Justin Trudeau will mehr Klimaschutz: Kanada setzt auf Klimasteuer

Nach einem Urteil kann Premierminister Justin Trudeau einen Mindestpreis auf CO2 einführen – gegen den Widerstand erdölproduzierender Regionen.

Trudeau sitzt neben Greta Thunberg

Will mehr in Sachen Klima bewegen: Trudeau mit Aktivistin Thunberg 2019 Foto: Andrej Ivanov/reuters

Vancouver taz | Mit einem wegweisenden Urteil zum Klimaschutz hat der Oberste Gerichtshof in Kanada die umstrittene Kohlendioxid-Besteuerung des Landes für rechtens erklärt und damit den Klimaplänen von Premierminister Justin Trudeau einen wichtigen Schub verschafft. Auch international hat das Urteil Signalwirkung, denn das nordamerikanische Land hinkt beim Klimaschutz notorisch hinterher.

Kanada ist einer der wichtigsten Produzenten von fossilen Energieträgern weltweit und gehört zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen. Zugleich verfehlt das Land regelmäßig seine nationalen wie auch international vereinbarten Klimaschutzziele, was unter anderem an der energieintensiven Förderung der umstrittenen Ölsande im Norden und Westen des Landes liegt.

Mit einem Mindestpreis auf Kohlendioxid versucht Trudeau seit zwei Jahren gegenzusteuern, trifft aber auf erbitterten Widerstand der erdölproduzierenden Regionen in den Provinzen Alberta und Saskatchewan. In Kanada sind die Provinzen und nicht die Bundesregierung in Ottawa für die Energiepolitik und damit auch einen Großteil der Klimaschutzmaßnahmen zuständig.

Vor dem Obersten Gerichtshof hatten mehrere Provinzen zuletzt versucht, die Kohlendioxid-Bepreisung zu stoppen. In einer Mehrheitsentscheidung wiesen die Richter dieses Ansinnen am Donnerstag (Ortszeit) entschieden zurück. Beim Klimawandel handle es sich um eine „Bedrohung höchsten Grades für das Land und tatsächlich der ganzen Welt“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Ausnahmeklausel in der Verfassung

Die Richter verwiesen dabei auf eine Ausnahmeklausel in der Verfassung, die es der Zentralregierung in seltenen Fällen erlaubt, die Provinzen bei Fragen von nationaler Tragweite zu überstimmen. „Eine Untätigkeit der Provinzen gefährdet Kanada als Ganzes“, schrieben sie und fügten hinzu: Die Bepreisung von Kohlendioxid sei ein international bewährtes Mittel im Kampf gegen die Erderhitzung.

Damit darf Trudeau die Öl-Provinzen zur mehr Klimaschutz zwingen, falls diese sich weigern, eigene Pläne aufzustellen. Sein Klimaschutzplan verpflichtet die Provinzen, einen Preis auf Kohlendioxid festzulegen, entweder durch eine Klimasteuer oder durch den Handel mit Emissionszertifikaten. Der gesetzliche Mindestpreis beträgt derzeit 40 Dollar je Tonne und soll bis 2030 auf 170 Dollar steigen.

Das Regelwerk betrifft die Industrie wie auch Privathaushalte und verteuert fossile Energieträger wie Benzin, Diesel oder Erdgas. Beim Benzin beispielsweise müssen Verbraucher bis 2030 mit einem Zuschlag von 38 Cent pro Liter rechnen. Einen großen Teil der Mehrbelastungen will die Regierung über anderweitige Steuererleichterungen und ökologisch motivierte Steuerfreibeträge kompensieren.

Beitrag zu Paris

Mit der Kohlendioxid-Bepreisung will Kanada seinen Beitrag zum Klimaschutzabkommen von Paris leisten. Darin hatte sich die Regierung in Ottawa verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Bis 2050 will Kanada wie auch die USA zum Null-Emitter werden, also alle bestehenden Emissionen durch Gegenmaßnahmen in der Klimapolitik kompensieren.

Allerdings hakt es bislang an der Umsetzung: Zwischen der Unterzeichnung des Paris-Vertrags 2015 und dem Beginn der Pandemie 2020 waren die Emissionen in Kanada sogar gestiegen. Das Klimaziel aus dem Vertrag von Kopenhagen von 2009 wird das Land verfehlen. Statt 17 Prozent Minderung zwischen 2005 und 2020 wie versprochen wird mit einem Anstieg von mindestens 15 Prozent gerechnet.

Regierung und Ölprovinzen reagierten erwartungsgemäß unterschiedlich auf das Urteil: Die Regierung Trudeau sprach von einem Meilenstein für mehr Klimaschutz, der Regierungschef von Alberta, Jason Kenney, wetterte gegen eine unzulässige Einmischung der aus Ottawa. Die konservative Opposition kündigte an, die Besteuerung im Falle eines Regierungswechsels rückgängig zu machen.

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