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Israel und seine GegnerNicht wiedergutzumachen

In Israel wird die Wut auf die Netanjahu-Regierung nur noch vom Entsetzen über die fehlende Anteilnahme der Welt übertroffen. Reise in ein terrorgeplagtes Land.

Die blechernen Überbleibsel eines Massakers: von der Hamas zerstörte und in Brand gesetzte Autos Foto: Abir Sultan/epa

Tel Aviv/Haifa/Kfar taz | Es gibt universale Bilder, die von Schrecklichem künden, ohne tatsächlich Gewaltspuren aufzuweisen. Ein leerer Spielplatz kann so ein Bild sein. Zwei Schaukeln, die in der Mittagssonne vergeblich auf Kinder warten.

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Sderot war bis vor Kurzem eine mittelgroße Stadt im Süden Israels. Die meisten der 30.000 Ein­woh­ne­r:in­nen sind inzwischen vor dem Terror geflohen, der am 7. Oktober plötzlich Eingang in ihre Straßen fand. Bis vor Inkrafttreten des Waffenstillstands gab es täglich Raketenalarm. Heult die Sirene los, haben die verbliebenen Be­woh­ne­r:in­nen Sderots etwa 15 Sekunden Zeit, um einen der an jeder Straßenecke stehenden Schutzräume zu erreichen.

In unmittelbarer Nähe zum Gazastreifen jedoch, von wo aus zuletzt fast im Stundentakt Raketen Richtung Israel abgefeuert wurden, sind es gerade mal sieben Sekunden, bis das Geschoss am Himmel auftaucht – und hoffentlich vom Iron Dome abgefangen wird.

In Kfar Aza haben die Luftschutzbunker wenig geholfen. Am 7. Oktober drangen Hamas-Terroristen in den Kibbuz ein und töteten systematischer, als Raketen es vermögen. Haus für Haus nahmen sich die Islamisten vor. Der Grad der Zerstörung ist gewaltig und sichtbar: Häuser sind aus ihrem Fundament gebombt, in Brand gesteckt. Möbelstücke liegen auf den Gehwegen, Einschusslöcher sind in Fernsehern oder Duschwänden zu erkennen.

Friedensaktivisten unter den Ermordeten

Eine Katze streift durch die Ruinen, bei jedem der laut zu hörenden Bombeneinschläge auf der anderen Seite des Zauns schreckt sie zusammen. Nur wenige hundert Meter weiter wird gekämpft. Die biblischen Tore von Gaza, die Mosche Dajan 1956 in seiner zum Bezugspunkt der noch jungen israelischen Nation gewordenen Rede zitierte, sie lasteten auch auf den Be­woh­ne­r:in­nen von Kfar Aza. Einige der hier Ermordeten waren israelische Friedensaktivisten, die sich jahrelang für die Nachbarn in Gaza eingesetzt hatten.

Täglich versammeln sich Angehörige der Geiseln auf dem Vorplatz des Tel Aviv Museum of Art Foto: Shir Torem/reuters

Die Be­su­che­r:in­nen des Raves, der unweit von hier stattfand, waren großteils junge Städter:innen. Die Autos derjenigen, die versuchten, vor den Terroristen zu fliehen, befinden sich immer noch in der Negev-Wüste, zwischengeparkt auf einem Autofriedhof. Auf ihre einstigen Be­sit­ze­r:in­nen deuten noch Lippenstifte im Fußraum, Handy-Ladekabel.

Im Judentum muss der ganze Körper bestattet werden, samt all seinen Einzelteilen. Blutspuren finden sich daher keine mehr. Dass in diesen Autos Menschen gestorben sind, davon zeugen auch die Einschusslöcher in den Frontscheiben. Die zu Schrott gefahrenen Mopeds der Terroristen liegen auf einem anderen Haufen.

