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Jennifer Lopez und das ÄlterwerdenJ.Lo, 50, hot

Die ganze Woche mussten Frauen weltweit sich anhören, wie toll Jennifer Lopez mit 50 aussieht. Und da soll man gelassen dem Alter entgegensehen?

Jennifer Lopez bei ihrer Super Bowl Show Foto: Mike Blake/reuters

V orige Woche war ich in einem Laden in Berlin, um mir eine Brille zu kaufen, und es kam zu einer etwas eigenartigen Situation. Der äußerst motivierte Verkäufer wollte mir ein Kundenkonto anlegen und brauchte dafür meine Daten. Name? Adresse? Und dann fing er an zu kichern und schob mir ganz geheimnistuerisch seinen Laptop hin: Ich sollte bitte mein Geburtsdatum eingeben. Das sei „bei Frauen ja immer so eine Sache“. Und dann drehte er sich tatsächlich weg, als würde ich da meinen Bankkarten-PIN angeben.

Als ich den Laden längst verlassen hatte, dachte ich immer noch darüber nach. Was für ein Affentheater. Und als dann am Sonntag Jennifer Lopez in der Halbzeitshow des Super Bowl der National Football League aufgetreten war und ab Montag alle anfingen darüber zu reden, wie toll sie ja noch aussehe als Fünfzigjährige, dachte ich wieder drüber nach. Waren wir nicht schon mal weiter? Die Antwort war leicht: Nein.

Denn über die atemberaubende Halbzeitshow von J.Lo, die schon mehr mit Hochleistungssport zu tun hatte als mit Singen, wurden diese Woche ganz schön viele Artikel geschrieben. Einige davon erklärten einigermaßen beiläufig, Jennifer Lopez habe das „neue 50“ definiert. Andere rätselten derweil, welche Kosmetikmittelchen man wohl brauche, um mit 50 Jahren überhaupt noch so aussehen zu können.

Wie überrascht all diese Menschen offenbar waren, zeigt ziemlich gut, wie Altersdiskriminierung funktioniert. Lopez entspricht nicht dem konstruierten gesellschaftlichen Bild von 50-jährigen Frauen. Ein Bild, das natürlich schon von vornherein falsch ist. Und das dafür sorgt, dass sich manche Menschen mit dem Alter weniger wertvoll fühlen. Während viele Männer mit 50 in ein Alter kommen, in dem sie die bestbezahlten Jobs der Welt ergattern oder Länder regieren, fühlen sich alle anderen „abgehalftert“; als würden sie aussortiert.

Während viele Männer mit 50 in ein Alter kommen, in dem sie die bestbezahlten Jobs der Welt ergattern oder Länder regieren, fühlen sich alle anderen abgehalftert

Diesen gesellschaftlichen Druck erleben und sich dabei nicht obendrein schlecht fühlen, weil man nicht so aussieht wie J.Lo? Einfacher gesagt als getan. Aber es hilft, im Kopf zu behalten, dass Menschen wie Jennifer Lopez buchstäblich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, dass sie durch viel Training, Regeln, Hilfe, Arbeit und Disziplin ein konstruiertes Schönheitsideal verkörpern. Ein Ideal, dem der Großteil der Menschheit sowieso niemals entsprechen wird.

Daran zu denken hilft vielleicht auch dabei, sich dem Affentheater zu entziehen. Und das eigene Alter in die Welt zu schreien.

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Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
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15 Kommentare

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  • "Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: ‚Sie haben sich gar nicht verändert.‘ ‚Oh!‘ sagte Herr K. und erbleichte.“ Bert Brecht

  • J.Lo wird dafür bezahlt, dass sie darauf verzichtet, eine Person zu sein, und statt dessen eine Projektionsfläche abgibt. Mir wäre das nichts. Ich möchte mich nicht auch noch bezahlen lassen dafür, dass Leute über mich klatschen, die mir nie auch nur persönlich die Hand schütteln werden.

    Von mir aus können sämtliche Promis jeglichen Geschlechts mit 90 aussehen, als wäre sie 45. Leid tut sie mir trotzdem. Und Menschen, die in ihnen ihr Idol sehen, müsste ich auch bemitleiden - wenn ich mir denn über sie Gedanken machen würde.

    • @mowgli:

      Sie müssen also einen Popstar schon entpersonalisieren, um klar zu kommen.

      Und die, die Künstlerin verehren, bemitleiden. Wen finden Sie denn gut?

  • RS
    Ria Sauter

    Eine Bekannte macht sich immer 10 Jahre älter, wenn jemand fragt.



    Die Antwort lautet dann immer



    "Für ihr Alter sehen sie aber sehr gut und jung aus"

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Schöner Artikel. Schönes Fotto.

    Nur eines verstehe ich nicht: wieso sollte ich mein eigenes Alter in die Welt schreien? Ich werde eh jünger geschätzt als ich bin - und das möchte ich genießen. Für einen Narzissten gibt es nur wenig Wichtigeres.

