      ”Ein Abjrund von Landesverrat!“



      “Aber der junge Mann (FJS) is sich noch am Entwickeln!“ Ol Conny



      Leider - schlimmer geht inmer! 🤑🤑🤑

      kurz - a never ending story & folie as usual! - 👹 -

      Soweit mal 👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀👨‍🚀



      Y - Das Ende von Germany •

  • Was? Wie bitte? Der angeklagte KSK-Soldat gab vor Gericht an, die Waffen, Munition und Sprengstoff nur deshalb gehortet und vergraben zu haben, weil es Materialengpässe bei den Streitkräften gebe, dir er privat ausgleichen bzw. er seine Untergebenen bestmöglichst ausbilden wollte.



    Mir ist beim Lesen dieser Nachricht vor Lachen der Bissen im Halse steckengeblieben, fast wäre ich erstickt. Satire kann das nicht mehr toppen!



    Und dann noch rechtsextremistisches Propagandamaterial ... seit neuestem herrscht daran ja auch ein Mangel in der Truppe.



    Da gibt es nur eins: konsequente Auflösung der Bundeswehr, damit die Dumpfbatzen nicht noch unsere FDGO gefährden ... einen Staatsstreich kriegen die wohl nicht hin, aber mir ist trotzdem nicht wohl dabei, wenn Typen wie Philipp Sch. mit einer Waffe in der Hand rumlaufen. Er ist ja nicht alleine.

    • @Abdurchdiemitte:

      Ja aber mit Satire vor Gericht waren Rechtsextreme schon immer gut. Ich erspare mal die unzähligen Beispiele. Immer wieder zu bemerken, wie wenig Mumm, die doch haben und wie wenig sie zu ihren eigenen Einstellungen und Handlungen stehen. Zu anderen Zeiten sind manche ja noch mit entsprechenden Gruss von der Welt abgetreten.



      Aber machts das heute besser ? Nein ganz sicher nicht - eher schlimmer! Denn die Unkonsquenz der heutigen Politik und Justiz machts erst mgl., dass viele schnell wieder auf freiem Fuss kommen können. Und dann genau dort wieder anschliessen können, wo sie aufgehört haben - organisieren, hetzen und Waffen bunkern.



      Die Forderung nach einer Komplettauflösung der BW halte ich dennoch für falsch. Nicht alle sind rechts oder decken Rechte. Es gibt eine Menge gescheite Leute dort. gebrauchen kann man das sicherlich für Notfälle und in manchen internationalen Einsätzen schon. Aber es braucht eine konsquente Gefahrenabwehr. Wer auch nur im leisesten Sinne rechts ist sollte unehrenhaft entlassen werden. Und dazu gleich mit die schrottreifen Ausrüstungsteile. Mit einer Personalhalbierung allein könnte man 50% des Verteidgungshaushalts einsparen un dfür sinnvolle Zwecke einsetzen.

      • @BlackHeroe:

        50 Prozent Einsparungen im Verteidigungshaushalt ... bin da absolut bei Ihnen, aber Sie wissen schon, dass die Debatte momentan zwei Prozent des BIP fürs Militär lautet.



        Biden als neuen US-Präsidenten wird man es nicht ausschlagen, schon gar nicht, wenn nach der BTW im Herbst die Parole Schwarz-Grün ausgeben wird ... als Pazifist kann man sich dann warm anziehen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ja natürlich und wir sind auch auf "bestem" Wege dahin. 2% BIP bedeutet 20% des deutschen Staatshaushaltes , wie ein andere netter Taz-User mal vorrechnete. Man stelle sich mal vor was man mit dem vielen "lieben" eingesparten geld alles sinnvolles tun könnte!



          Und ja mit Biden whet ein andere Wind, und nicht alles daran wird positiv ausgehen. Der Druck über die NATO wird grösser werden, bzw. wird man sich dem schlechter entziehen können. Daher braucht es auch eher statt der NATO eine EU Verteidigungsarmee. Auch das man nicht in Konflikte autokrater NATO Staaten hineingezogen wird.