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Jeside vor Abschiebung in den IrakShahab Smoqi hat Todesangst

Der 21-Jährige Jeside Shahab Smoqi arbeitet in Hamburg als SAP-Berater. Sein Asylantrag wurde gerade wiederholt abgelehnt, ihm droht die Abschiebung.

Hat sich ein Leben in Deutschland aufgebaut, dass er nun aufgeben soll: Shahab Smoqi Foto: privat

Hamburg taz | Vor mehr als drei Jahren kam Shahab Smoqi aus dem Nordirak nach Deutschland. Zu Fuß. Durch die Türkei, Griechenland, über den Balkan. Wie ein neugeborenes Kind habe er sich gefühlt, erzählt er, als er damals in Hamburg ankam.

Gemeinsam mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern wohnt er in Hamburg Neugraben. Doch Smoqis Asylantrag wurde im November zum zweiten Mal abgelehnt. Im Februar läuft seine Duldung aus. „Wie es danach weitergeht, weiß ich nicht“, sagt der 21-Jährige. Im Irak steht ihm und seiner Familie als Je­si­d*in­nen ein Leben in Unterdrückung, Ausgrenzung und Todesangst bevor.

Smoqi hat alles daran gesetzt, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Im November letzten Jahres schließt er sein Fernstudium ab, engagiert sich danach mehrere Monate ehrenamtlich beim Jugendverband des NABU. Seit April dieses Jahres arbeitet Smoqi als SAP-Berater in Hamburg, macht nebenher einen Masterabschluss an der Nordakademie. Bei der Arbeit sind sie froh, dass sie ihn haben, die Branche sucht händeringend nach gut ausgebildetem Personal. Laut der Industrie- und Handelskammer fehlen in Hamburg bis zum Jahr 2035 mehr als 133.000 Fachkräfte.

Smoqi ist dankbar für das Leben in Deutschland, sagt er. „Mein Traum und meine Hoffnung waren immer, in einem Land zu leben, in dem ich meinen Glauben und meinen Beruf ausüben kann.“ 2021 wurde sein Asylantrag abgelehnt, 30 Tage gab man ihm, um das Land zu verlassen. Vor Gericht konnte Smoqi dagegen vorgehen, der Irak ist eben doch kein sicheres Herkunftsland.

Abschiebung trotz Völkermordes?

Im September 2023 stellte er einen neuen Antrag, auch der wurde abgelehnt. Die Aussichten auf ein Arbeitsvisum sind schlecht. Und jetzt wieder zurück nach Shingal, in die Provinz Ninawa? Am liebsten würde Smoqi da gar nicht drüber nachdenken. Doch die Angst begleitet ihn ständig. 2014 tötete der IS im Nordirak schätzungsweise 5.000 Je­si­d*in­nen. Tausende Frauen und Kinder wurden verschleppt, versklavt oder vergewaltigt.

Zu Beginn des Jahres hatte die Bundesregierung den Völkermord an den Je­si­d*in­nen anerkannt, noch im Frühjahr Abschiebungen in den Irak als unzumutbar bezeichnet. Das sei für viele ein Signal der Hoffnung gewesen, erinnert sich Smoqi. Doch was soll die Anerkennung eines Völkermords bringen, wenn man die Betroffenen kurz darauf wieder in diese Gebiete zurückschickt?

Zwar spielt die Terrormiliz in der Region keine große Rolle mehr. Doch alle, die den IS einst bekämpften, kämpfen nun untereinander um die Vorherrschaft in der Stadt – ob YPG, Peschmerga oder das türkische Militär. Frieden werde es nicht geben, sagt Smoqi. „Wenn ich nach Shingal zurückgehe, werde ich sterben“, sagt er. Auch in anderen Teilen des Landes sieht er keine Zukunft. Je­si­d*in­nen werden im Irak kaum als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft akzeptiert.