Es ist gerade oft vom Kampf der Weltbilder die Rede in Israel. „Das Köpfen, das Schänden, das Abschlachten“, zählt Ari Shavit auf, „das sind Methoden des 11. Jahrhunderts, mit denen Menschen des 21. Jahrhunderts ermordet wurden.“ In Israel habe man geglaubt, als „Hightech-Nation“ leben zu können wie in Europa, sagt der Autor und Journalist. „Wir haben vergessen, dass unser Land im Nahen Osten liegt.“

Angehörige versammeln sich täglich auf zentralem Platz

Die Terroristen ermordeten über 1.200 Zivilisten und verschleppten über 240 Menschen in den Gazastreifen. Darunter die Schwestern Dafna (15) und Ella (8) Elyakim. Ihre Tante Tagit Tzin zeigt wie andere Angehörige der Geiseln täglich Präsenz auf dem Vorplatz des Tel Aviv Museum of Art. Seit Wochen schläft sie dort in einem Zelt. Sie zeigt ein Video der Familie, das die Hamas über den Facebook-Account des ermordeten Vaters hochlud. Darin sind die beiden Mädchen mit gebrochenem Gesichtsausdruck in Gegenwart der Terroristen zu sehen. Beide tragen nach einer Weile nicht mehr dieselben Schlafanzüge wie zu Anfang.

Tzin hat für die israelische Regierung nur Worte der Verachtung übrig. Neuigkeiten zu den Geiseln erfahre sie lediglich aus den Medien, sagt sie. Zu einem Treffen zwischen Regierungsvertretern und Angehörigen ist es erst kürzlich, über sechs Wochen nach dem Massaker, gekommen. „Sie hatten nicht mal genug Stühle für alle besorgt“, winkt Tzin ab. Die Namen ihrer Nichten stehen auf der Liste jener 50 Geiseln, die die Hamas im Gegenzug für ein Vielfaches an palästinensischen Gefangenen und einen mehrtägigen Waffenstillstand freilassen will. Bei Redaktionsschluss waren 24 Geiseln bereits freigelassen worden, Dafna und Ella Eyakim waren nicht darunter.

Update: Am Sonntagnachmittag wurden weitere Geiseln freigelassen, darunter auch die beiden Nichten von Tagit Tzin.

Auf Kritik am Premierminister können sich dieser Tage alle einigen. Die Tageszeitung Haaretz prangert immer wider die Unfähigkeit der Regierung an. Die Wut auf Benjamin Netanjahu ist gewaltig, nicht nur weil die israelische Armee am 7. Oktober damit beschäftigt war, die Siedler im Westjordanland zu schützen. Viele machen „Bibi“ dafür verantwortlich, eine starke Hamas in Kauf genommen zu haben, um die Palästinenser zu spalten.

Nun muss mit einer Terrororganisation, die seit ihrer Gründung zum Dschihad gegen „die Juden“ aufruft, über das Leben von über 200 Geiseln verhandelt werden. „Es gibt nichts, was die Hamas von uns will“, fasst Ehud Olmert die Lage zusammen. Trotzdem sieht der ehemalige Ministerpräsident Israels (Kadima) keine Alternative zum Krieg gegen die Islamisten, „auch wenn der Preis sehr hoch sein wird“.

Zweistaatenlösung in der Diskussion

Olmert, der schon einmal versucht hat, sich mit Palästinenserpräsident Abbas auf eine Zweistaatenlösung zu einigen, drängt dazu, Verhandlungen nach Ende des Kriegs wieder aufzunehmen. Das gelte es, jetzt bereits in Aussicht zu stellen, meint er, wohlwissend, dass das mit der aktuellen Rechtsregierung nicht zu machen sei. Daher müsse sie gehen, „jetzt sofort“.

Was auf den Krieg gegen die Hamas folgt, da gehen die Meinungen aus­ein­ander. Es gibt Vorschläge, Gaza zu entmilitarisieren und eine Art Marshall-Plan unter Führung Saudi-Arabiens oder der Vereinigten Arabischen Emirate aufzustellen. Unter den Liberalen in Israel ist die Zweistaatenlösung dieser Tage wieder in aller Munde. Palästinenser und Israelis gemeinsam unter einer Flagge leben zu lassen, hält der Journalist Dan Perry für unrealistisch. Aufgrund der Bevölkerungszusammensetzung wäre es dann kein jüdischer Staat mehr, sagt er. Für die 600.000 jüdischen Siedler, die im Westjordanland leben, hat er kein Verständnis. „Das sind Extremisten“, meint er. Ginge es nach ihm, würde er die Siedler sofort zum Verlassen ihrer Außenposten zwingen.

