piwik no script img

Israel schließt Botschaft in IrlandDas Ende einer unterkühlten Beziehung

Die israelische Botschaft in Irland wird geschlossen. Als Grund gibt Israel die „extrem anti-israelische Politik“ Dublins an.

Traditionell eher pro-palästinensisch: Gesellschaft wie Politik in Irland Foto: Clodagh Kilcoyne/reuters

Dublin taz | Israel schließt seine Botschaft in Dublin. „Die Entscheidung wurde vor dem Hintergrund der extremen anti-israelischen Politik der irischen Regierung getroffen“, begründete das israelische Außenministerium. Am Mittwoch voriger Woche hatte sich Irland der Klage Südafrikas gegen Israel wegen Verstoßes gegen die Völkermordkonvention vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) angeschlossen.

Israel hatte bereits im Mai die Botschafterin Dana Erlich aus Dublin abgezogen, nachdem Irland zusammen mit Spanien und Norwegen Palästina formell anerkannt hatte. Die israelische Regierung zwang die Botschafter der drei Länder in Tel Aviv daraufhin entgegen aller diplomatischen Regeln, sich Filmmaterial vom Überfall der Hamas vom 7. Oktober anzusehen. Israel berief seine Botschafter auch aus Norwegen und Spanien ab. Doch keine andere Botschaft in der Europäischen Union, wie auch die Botschaft in Norwegen, wurden bisher geschlossen.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Irland und Israel waren von Anfang an schwierig. Viele Jahre lang war Irland das einzige EU-Land, das keine israelische Botschaft unterhielt. Die Regierung in Dublin lehnte die Eröffnung einer Botschaft einerseits wegen der hohen Kosten für die Sicherheit ab, andererseits wollte man auch die lukrativen Handelsbeziehungen mit den arabischen Ländern und dem Iran nicht gefährden. Erst im Dezember 1993 stimmte die irische Regierung einer israelischen Botschaft zu – am selben Tag, als die „Palästinensische Befreiungsorganisation“ PLO eingeladen wurde, ein Büro in Dublin zu eröffnen.

Im Oktober 2024 kündigte die Regierung die Verabschiedung eines Gesetzes an, das den Handel zwischen Irland und den völkerrechtlich illegalen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten untersagt. Und im November erklärte Premierminister Simon Harris, dass die irischen Behörden den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu festnehmen würden, sollte er nach Irland reisen. Zuvor hatte der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen ihn und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen.

Menschen wie ich fühlen sich in Irland zunehmend unwillkommen und unsicher

Orli Degani, jüdisch-israelische Politikerin in Irland

Jüdische Politikerin in Irland: „zunehmend unsicher“

Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte: „Die antisemitischen Aktionen und die Rhetorik, die Irland gegen Israel einsetzt, basieren auf der Delegitimierung und Dämonisierung des jüdischen Staates.“ Der Oberrabbiner Irlands, Yoni Wieder, sagte, die Schließung der Botschaft folge auf viele Monate, in denen sich irische Politiker geweigert hätten, „die Realitäten eines Krieges anzuerkennen, der gegen dschihadistische Terrororganisationen geführt“ werde, die auf die Zerstörung Israels aus seien.

Der irische Regierungschef Simon Harris bezeichnete die Schließung der Botschaft als zutiefst bedauerlich: „Ich weise die Behauptung, Irland sei israelfeindlich, auf das Schärfste zurück“. „Irland ist für den Frieden, für die Menschenrechte und für das Völkerrecht. Irland will eine Zweistaatenlösung und dass Israel und Palästina in Frieden und Sicherheit leben“, erklärte er. Man werde sich nicht davon abhalten lassen, die Klage gegen Israel vor dem IGH weiterzuverfolgen.

Orli Degani, eine in Deutschland geborene Jüdin mit israelischer Staatsbürgerschaft, die seit mehr als fünf Jahren in Irland lebt, sagte zur Irish Times: „Es ist enttäuschend, dass man meinte, die Botschaft wegen der einseitigen anti-israelischen Haltung der Regierung schließen zu müssen.“ Degani war im Frühjahr wegen ihrer pro-israelischen Haltung als Kandidatin der Sozialdemokratischen Partei von der Liste gestrichen worden. Das sei damals „ein Affront gegen die Werte der Gleichheit und der Inklusivität“ gewesen, sagte sie. „Menschen wie ich fühlen sich in Irland zunehmend unwillkommen und unsicher.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Ich glaube der Hauptgrund, weswegen Irland schon immer mit den Palästinensern sympathisiert hat, ist nicht der Handel mit muslimischen Staaten, sondern die Parallelen der irischen Geschichte mit der palästinensischen: Auch das katholische Irland war Opfer von Siedlungskolonialismus mit religiöser Diskriminierung und hat mit den Troubles in Nordirland viele Jahrzehnte traumatischer Erfahrung im bewaffneten Widerstand gesammelt. Die Große Hungersnot Mitte des 19. Jh., die von den Kolonisatoren verursacht wurde, einen Großteil der Bevölkerung hat sterben lassen, und weitere Millionen zur Auswanderung bewegt hat, ist grundlegend im irischen Selbstverständnis. Wie Israel gerade mit dem Gazastreifen umgeht, trifft da besonders hart. Gleichzeitig hat man mit dem Karfreitagsabkommen und der seitdem andauernden Zeit des Wohlstand und Friedens auch Zuversicht, dass Israel und Palästina mal als gleichberechtigte Staaten in Frieden werden zusammenleben können.

  • Irland könnte doch als Zeichen der Solidarität mit Gaza einfach mal 100.000 besonders gefährdete Palästinenser d.h. Frauen und Kinder aufnehmen. Als eines der reichsten Länder in der EU sollte das kein Problem sein. Bitte Solidarität zeigen. Billiger ist natürlich Israel-Bashing.

    • @Franz Tom:

      Der Ausdruck "Israel-Bashing" ist angesichts massenhafter und gut dokumentierter Kriegsverbrechen vollkommen unangemessen; ich kann nur dazu raten, den c. 300 Seiten langen AI-Bericht zu lesen, das dort geschilderte Ausmass an Gewalt ist zutiefst schockierend (übrigens auch dann, wenn man die rechtliche Einordnung als Völkermord nicht teilt). Den Palästinensern, auch in Frauen und Kindern, hilft man, indem man auf eine Ende des Krieges und eine juristische Aufarbeitung drängt, nicht indem man Israel hilft, die Menschen in Gaza loszuwerden.

  • Der Antisemitismus ist in Irland doch weit verbreitet und das schon lange.



    Das hat garnichts mit den aktuellen Entwicklungen zu tun.