Jimmy Kimmel auf allen Stationen zurück: Meinungsfreiheit nun doch wichtig
Jimmy Kimmels Show wird wieder USA-weit übertragen. Doch die Begründung für die Wiederaufnahme der Sender Nexstar und Sinclair ist mindestens unehrlich.

taz | Die USA haben ihren Kimmel zurück – und zwar landesweit. Ende der Woche erklärten zwei Unternehmen, die sich bisher noch quer gestellt hatten, dass auch sie die Late-Night-Show „Jimmy Kimmel Live!“ wieder ausstrahlen werden.
Sinclair und Nexstar besitzen diverse lokale Fernsehstationen, einige davon sind Partnerstationen der ABC, zeigen also dessen Programm. Auf Kimmels Sendung, die Teil des ABC-Programms ist, hatten die beiden Unternehmen zuletzt aber eher wenig Lust. Etwa 20 bis 25 Prozent des ABC-Publikums werden durch die Stationen von Sinclair und Nexstar abgedeckt. Sie konnten die erste ausgestrahlte Sendung Kimmels nach der von ABC und Disney verordneten Zwangspause und dem Eklat um seine Äußerungen zum Anschlag auf den extremen Rechten Charlie Kirk nicht im linearen Fernsehen verfolgen.
In den USA werden die Programme vieler großer Sender durch lokale Partnerstationen ausgestrahlt, die anderen Unternehmen gehören.
Sinclair schrieb in seiner Erklärung am Freitag, dass sie die Kimmel-Show ausgesetzt hätten „ohne jeglichen Einfluss der Regierung“. Als hätte nicht der Chef der Medienaufsichtsbehörde Brendan Carr, ein Freund von Präsident Donald Trump wie auch vom rechten Superreichen Elon Musk, Sendern gedroht, ihnen die Lizenz zu entziehen, wenn sie die Show von Kimmel weiterhin ausstrahlen.
it's the economy, stupid!
Die Sinclair-Erklärung, sie hätten ein Programm für „das größtmögliche Publikum“ machen wollen, macht angesichts der Drohung mit Lizenzentzug beinahe wieder Sinn. Dazu kommt, dass Sinclair, ebenso wie Nexstar, mit anderen Unternehmen in der Branche fusionieren will – und dafür die Zustimmung von Carrs Medienaufsicht benötigt.
In seiner Erklärung gab das Unternehmen außerdem an, „Rückmeldungen“ bekommen zu haben, nicht nur von Zuschauer*innen, sondern auch von Werbekund*innen. Auch Disney hatte die Sendung vermutlich nicht wieder ins Programm aufgenommen, weil es sich auf Werte wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit besonnen hat. Vielmehr dürfte der Protest und Boykott durch Filmschaffende wie Abonnent*innen des Streamingdienstes ausschlaggebend gewesen sein.
Es wirkt also, als sei nicht nur Disney eingeknickt vor der Macht seiner Produzent*innen und Konsument*innen, sondern auch Sinclair vor der Macht der Werbekund*innen und die wiederum vor der Macht ihrer eigenen Kund*innen.
Nexstar beteuerte in seinem Zurückrudern, sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verpflichtet zu sehen. Verrückt, dass ihnen das erst jetzt einfällt und nicht schon, bevor sie sich gegen die Sendung stellten – noch vor ABC oder dem Mutterkonzern Disney. Erst danach hatte ABC die Show von Kimmel ausgesetzt, was zu einem enormen Aufschrei international wie innerhalb der USA geführt hatte. Selbst konservative US-Politiker*innen äußerten Sorge um die Meinungsfreiheit.
Mit der ersten Folge, die dann wieder ausgestrahlt wurde, zeigte Kimmel nicht nur, dass die Demokratie in den USA vielleicht doch noch nicht verloren ist, er erreichte auch eine enorme Quote: 6,3 Millionen Zuschauer*innen allein im linearen Fernsehen – und das ganz ohne Sinclair und Nexstar.
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