Schon einmal hat Israel jüdische Siedlungen abreißen lassen. 2005 ließ Ministerpräsident Ariel Scharon (Likud/Kadima) unter heftigem Protest 21 Siedlungen im Gazastreifen räumen und zerstören. Keine zwei Jahre später kam die Hamas gewaltsam an die Macht. Israel verstärkte daraufhin seine Grenze zu dem nun von Islamisten besetzten Gebiet – ebenso wie Ägypten, das 2008 eine Mauer zum Gazastreifen errichtete. Der erneuten Bitte Israels, die Verantwortung für Gaza an Ägypten übergeben zu dürfen, kam man in Kairo nicht nach.

Dass aktuell in Gaza Zivilisten sterben, sei schrecklich, sagt Perry. Er sei gegen Krieg, aber genau „wie alle anderen Kritiker Israels“ habe er keine Alternativlösung anzubieten. Statt um Alternativen scheint es in der internationalen Israelkritik ohnehin primär um Dämonisierung zu gehen.

Über Boykott­aufrufe, die unangenehm nach „Kauft nicht bei Juden!“ klingen, und Terror-Apologeten, die Israelis genozidale Absichten unterstellen, wurde schon viel geschrieben. Es ist schmerzhaft, wie verzahnt nur nachlässig als Israelkritik getarnter Antisemitismus mit der linken Szene und der Kunstwelt ist, schmerzhaft vor allem für israelische Angehörige ebendieser Welt.

Mangel an Empathie verstört

„Wir verlangen nicht, dass jemand unsere Seite einnimmt“, sagt Mira Lapidot. Aber dass ein Milieu, das Wert auf kritisches Denken lege, nicht anerkenne, dass die Situation in Israel komplex sei, ist für sie nicht nachvollziehbar. Die Chefkuratorin des momentan geschlossenen Tel Aviv Museum of Art, berichtet von Künstler:innen, die sehr einseitige Positionen vertreten. „Wer sagt ‚From the River to the Sea‘ will offensichtlich nicht, dass unsere Institution existiert.“ Der Mangel an Empathie hat sie nachhaltig verstört. Internationale Frauenorganisationen schwiegen bis heute angesichts der von der Hamas verübten sexuellen Gewalt, sagt sie. „Das ist nicht wiedergutzumachen.“

Lapidot trifft besonders, dass einige Jü­d:in­nen weltweit in den Chor der Israelkritiker einstimmten. Die Frage, ob innerhalb Israels jüdische Stimmen zu vernehmen seien, die die Militäroperation in Gaza ablehnten, verneint sie. Obwohl zuvor monatelang gegen die Regierung protestiert wurde. „Wir stecken zu sehr drin“, sagt Lapidot. „Jeder kennt jemanden, der jemanden verloren hat.“

Die Terrorattacke am 7. Oktober ist der blutigste Angriff auf Jü­d:in­nen seit dem Holocaust. Geiselnahmen in dieser Größenordnung kommen abgesehen von der Massenentführung durch Boko Haram in Nigeria 2014 praktisch nie vor. Israel hat viele Feinde. Zuletzt kündigte im Norden mehrmals täglich der Raketenalarm die Ankunft von Hisbollah-Geschossen an.

Gemeinden, die zu nah an der Grenze zum Libanon liegen, wurden evakuiert. Die Be­woh­ne­r:in­nen des Kibbuz Dan sind derzeit in einem Hotel in der nordisraelischen Stadt Haifa einquartiert. In der nach Raumspray riechenden Lobby sitzen ältere Frauen in Ledersesseln und stricken, draußen fahren Kinder auf Laufrädern im Kreis. Ihre Eltern sind ratlos. „Krieg, das bedeutete früher immer Raketen“, sagt die Sozialarbeiterin Yael. Sie fürchtet, Hisbollah-Terroristen könnten zu Nachahmern der Hamas werden.

Ein Krankenhaus im Untergrund

Ob sie sich je wieder sicher genug fühlen wird, in ihren Kibbuz zurückzukehren, weiß sie nicht. Lena, die aus Schlomi evakuiert wurde und mit ihrer Familie im Nachbarhotel wohnt, hat überlegt, das Land zu verlassen, sich dann aber zum Bleiben entschlossen. „Als Jüdin fühle ich mich trotz allem momentan nur in Israel sicher“, sagt sie und spielt auf die stark gestiegene Anzahl an antisemitisch begründeten Gewalttaten in der westlichen Welt an.

In Israel gibt es kaum eine Familie, die keine Kriegs- und Traumaerfahrungen hat. Wer den Holocaust überlebte, musste seine Kinder in den Jom-Kippur-Krieg, seine Enkel womöglich in den ersten Libanonkrieg ziehen lassen. All diese Kriege, die Todfeinde ringsum haben Israels Sicherheitsinfrastruktur nachhaltig geprägt.

