Istanbul-Konvention in Deutschland: Uneingeschränkter Schutz von Frauen
Die Vorbehalte zu Aufenthaltsrecht und Gerichtsbarkeit der Istanbul-Konvention werden zurückgenommen. Familienministerin Lisa Paus begrüßt die Entscheidung.
BERLIN afp | Die Istanbul-Konvention des Europarats zum Schutz von Frauen vor Gewalt gilt in Deutschland ab Februar kommenden Jahres uneingeschränkt. Wie das Bundesfamilienministerium am Freitag mitteilte, zieht Deutschland im Jahr 2018 erklärte Vorbehalte zurück. Sie betreffen das Aufenthaltsrecht von ausländischen Gewaltopfern und die Geltung des Strafrechts für in Deutschland lebende Ausländer, die Straftaten im Ausland begangen haben.
„Endlich setzt Deutschland die Istanbul-Konvention ohne Wenn und Aber um“, erklärte Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Die Rücknahme der Vorbehalte sei „ein klares Zeichen an alle von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen: Wir stehen uneingeschränkt an Eurer Seite.“ Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßten die Umsetzung einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag.
Vorbehalte laufen 2023 aus
Bei der Ratifizierung der Istanbul-Konvention 2018 hatte die damalige Bundesregierung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Vorbehalte gegen einzelne Bestimmungen des Übereinkommens einzulegen. Damit war Deutschland formal bisher nicht zur vollständigen Umsetzung der Artikel 59 zum Aufenthaltsrecht und 44 zur Gerichtsbarkeit verpflichtet.
Nach der Istanbul-Konvention enden Vorbehalte eines Mitgliedslandes nach fünf Jahren automatisch, wenn sie nicht verlängert werden. Da die Bundesregierung darauf nun verzichtet, laufen sie zum 1. Februar 2023 aus.
Die Istanbul-Konvention ist eine Übereinkunft des Europarats. Sie verlangt von den Vertragsstaaten, dass sie Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe sowie gegen weibliche Genitalverstümmelung ergreifen. Die beteiligten Länder verpflichten sich unter anderem, Frauen und Mädchen durch strafrechtliche Verfolgung der Gewalttäter besser zu schützen. Als Gewalt gilt dabei nicht nur physische Gewalt, sondern auch geschlechtsspezifische Diskriminierung, Einschüchterung oder wirtschaftliche Ausbeutung.