Klimaziele von Kanada: Nulldiät jetzt auch für Kanada

Die kanadische Regierung präsentiert ihr Land gern als das amerikanische Skandinavien. Tatsächlich ist es ein ziemlich dreckiger Umweltengel.

Eine Eisbaerin und ihre Jungen, aufgenommen am 6. November 2007 an der Kueste der Hudson Bay nahe Churchill, Kanada. Die Zahl der Eisbaeren nimmt wegen der Erderwaermung noch staerker ab als bisher vermutet, wie der WWF am Mittwoch, 22. Juli 2009, in Fran

Eisbären an der Küste der Hudson Bay – ihr Lebensraum schrumpft auch in Kanada Foto: AP

Berlin taz | Hach, was wäre bei der abgesagten Klimakonferenz in Glasgow gejubelt worden! Erst verkünden China, Japan und Südkorea Ziele für Klimaneutralität, dann ringt die EU um minus 55 Prozent Emissionen für 2030, die USA wählen Klimaschützer Joe Biden ins Amt – und jetzt auch noch Kanada: Klimaneutral bis 2050, das sei das Ziel, meldete die Regierung Trudeau. Auf der COP26 in Schottland wären wir da in den letzten zwei Wochen aus dem Jubeln gar nicht mehr rausgekommen.

Weil wir aber nicht übernächtigt und überarbeitet beim Klimagipfel in Glasgow sitzen, können wir mal näher hinschauen, was Ottawa da vorschlägt: die Minderheits(!)regierung von Justin Trudeau will ab 2030 in Fünfjahresschritten CO2-Minderungsziele festschreiben, dazu öffentliche Beratung und Rechenschaft, wie weit sie auf dem Weg ist. Der Finanzminister soll jedes Jahr berichten, wie der Staatshaushalt mit „Klimarisiken und -chancen“ umgeht.

Klingt gut, wenn auch ein bisschen schwammig. Immerhin haben die „Ahornblätter“ die schlechte Angewohnheit, „alle Klimaziele, die sie seit 1992 je gesetzt haben, zu verfehlen“, schreibt der Toronto Star. „Irgendwas ist ganz klar faul mit der Art, wie wir Klimaschutz betreiben“, zitiert er Catherine Abreu vom Klima-Aktionsnetzwerk CAN.

Denn das Land, das sich gern als das amerikanische Skandinavien präsentiert, ist ein ziemlich dreckiger Umweltengel: Der CO2-Ausstoß pro Kopf liegt mit 19 Tonnen fast dreimal so hoch wie der Schnitt der G20-Staaten. Für den fairen Anteil an einem weltweiten 1,5-Grad-Ziel müsste das Land von jetzt etwa 700 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß bis 2050 nicht nur auf null, sondern 150 Millionen Tonnen pro Jahr in „negativen Emissionen“ etwa in Bäumen binden, findet der Thinktank Climate Transparency.

Bisher kommen 76 Prozent aller Energie aus Kohle, Öl und Gas. Vor allem Autos und Flugzeuge schlucken in dem riesigen Land viel Öl, in die extrem umweltfeindliche Produktion der Ölsände im Westen flossen in den letzten Jahren Milliarden von Investitionen.

2030 soll Schluss sein mit der Kohle, da applaudieren die Klimaschützer – allerdings soll dafür Gas ausgebaut werden, was die Bilanz trübt. Wie diese Ziele mit dem Nettonull-Ziel bis 2050 zusammengehen, müssen die KanadierInnen uns also noch näher erklären. Am besten in 12 Monaten in Glasgow.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.