Es war der zweite Libanonkrieg 2006, als Raketen auf die Stadt Haifa niedergingen, der auch das Rambam-Krankenhaus zum Umdenken gebracht hat. Wo sonst Autos parken, steht nun Klinikdirektor Michael Halberthal inmitten von 2.000 Krankenhausbetten. „Sie befinden sich gerade im größten Untergrundkrankenhaus der Welt“, sagt er.

In Friedenszeiten sei es ein normales Parkhaus. Wenn nötig, lasse sich jedoch in jeder Parkbucht ein Krankenhausbett unterbringen, die entsprechenden Anschlüsse liegen hinter grauen Verdecken bereit. „Bei einem Krieg mit der Hisbollah müssen wir damit rechnen, dass alle vier Minuten eine Rakete auf uns geschossen wird“, sagt er. Vorsorglich habe die Klinikleitung nach dem 7. Oktober beschlossen, das Untergrundkrankenhaus auf den Ernstfall vorzubereiten. Auch wenn Halberthal stolz ist auf diese Krankenstation, die Sorge ist ihm anzusehen. „Lassen Sie uns hoffen, dass die Betten unbelegt bleiben“, sagt er. Auf dass hier unten bald wieder Autos parken.

Transparenzhinweis: Die Recherche wurde vom European Jewish Congress unterstützt.

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13 Kommentare

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  • Ich finde die Relativierung der Opfer - auf beiden Seiten - unerträglich.

    EGAL auf welche Seite man sich nun stellt, oder die Situation in ihrer Komplexität begreift:



    - Wir reden von unschuldigen Kindern, Frauen, Männern, die hingemetzelt wurden.



    - Wir reden von vermutlich großenteils unschuldigen Frauen, Männern, und natürlich Kindern, die für den Fanatismus ihrer Anführer bezahlen.

    Israel aber die Schuld hierfür zuzuschieben ist genauso perfide, wie die Ukraine zum Ende des Krieges aufzufordern.

    Da geht es doch nur darum, dass UNSER Haus schön warm und der Kühlschrank voll bleibt.

  • " Die Frage, ob innerhalb Israels jüdische Stimmen zu vernehmen seien, die die Militäroperation in Gaza ablehnten, verneint sie. Obwohl zuvor monatelang gegen die Regierung protestiert wurde. „Wir stecken zu sehr drin“, sagt Lapidot. „Jeder kennt jemanden, der jemanden verloren hat.“

    Das zeigt die Verständnislosigkeit eben auch bei der israelischen Linken: Welche Formen des Krieges gegen die Zivilbevölkerung und wie viele zivile Opfer ist sie bereit im Gaza hinzunehmen? Die Empathielosigkeit (und Ratlosigkeit) kann man ihr genauso vorwerfen wie vielen Linken außerhalb Israels gegenüber den Opfern der Hamas. Rache ist leider keine gute Reaktion auf Trauer und Schock.

  • So ist das. Während die Palästinenser ihre Radikalen einfach seit jeher gewähren lassen, wird in der israelischen Gesellschaft auch mitten im Überlebendkampf der demokratische Diskurs gepflegt.

    • @vieldenker:

      Also, dann empfehle ich schleunigst ein bisschen Recherche. Wen meinen Sie denn mit “die Palästinenser”? Die Menschen im Westjordanland? Die in Gaza? Palästinensische Israelis? Palästinensische Diaspora?

      Und da überall gibts keine demokratischen Bewegungen? Dafür einzig und allein im rechtskonservativ bis rechtsnationalistisch regierten Israel?

  • Danke für den sehr guten Artikel.

    Seit einer Reihe von Jahren drängt sich oftmals der Eindruck auf gewisse "Kulturschaffende" seien auf dem Holy-Global-South-Trip, einem Konglomerat aus vorwiegend Diktaturen, einig nur in der Aussetzung von Frauen- und LGBTQ-Rechten, dem Kampf gegen den "Westen", die "Weißen", Menschenrechte und Freiheit und geschlossen auf den hintersten Plätzen des Corruption Perceptions Index, CPI.

    Naja, solange es Spaß macht und man sich hip dabei fühlen kann.

    Berufen sich gern auf die Postkolonialen Studien, die absolut ihre Berechtigung und große Verdienste haben.

