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Jugend und Sport in der PandemieWider die Kindersportbremse!

Training in Coronazeiten geht nur noch mit Vorsicht, Tests und Kontrollen. Aber die jungen SportlerInnen sollten die Letzten sein, die aufhören müssen.

Langfristige Sportverbote richten nachweislich gesundheitlichen Schaden bei Kindern an Foto: dpa

W enn wegen der Coronagefahren nichts mehr geht, geht eben nichts mehr, auch kein Fußballtraining. Das versteht jedes Kind und jeder Sportfan. Aber bisher geht noch ziemlich viel. Von einem richtig harten Lockdown sind wir weit entfernt, in den Büros, Fabriken und auf Baustellen geht der Betrieb ohne Testpflicht weiter. Ausgerechnet bei Kindern, die im Freien Sport treiben, bleibt die Regierung jedoch bislang hart. Die geplante Notbremse enthält weiter ein Verbot von jeglichem Teamsport ab einer Inzidenz von 100.

Das geht so nicht. Die pauschalen langfristigen Sportverbote richten nachweislich gesundheitlichen Schaden an, ohne bei der Pandemiebekämpfung nachweislich zu helfen. Auch beim Sport muss endlich unterschieden werden zwischen drinnen (gefährlich) und draußen (viel weniger gefährlich), aber auch zwischen Alt und Jung.

Ehrlich: Trainingsverbote für Senio­renteams wie den taz Panter FC sind nicht das Hauptproblem. Die meisten haben eh schon einen Bierbauch, ­können sich leichter anders beschäftigen und gern noch warten. Für Kinder und Jugendliche aber ist das regelmäßige Training für ihre soziale, seelische und sportliche Entwicklung extrem wichtig.

Eben erst hat die Gesellschaft für Aerosolforschung betont, dass Ansteckungen im Freien „äußerst selten“ seien. Ansteckungen auf dem Spielfeld selbst sind sehr unwahrscheinlich, weil die Spieler nie 15 Minuten eng nebeneinanderstehen. Karl Lauterbach wies gerade darauf hin, dass regelmäßiger Sport die Gefahr schwerer Covid-Verläufe senkt. Nur Teamsport sollte es nicht sein, meinen er und die Regierung, weil es dabei zu viele Kontakte geben kann.

Nicht Hertha BSC

Klingt plausibel, ist es aber nicht. Wir reden hier nicht über Profiteams wie Hertha BSC mit Dauerkontakt und gemeinsamen Reisen zu Auswärtsspielen, sondern von zwei Kindertrainings in der Woche unter freiem Himmel, ohne Kabinen und ohne Gegner. Vereinssport in festen Gruppen mit Tests und Nachverfolgbarkeit von Infektio­nen ist jedenfalls besser als unkon­trollierte Kicks im Park oder heimliche Playstation-Partys in Innenräumen.

Natürlich müssen auch Kinder notfalls auf Sport verzichten, wenn bei einem radikalen Lockdown alle zu Hause bleiben müssen. Aber die kleinen SportlerInnen sollten nicht die Ersten sein, die aufhören müssen, sondern die Letzten. Also bitte erst, wenn auch Fleischfabriken, Friseure und Kirchen zumachen, für die bisher keinerlei Bremsen vorgesehen sind.

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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6 Kommentare

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  • Mit diesem ewigen Verschieben von Verantwortung nach dem Muster: 'Sollen doch erstmal die Anderen, die Wirtschaft, die Politik, die Alten, die Jungen, Gruppe X sich einschränkungen bevor ich, wir, Gruppe Y sich einschränken muss' wird das nichts mit der Pandemiebekämpfung. Kürzlich las ich einen Artikel über Taiwan und die Frage warum man dort so viel besser dasteht. Das Ergebnis war nicht die häufig angeführte Insellage, sondern der Umstand, dass die Leute dort sehr viel stärker von sich aus taten was notwendig war um die Infektionszahlen zu senken, also etwa aus eigener Initiative Masken trugen und Kontakte reduzierten bevor dies unter Androhung von Strafe von der Regierung angordnet wurde. Wär ja vielleicht mal ein Ansatz über den man auch hier mal nachdenken könnte, statt darüber zu streiten wer nun noch am längsten auf dem Bolzplatz bleiben darf.

