Israels Vorgehen im Gazastreifen: Das Recht des Stärkeren
Israels Premier droht damit, keine Hilfsgüter nach Gaza zu lassen. Deutschlands künftiger Kanzler Merz will Netanjahu trotz Haftbefehl einladen.
W as muss eigentlich passieren, damit Deutschland endlich Konsequenzen zieht? Israel droht erneut damit, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu blockieren. Statt die zweite Phase der Waffenruhe umzusetzen, die mit der Hamas vereinbart war und perspektivisch ein Ende des Kriegs vorsah, will Israels Premier Benjamin Netanjahu die erste Phase in die Länge ziehen. Sein Ziel ist klar: Die Hamas soll die letzten Geiseln freilassen, damit er den Krieg wieder aufnehmen kann. Die USA liefern ihm dafür neue, milliardenschwere Waffen. Die Hamas hat wenig Grund, sich dem zu beugen. Um sie in die Knie zu zwingen, droht Netanjahu einmal mehr, die Menschen in Gaza kollektiv zu bestrafen. Das ist ein Kriegsverbrechen. Unter anderem deswegen hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen Netanjahu erlassen.
Unterdessen hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz sein Militär angewiesen, bis kurz vor Damaskus vorzurücken – angeblich, um dort die drusische Minderheit zu beschützen. Israels Regierung betrachtet die neuen Machthaber in Syrien mit Argwohn. Sie fürchtet, die Türkei könnte durch sie ihren Einfluss bis an die eigene Grenze ausweiten. Deshalb schwingt sie sich zur Schutzmacht der Minderheiten dort auf. Syrien droht, zum Schauplatz eines Machtkampfes zwischen der Türkei und Israel zu werden. Beide Länder besetzen völkerrechtswidrig Teile syrischen Territoriums.
Ihre Verbündeten sollten beide Seiten in ihre Schranken weisen, bevor der Konflikt weiter eskaliert. Doch der vermutlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz schert aus. Er hat angekündigt, Netanjahu trotz Haftbefehl nach Deutschland einladen zu wollen. Das ist ein falsches Signal. Netanjahu muss das als Freibrief verstehen, weiterhin mit Gewalt Fakten zu schaffen.
Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Trump und Putin das Völkerrecht mit Füßen treten, sollte Merz klarmachen, dass er nicht für das Recht des Stärkeren steht. Sondern für eine Weltordnung, die auf Regeln basiert.
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