piwik no script img

Jahresbilanz der DBBahn schreibt tiefrote Zahlen

Viel Verspätung und hohe Verluste – so sah 2023 für die Deutsche Bahn aus. Für dieses Jahr ist der Konzern trotzdem optimistisch.

Viel Arbeit: das deutsche Schienennetz, hier ein Abschnitt nahe dem Essener Bahnhof Foto: Imago/Gottfried Czepluch

Berlin taz | Die Deutsche Bahn (DB) war im Jahr 2023 noch unpünktlicher als im Vorjahr – und sie hat Milliardenverluste gemacht. Nur 64 Prozent der Züge im Fernverkehr erreichten ihr Ziel „pünktlich“, das heißt: mit weniger als sechs Minuten Verspätung. 2022 waren es noch 65,2 Prozent. Trotzdem reisten im vergangenen Jahr mehr Menschen mit der Bahn als im Jahr davor. Die Zahl der Fahrgäste stieg um knapp 6 Prozent auf 1,8 Milliarden, wie der Staatskonzern am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr konnte die DB AG ihren Umsatz steigern. Trotzdem sackte der gesamte Konzernumsatz 2023 deutlich nach unten, um 13 Prozent auf 45,2 Milliarden Euro. In der Jahresbilanz steht ein Verlust von 2,35 Milliarden Euro zu Buche – vor allem, weil der operative Gewinn (EBIT) der DB-Logistiktochter Schenker wegen der sinkenden Transportnachfrage eingebrochen ist. Noch 2022 erzielte Schenker rund 1,8 Millionen Euro EBIT, 2023 waren es knapp 1,13 Millionen Euro.

Außerdem sei die Bahn 2023 für den Bund in Vorleistung gegangen und habe „so viel gebaut wie noch nie“, erklärte Bahn-Chef Richard Lutz. Damit sei die Grundlage für massive Sanierungsarbeiten geschaffen worden, die in diesem Jahr beginnen und laut Lutz letztlich mehr Pünktlichkeit ermöglichen sollen.

„Der Bund muss sich um seine Schienen­infrastruktur kümmern“, sagte Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen im Bundestag, der taz. Die Investitionen in das Schienennetz seien „sinnvoll“. Allerdings blende die Bahn ihre Gütersparte DB Cargo aus. „Dort gibt es immensen Handlungsbedarf“, sagte Gastel. Der Güterverkehr auf der Schiene habe große Bedeutung für das Klima und die Wirtschaft. Deshalb macht sich der Bahnpolitiker dafür stark, den Transportmarkt komplett neu zu organisieren.

Stuttgart 21 verschlingt weiter Geld

„Gut ist, dass die Deutsche Bahn sich zunehmend auf das Kerngeschäft in Deutschland fokussiert“, sagte Gastel. Der Verkauf der Bahntochter Schenker ist schon länger im Gespräch, mehr als 20 Bieter sollen Interesse haben. Bereits 2023 besiegelte die DB AG den Verkauf der ausländischen Tochterfirma Arriva, 2024 soll er realisiert werden. Die Erlöse müssten in die Stärkung der Schiene hierzulande fließen, forderte der Grünen-Abgeordnete.

Und auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) betonte: „Endlich massiv in die Infrastruktur zu investieren, ist der richtige Weg.“ Allerdings müsse der Bahnkonzern „in Zukunft deutlich effizienter mit seinen Mitteln umgehen“. Die Bundesregierung wollte bis 2027 ursprünglich 40 Milliarden Euro in die DB stecken. Nach den Kürzungen im Bundeshaushalt blieben 30 Milliarden Euro.

Dabei gebe es immer noch Großprojekte wie Stuttgart 21, die Gelder verschlingen und die Bahn tiefer in die roten Zahlen stürzen, kritisierte Bernd Riexinger, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag. Erst im Dezember 2023 war bekannt geworden, dass der Umbau des Stuttgarter Bahnhofs mindestens 11,45 Milliarden Euro kostet – und damit zwei Milliarden Euro mehr als bis dahin angenommen. Die Bür­ge­r:in­nen wüssten bis heute nicht, wer die Mehrkosten tragen und wann der Bahnhof eröffnet wird. „Und die Bundesregierung lässt dies alles zu“, ärgerte sich Riexinger.

Obwohl die Bahn selten positive Schlagzeilen macht, steigen immer mehr Menschen in den Zug. Das sei ein Auftrag an den Bundesverkehrsminister, meinte Lena Donat, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace. „Mit einer mehrjährigen sicheren Finanzierung könnte Volker Wissing viele kurzfristige Schwächen bei der Bahn beseitigen“, sagte Donat. Der Bund müsse eine klare Strategie vor­geben: Ein gutes Angebot sollte wichtiger sein als Gewinnmaximierung, forderte Donat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Jeder Bundes-Bewohner saß im Jahre 2023 statistisch betrachtet 22 mal im Fernverkehrszug - oder is da der Nahverkehr mitgezählt ? Na ja, n paar unter den 1.800.000.000 Reisenden werden auch durchreisende Nachbar-Ländler gewesen sein, die sich trauten, etwa von NL nach CH oder von F (wo jenseites vom TGV auch nich alles rosig is) nach Ö durchs Eisenbahn-Jammertal zu reisen.

  • In Sachen "Stuttgart 21" tut es extrem Not, die damaligen Sachverständigen und Gutachter in Grund und Boden zu klagen.



    Wegen Meineids, wegen Betrugs, wegen Korruption.

    Aber das wird nicht geschehen denn eine Krähe hackt ...

  • "Viel Verspätung und hohe Verluste": und für diese tolle Leistung haben die Bahnoberen 9 Mio Boni bekommen. Man gönnt sich ja sonst nichts! Und denen, die unter der Fehlplanung leiden, gönnt man schon gar nichts!

  • Güterverkehr also komplett privatisieren. Wo soll der Unterschied sein zum Personentransport? Beides ist Daseinsvorsorge. Beide fahren auf den gleichen maroden bzw. sanierten Gleisen. Verstehe ich nicht.... typisches Manager Getue um Durchsetzungskraft und eine Vision (welche denn?) medial zu transportieren.

  • Respekt! Quasi eine Monopolstellung und trotzdem tiefrote Zahlen - das schafft wohl nur ein Staatsunternehmen ;)

  • Nun ja, das ist halt so wenn man jahrzehntelang gar nichts in die Bahn investiert, sondern nur in bayrische Straßen. Aber da die Bahn ja ein phantastisches Management hat -welches mit üppigen Boni für herausragende !! Leistungen belohnt wird- kann man ja nur davon ausgehen, dass sich das alles schnell auflöst - spätestens wenn Merz sich daran versucht....