Trotzdem wächst seit einigen Monaten die Zahl der Abschiebungen in den Irak wieder an. Der Grund dafür, so ein Bericht des Magazins Monitor, könnte eine im Mai getroffene Vereinbarung zwischen Deutschland und Irak sein. Berlin und Nordrhein-Westfalen haben auf Länderebene einen Abschiebestopp für drei Monate beschlossen, in NRW gilt der speziell für Jesidinnen.

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9 Kommentare

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  • Ich werde jede*n Politiker*in auslachen, der von Fachräftemangel spricht, wo in der Praxis über 50jährige nicht mehr eingestellt und gut ausgebildete und dringend gebrauchte Nicht-EU-Ausländer weggeschickt werden. Wir schaffen uns unsere Probleme selbst um sie dann zu beklagen. Eine Lachnummer.

  • Ich hatte letzthin 2 solcher Abschiebungen von Menschen in Lohn und Brot mitbekommen und frage mich, welche Menschenfreunde da an den entscheidenden Stellen sitzen und ob die ganzen Minister etc. das überhaupt noch mitbekommen?



    www.schwaebische.d...eiern-muss-2146026



    www.schwaebische.d...beitsplatz-1809545

  • Warum gibt man Leuten, die es zum SAP-Berater geschafft haben, keine Arbeitserlaubnis?

    Solche Leute werden anderwo im Ausland extra angeworben.

    O.k. Die Antwort liegt auf der Hand: struktureller Rassismus.

  • Da es den IS im Irak nicht mehr gibt, droht den Jesiden im Irak auch keine Ermordung mehr durch den IS. Dieser Asylgrund entfällt also. Das heißt aber nicht, dass es keine anderen Asylgründe geben könnte.



    Unabhängig davon ist es völlig unverständlich, warum jemand wie Shahab Smoqi keine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung bekommt

  • Wieso sperrt sich der deutsche Staat so sehr gegen Arbeitsvisen?



    Gültig solange die Leute bezahlte Arbeit haben, egal welche.



    Wir sollten doch gerade froh sein über jeden, der hier arbeiten will.



    Wer sich dann auch noch genügend Rentenasprüche verdient hat, um auch im Alter ohne Amt auszukommen, sollte auch ohne weiteres dableiben können.



    Über die Grenzfälle können wir danach immer noch diskutieren, da wird es auch genug Leute geben, für die ein Hierbleiben auch in unsrem Interesse ist. Aber nur, weil man nicht alles sofort 100% regeln kann, muss man die einfach regelbaren 90 % ja nicht unnötig verschleppen.

    • @Herma Huhn:

      Bei einem SAP-Berater kann ich noch zustimmen. In der Fläche öffnen wir aber der Sklaverei Tür und Tor, wenn wir dem Arbeitgeber gestatten, über die Abschiebung seiner Angestellten zu entscheiden. Wer verweigert schon Überstunden oder hilft dem Chef nicht am Wochenende beim Ausbau seines Häuschens, wenn nicht nur Job, sondern auch Aufenthaltserlaubnis daran hängen?

    • @Herma Huhn:

      Was ja immer vergessen wird: Ein Mensch kostet den Staat Unsummen für Schulbildung und Kinderbetreuung. 9200 hat 2021 im Schnitt ein Schuljahr gekostet. Jemand der als Erwachsener mit guter Bildung nach Deutschland kommt der ist gewissermaßen wie ein ablösefreier Spielertransfer im Profifußball.

  • SAP-Berater, auf dem Weg zum Masterabschluss. Das ist eine Fachkraft, die ihren Namen verdient. Und so jemand wird abgeschoben.

    Anscheinend hat die BAMF und Berlin eine andere Definition des Fachkraft-Begriffs als ich....und möchte lieber nur "Fachkräfte" anstatt Fachkräfte.

  • Welch "halbseidene" Spezialisten befinden sich eigentlich in den Beratergremien, welche über sichere Staaten urteilen. Oder ist die Zusammensetzung das Problem.