    • @Ingo Bernable:

      Es war glaub im Weltspiegel. Ich habe das auch gesehen und es ist wie Sie schreiben. Selbstverantwortung war das Stichwort und die Einsicht, dass das eigenen Handeln andere gefährdet. Dazu kam eine starke individuelle staatliche Unterstützung; wenn ich mich richtig erinnere Masken umsonst und auch sonstige Unterstützungen.



      Eine Insellage allein ist kein Grund das als einfachere Aufgabe darzustellen; vgl. Neuseeland und essen Anstrengungen. Ist die Krankheit einmal im Land ist die geographische Lage völlig unerheblich sondern die Frage wie verantwortlich hin und her gereist und gehandelt wird zwischen den Regionen und Inzidenzzonen. In DE weiß es eben jeder besser und stellt für sich Ausnahmen fest. Wir in DE leben in einer vollindividualisierten Gesellschaft. In Taiwan gilt das Kollektiv und Verantwortung für alle viel mehr. Das war die Kernbotschaft an der ich viel Wahres erkennen kann.

    • Lukas Wallraff , Autor des Artikels, taz.eins- und Seite-1-Redakteur
      @Ingo Bernable:

      Sorry, aber Taiwan ist ist nicht nur wegen der Insellage nicht vergleichbar. Wenn ich mich nicht gänzlich täusche, hat die Corona-Eindämmung dort vor allem deshalb funktioniert, weil schon vor den ersten Wellen von Anfang an alle Einreisenden sofort in eine strikte, digital überwachte Quarantäne genommen wurden. Der Rest des Landes konnte und kann überwiegend ein normales Leben führen. Einen echten Lockdown gab es in Taiwan nie.

      taz.de/Coronabekae...!5756940&s=taiwan/

      • @Lukas Wallraff:

        Ich will ja gar nicht in Abrede stellen, dass die so sehr viel bessere Lage in Taiwan nicht multikausal zu erklären sei. Der Umstand, dass breite Teile der Bevölkerung mitdenken und aus eigener Initiative tun was notwendig ist, dürfte aber mit Sicherheit kein Nachteil sein. Wenn demgegenüber aber die Mentalität darauf hinausläuft statt der Einsicht in faktische Notwendigkeiten den eigenen Vorteil zu priorisieren, Ausnahmen zu fordern oder einzuklagen, mag das zwar aus individueller Perspektive nachvollziehbar und juristische einwandfrei sein, für die allgemeine Lage ist es jedoch katastrophal. Hätte man den Lockdown nach der 2. Welle konsequent bis zum Ende durchgezogen, statt bei 60er-Inzidenzen wieder allgemein zu Öffnen und den Grenzwert auf 100 zu erhöhen, würde die derzeitige Situation ganz anders aussehen. Entsprechend werden die Zahlen auch nicht dadurch sinken, dass man jetzt darauf wartet, dass die Bundesbremse beschlossen wird und dann darauf wartet was die Gerichte davon übrig lassen, sondern dadurch, dass man selbst das tut was man tun kann.



        Und die Argumente von Entwicklungsstörungen, sozialen Schäden und lebenslangen Traumata wurden bislang mit absoluter Verlässlichkeit bei wirklich jeder Maßnahme angeführt die (auch) die U18-Jahrgänge betraf. Wäre allerdings auch nur die Hälfte dieser Befürchtungen wahr, wäre die junge Generation ohnehin schon längst unrettbar verloren, ich wäre allerdings optimistisch, dass die viel mehr aushält als das was aus Gründen der strategischen Kommunikation gern mal suggeriert wird.



        Der Artikel auf den ich mich bezog war dieser:



        www.zeit.de/2021/1...bekaempfung-erfolg

      • @Lukas Wallraff:

        Achso, aber nat. auch volles Lob, Ihren Artikel, das sehe ich genauso! Bei uns wurde sogar der Trimmpfad mit rotem Band abgeriegelt... unfassbar.

      • @Lukas Wallraff:

        Auch sorry, aber derlei statement ist mal so was von typisch deutsch. "Die anderen können ein überwiegend normales Leben führen..." ... "ohne sich anzustrengen" fehlt gerade noch. Die haben Glück, wir in DE halt Pech wegen der Geographie. So einfach, gell!