    Leider jedoch ziemlich oberflächlich und wirr sind bezüglich Israel.

    Ein Land, dass man nur beurteilen kann, wenn man sich die letzten 3000 Jahre anschaut.

    Und zu dem Schluss kommt, dass Israel ein Schutzraum für Juden ist, die die Diaspora als Gaskammer erlebt haben. Ganz einfach: Israel oder Gaskammer.

    Whatever it takes.

    Ist nicht so schwer zu kapieren.

    Verwirrung entsteht z. B. durch den Adorno-Preis an die postkolonial inspirierte Gender-Ikone Judith Butler.

    taz: "Butler, selbst Jüdin, ist bekannt für ihr Engagement in der Israel-Boykottbewegung BDS; unter anderem nannte sie die islamistische Hamas aufgrund ihres erklärten Antiimperialismus einen „Teil der globalen Linken“. Ein Preis, benannt nach einem der bedeutendsten Antisemitismuskritiker, in den Händen eines Hamas-Fans?"



    Empfehlenswert: taz.de/Postkolonia...oretiker/!5678482/

    Manche Postkoloniale sehen Israel sehr schlicht als weißen Kolonialstaat. Ein Witz wenn man sich die internationale Zusammensetzung der jüdischen und teilweise arabischen Bevölkerung anschaut.

    Diese beiden Möglichkeiten existieren also:

    Israel als Schutzraum oder Israel als weißer Kolonialstaat.

    Nun, mein Verdacht geht in die Richtung, dass nur völlig uninformierte Leute oder Menschen, die eine ganz miese subjektive psychische oder auch kollektive Prädisposition mitbringen, sich für den Antisemitismus entscheiden.

    • @shantivanille:

      Nachtrag:



      Wäre ich politisch links, würde es mich beleidigen, dass Frau Butler die Hamas als meine politischen Weggefährten bezeichnet.

    • @shantivanille:

      Es bleibt nur zu hoffen, dass Frau Butler und all' die anderen Hamas-Freunde nach dem 07.10.2023 wenigstens anfangen nochmals darüber nachzudenken, ob sie mit ihrer Unterstützung und Solidarität der Hamas auf der Seite stehen, auf der sie stehen wollen.



      Und vielleicht auch darüber, wie Gesellschaften und Bürgergemeinschaften überall auf der Welt aussehen würden, wenn Leute wie die der Hamas das Sagen hätten.

      Für mich persönlich wäre das die sprichwörtliche "Hölle auf Erden", aber andere (siehe oben) scheinen sich damit ja wohlzufühlen.

      Schade, dass ich keine Psychologin bin; ich würde gerne verstehen, weshalb Menschen wie Frau Butler die Hamas idealisieren.

  • Selbstverständlich bin ich an der Seite der Juden und Israels. Das war nie in Frage gestellt. Nur die rechtsradikale Regierung inklusive der Siedlerpolitik der faschistoiden Ultras hat keine Legitimierung (mehr), hoffentlich. Ich ersehne den Zeitpunkt, daß Netanjahu den ihm gebührenden Platz im Knast einnimmt. Und ein Teil seines Kabinettes kommt hoffentlich mit.

  • Ein guter Artikel. Folgende Stelle bloß wirft für mich, auch im Kontext anderer taz-Beiträge, auf die sich der Artikel womöglich mitbezieht, Fragen auf:



    Der Artikel schreibt: „Über Boykott­aufrufe, die unangenehm nach „Kauft nicht bei Juden!“ klingen, und Terror-Apologeten, die Israelis genozidale Absichten unterstellen, wurde schon viel geschrieben.“

    Stellt ein antiisraelischer Boykottaufruf inhärent ein „kauft nicht bei Juden“ dar, und müssen wir solche Boykottaufrufe automatisch auch, da Israelis und Juden zusammenfallen, als „gegen Juden gerichtet“/antisemitisch betrachten? Oder



    umgekehrt gefragt: wann klingt ein gegen Israel gerichteter Boykott nicht nach „kauft nicht bei Juden ein“, wenn man diese Bedeutungsnuance automatisch aus dem Fakt hinzufügt, dass Israel vorliegend Rezipient ist?

    Gibt es dann überhaupt Raum, einen Boykott gg. Israel zu führen/hierzu aufzurufen? Wenn ja, was ist dieser?

