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Israel stoppt geplante AbschiebungenAfrikanische Migranten dürfen bleiben

Weil Drittländer die Aufnahme von Migranten ablehnen, hat die israelische Regierung ihre Pläne vorerst aufgegeben, afrikanische Einwanderer auszuweisen.

Gehen oder bleiben? Dieser Migrant und sein Sohn müssen Israel vorerst nicht verlassen Foto: ap

JERUSALEM afp/ap | Die israelische Regierung hat die geplante Abschiebung tausender afrikanischer Einwanderer gestoppt. Entsprechende Pläne seien aufgegeben worden, da Drittländer die Aufnahme der Migranten aus Eritrea und dem Sudan verweigert hätten, teilte die Regierung am Dienstag mit. Nach Angaben von Aktivisten hatte Israel mit Uganda und Ruanda über eine Umsiedlung verhandelt.

In Israel haben sich rund 35.000 Migranten aus Afrika niedergelassen, mehrheitlich aus dem Sudan und Eritrea. Die Regierung will sie außer Landes schaffen, hat aber bisher dazu keine legale Möglichkeit gefunden.

Anfang Januar hatte die Regierung einen Plan verabschiedet, wonach illegal nach Israel eingereiste Afrikaner bis Ende März das Land verlassen sollten. Andernfalls sollten die Menschen auf unbefristete Zeit inhaftiert und letztlich abgeschoben werden. Gegen das Vorhaben regte sich massive Kritik, auch das Flüchtlingshilfswerk UNHCR protestierte gegen die geplanten Abschiebungen nach Afrika.

Im März hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärt, es gebe eine Einigung mit den Vereinten Nationen, die Hälfte der Migranten in westlichen Staaten anzusiedeln und die Hälfte in Israel zu lassen. Nach Kritik nationalistischer Politiker an dieser Vereinbarung ruderte er aber nur Stunden später zurück.

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5 Kommentare

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  • Vor allen Dingen gab es einen funktionierenden Rechtsstaat, der die kruden Ideen der Regierung beerdigt hat...... Genau wie hier auch, ich erinnere an die abschußerlaubnis für entführte Flugzeuge 2004 oder 2005.....

  • Flüchtlingsrecycling (II)

     

    Die nun gestoppten Pläne Tel Avivs mit Kopfprämien für die Aufnahmeländer haben ihr Pendant in der Praxis der EU-Kommission, ihrerseits die Flüchtlingsrücknahme mit jeweils 10.000 € pro Kopf zu sponsern. (Taz,. v. 29.8.2017).

     

    

Aus einem solchen Verfahren, wie es auch auf dem Pariser Flüchtlings-Gipfel 2017 favorisiert wurde, könnte sich für die Entsendeländer ein regelrechtes Exportmodell mit Drehtürmechanik entwickeln. Allerdings scheint diese in Paris beschlossene und zunächst auch von Tel Aviv kopierte Asyleindämmungsstrategie dem Credo der Genfer Flüchtlingskonvention zu widersprechen. Man stelle sich vor, während der Judenverfolgung in Deutschland hätte man den Hakenkreuzlern „Rücknahmeprämien“ für die jüdischen Flüchtlinge angeboten. Angesichts der leidvollen Erfahrungen mit der präzedenzslosen Judenverfolgung in Hakenkreuz-Deutschland sollte man sich das gerade in Israel mit aller gebotenen Sensibilität vor Augen führen. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt und Politiker wie Katrin Göring-Eckardt und Katja Kipping hatten dann auch ein solches Flüchtlingsrecycling zu Recht eine „Irreführung der Öffentlichkeit“ genannt und einen „Verrat an europäischen Werten“, denen sich ja auch Israel verpflichtet fühlt.

  • Flüchtlingsrecycling

     

    
Die israelischen Zivilgesellschaft, auf deren Druck die Deportationspläne des Netanjahu-Regimes nunmehr aufgegeben werden mußten, beruft sich v. a. auf die Erfahrungen der Judenverfolgung in Hakenkreuz-Deutschland. „Menschen riskierten ihr Leben, um Juden zu retten und wir als Land sagen nun, wir wollten nicht die kleinste demographische Verschiebung riskieren“ so die aus Boston emigrierte Schriftstellerin, Rabbinerin und Menschenrechtsaktivistin Susan Silverman von den „Rabbis for Human Rights“ und dem „The Anne Frank Home Sanctuary movement“ (Haaretz, 19.1.2018). Die Gruppen handeln ausdrücklich mit Verweis auf die Tausenden „Righteous Among the Nations“, die als Nicht-Juden ihr Leben einsetzten, um Juden vor dem Tötungsrausch der Hakenkreuzler zu retten und deren Namen in Yad Vashem verewigt sind. Inspiriert ist die Bewegung auch durch die „U.S. sanctuary states and cities“, die der von Trump angekündigten Massendeportation der jungen „Dreamers“ ohne legalen Aufenthaltstatus Widerstand leistet.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Welches KZ sahen denn die "Deportationspläne des Netanjahu-Regimes" vor? Es juckt den Deutschen immer wieder, die israelische Politik mit der verbrecherischen NS-Politik gleichzusetzen und die Verbrechen der Nazis zu relativieren. Würden Sie bei den Abschiebungen in Deutschland auch von Deportationen sprechen?

      • @Nicky Arnstein:

        Semantic correctness

         

        Zitat von @NICKY ARNSTEIN: „Welches KZ sahen denn die "Deportationspläne des Netanjahu-Regimes" vor? Es juckt den Deutschen immer wieder, die israelische Politik mit der verbrecherischen NS-Politik gleichzusetzen und die Verbrechen der Nazis zu relativieren. Würden Sie bei den Abschiebungen in Deutschland auch von Deportationen sprechen?“

         

        Ja, selbstverständlich, was den sonst? Das Wort „deportieren“ bedeutet bekanntlich zunächst nichts anderes als „abschieben, aussiedeln, ausweisen, in die Verbannung schicken, verbannen, verschleppen, zwangsverschicken; (bildungssprachlich) exilieren; (Politik, Rechtssprache) expatriieren“ (s. Duden). Es bezeichnet mithin zunächst lediglich das polizeilich-administrative Handeln ohne nähre Bezeichnung des Deportationsziels. Dieses Verb einzig auf die politische oder rassistische Verfolgungspraxis der Hakenkreuzler der zwangsweisen Zuführung

        in die Todeslager zum Zwecke der physischen Häftlingseliminierung zu reduzieren würde bedeuten, den euphemistischen Schwindel mit der verharmlosenden Wortwahl „deportieren“ für diese Barbarei hinzunehmen und sich diesem Wording zu unterwerfen. Eingedenk dieser Etymologie handelt es sich bei dem nunmehr vorerst gestoppten Plänen des Netanjahu-Regimes sehr wohl um Deportationspläne strictu sensu.