    Und wenn ich wieder zuhause bin und die Endorphine rausgeschwemmt sind, dann spüre ich mein Alter sowieso. Mein treuester Freund ist der Schmerz. Er hat es geschafft, mir - zusammen mit meiner KG - ein solides anatomisches Halbwissen zu vermitteln.

    Das Loblied auf meinen Body à la Lindenberg singe ich dann, wenn es angesagt ist. Und wenn nicht, dann schweige ich halt. Wenn ich's kann.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Der Artikel ist ja auch kein Sprachrohr für dich. Während ich zwar noch ein Jahrzehnt warten muss, bis mein großee Auftritt kommt, regierst du als Ü50 ganze Kontinente oder irgendeinen Aktienkonzern oder wie auch immer. Als alter weißer Mann bewundert man dich für jede Falte und wird dir immer gefälliger. Altersdiskriminierung gibt es nämlich anscheinend auch nur gegenüber dem weiblichen Geschlecht.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Hampelstielz:

        Ein Kommentar ist stets das, was wir unter großzügiger Auslegung des Themas daraus machen.

        Für mich wird nicht deutlich, worauf Ihre Kernaussage beruht. Meine subjektiven Erfahrungen sagen etwas Anderes: Bewunderung und Kritik sind personengebunden, nicht universell.

        Manch EineR ist die Bewunderung durch die Kritiker wichtiger als der Zuspruch der Anderen.

        Mit Kritik umzugehen lerne ich - immer wieder. Bei der Bewunderung tue ich mich schwerer. Ich registriere sie jedoch. Sehr wohlwollend.

  • Klassentreffen sind nett - nach 25 und mehr Jahren: da siehst Du die verschiedenen Entwicklungen - seien sie nun genetisch, lebensgeschichtlich oder sonstwie bedingt. Die einen verblühen schon, wirken verlebt, andere blühen auf und die nächsten kämpfen tapfer/verbissen gegen das Altern. Wenn das Leben keine Spuren bei Dir hinterlassen hat, ist bei Dir was falsch gelaufen, oder? Und die spannendsten Gespräche hast Du eh mit denen, die sich persönlich entwickelt haben.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Meine Frau ist Mitte 50 und sieht hot aus.

    Ich sag nur Humor, Sport und nicht rauchen.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      John Wayne....

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    .".. Wer einmal 50 geworden ist, muss sich verabschieden vom Jungsein. Entweder alt oder tot, mehr Optionen hält das Leben nicht bereit..."

    Lauschen wir Ulrike Draesner:



    (das ist wichtig, kein! Eigengewächs )

    ....."Die Frau um die 50 ist eine lächerliche, im besseren Falle tragische Kupplerin: Mutter, Ehefrau, Verkörperung von Geldsucht, Bösartigkeit und/oder Naivität. Hart ist die Konkurrenz um die reichsten unverheirateten Männer, groß der Klatsch, übertroffen allein von Dummheit, Erfahrungsmangel, Aufstiegswut. Zerrbilder der Machtlosigkeit bevölkern den sozialen Raum. Ziehen die Töchter schließlich unter die Haube, bleiben die Mütter allein zurück: Häkelarbeit, Dorf, Ehemann. Oh ja, sie sind in den Wechseljahren: liegen im Bett, erleiden Nervenzusammenbrüche, brauchen Tee. Beim Tanz sitzen sie am Rand und schauen den ständig nachwachsenden Mädchen zu, installiert als Wächterinnen und Neiderinnen, zuständig für Benehmen und Moral. Sie gehen zur Kirche, peitschen die Regeln durch. Sie altern und altern und werden ewig sein. Ihre unselige Rolle spukt bis heute durch unsere Köpfe: Matrone, Schreckschraube, Gouvernante, schwiegermütterliche Terroreinheit, verbiesterte Vergangenheit.....“

    Ulrike Draesner: „Eine Frau wird älter“



    www.deutschlandfun...:article_id=433600

  • Ich sehe auch nicht aus wie Clooney. Allerdings macht man bei meinem Geburtsdatum auch nicht so ein Theater. Vor ein paar Jahren hieß es noch: Sie sehen aber jünger aus.

    Heute heißt es gar nichts und das bedeutet, ich sehe entweder so alt aus, wie ich bin, oder, was Gott verhüten möge, älter.

    • @Jim Hawkins:

      haette man verinnerlicht, was in den artikel steht, dann sollte der hawkinssche moral von der gschicht post eher ausdruecken, dass es nicht mehr relevant sein soll, wie alt man ist, UND wie alt man aussieht. weil, ist es halt immer noch schlimm, wenn man alt aussieht? ALT? SCHLIMM? FURCHTBAR? ANGST? da siehste alt aus

      • @the real günni:

        Ja das stimmt schon. Aber ich kann mich diesem Affentheater nicht entziehen.

        Ich habe nur die Hoffnung aufgegeben, darin noch eine größere Rolle zu spielen.

        Bleiben also Wein und Gesang.