    Und auch wenn über „Terror-Apologeten, die Israel genozidale Absichten unterstellen“ geschrieben wird, frage ich mich: meint man hier zB die, als solche in einem taz-Kommentar bezeichnete,„Judenhasserin“ Greta Thunberg mit?

    Bzgl. des Genozidvorwurfs muss ich hinzufügen, dass seine Verwendung nicht notwendig mit einem Vorwurf zu einer dezidiert solchen Absicht einhergeht - das ist eine zu sehr sich an Strafbarkeitsvoraussetzungen orientierender Begriff.



    Es kann auch, und das tut es auch für viele Betroffene, die von „Genozid“ sprechen, deren Erfahrung „ethnischer Säuberung“ sowie der durchaus nicht unberechtigten Befürchtung, dass deren Flucht sich verstetigt, ansprechen.



    Nicht nur der wortwörtliche Völker’mord’ ist gemeint, sondern kann sich auch auf ethnische Säuberung beziehen, die eine Kernkomponente von Genozid darstellt.



    So nebenbei wurde eine solche Absicht aber auf alle Fälle stellenweise insbesondere von den Kahanisten der Regierung geäußert, wenn diese auch nicht militärische Befehlsgewalt haben.

    Mir erscheint eine differenziertere Betrachtung sehr wichtig.

    • @Ibrahimo:

      "...wann klingt ein gegen Israel gerichteter Boykott nicht nach „kauft nicht bei Juden ein“, ..."

      Meiner Meinung nach stellt sich die Frage, weshalb gegen Israel Boykotte richten, aber gegen keine anderen Länder? Für mich kann das nur antisemitische Beweggründe haben.

      "Es kann auch, und das tut es auch für viele Betroffene, die von „Genozid“ sprechen, deren Erfahrung „ethnischer Säuberung“ sowie der durchaus nicht unberechtigten Befürchtung, dass deren Flucht sich verstetigt, ansprechen."

      Die Kindersterblichkeit in Gaza/den palästinensischen Gebieten ist geringer als in der Türkei, die Lebenserwartung ist gestiegen und die Reproduktionsrate ist auch äußerst erfreulich. Den Begriff Genozid finde ich darum unangemessen. (Davon abgesehen wären dann auch beispielsweise Sudeten-Deutsche oder Ostpreussen einem Genozid ausgesetzt gewesen, was ich nicht so sehe.)

      "Mir erscheint eine differenziertere Betrachtung sehr wichtig."

      Ja, das hört man seit dem 07.10.23 öfter. Ob man sich damit in guter oder schlechter Gesellschaft befindet, wird wohl jede/r für sich selbst entscheiden müssen.

      • @*Sabine*:

        Wer richtet denn "gegen Israel Boykotte aus, aber nicht gegen andere Länder"? Es ist doch ziemlich selbstverständlich, dass sich palästinensische Proteste auf die Gegnerpartei konzentrieren, das ist auch in jeglichem anderen Konflikt so.

        Dass Sie von der 'Kindersterblichkeit und Lebenserwartung' sprechen, nachdem wir nun 15.000 Tote in Gaza (mit sehr vielen getöteten Kindern) haben, können Sie nicht ernst meinen. Oder fällt das vor dem Hintergrund dieser 'hohen Reproduktionsrate' nicht in's Gewicht, wollen Sie das sagen?

        Unglaublich menschenunwürdig, und zeigt mir, dass nicht ich in 'falscher Gesellschaft' bin, wie Sie etwas kryptisch vorzuwerfen scheinen. Dass Sie eine Bemühung um genaue Betrachtung scheinbar automatisch in eine bestimmte Ecke rücken wollen, spricht doch von einem extrem danebenen und auch sehr unangebrachten Übereifer Nichtbeteiligter des Konfliktes. Differenzierung ist essentiell, wenn es um die Bewertung von Konflikten geht, und geht im deutschen Diskurs wenn es um Israel-Palästina geht (aber nicht nur) gerne verloren. Insofern möchte ich Ihnen gerne das neue taz--Interview mit Sarah el-Bulbeisi anraten.

        • @Ibrahimo:

          Gute Antwort, danke!

  • Kaum ein anderes Land auf der Welt bekennt sich derart klar zu Israel, wie Deutschland dies zur Zeit tut. Das ist richtig so und zeigt, dass wir hoffentlich doch etwas aus unserer Vergangenheit gelernt haben, auch wenn es natürlich und leider nicht alle sind.