Islamverbände sollen in den Rundfunkrat: Heiße Luft um den NDR

CDU und „Bild“ regen sich über einen Antrag von SPD und Grünen auf, der auch Mus­li­m:in­nen im Rundfunkrat fordert. Dabei ist die Forderung alt.

Ein Schwarz-Weiß-Fernsehgerät zeigt eine Tagesschau in den 60er Jahren

Damit nicht alles grau in grau bleibt, sollen verschiedene Menschen im Rundfunkrat beteiligt werden Foto: NDR/dpa

HAMBURG taz | „SPD und Grüne wollen Islamisten in NDR-Rundfunkrat holen“, titelte die Bild im Juli. Auch im Hamburger Abendblatt echauffierte sich der stellvertretende Chefredakteur Matthias Iken vergangene Woche über eine vermeintliche Blindheit Linker gegenüber dem Islamismus.

Die Berichterstattung geht auf einen Antrag der Fraktionen von SPD- und Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft im Juni zurück. Sie forderten, dass nicht nur die beiden großen deutschen Kirchen im Rundfunkrat des NDR repräsentiert werden, sondern auch Islamverbände. Das wurde eigentlich schon vor knapp zehn Jahren in einem Staatsvertrag mit den vier großen islamischen Verbänden in Hamburg festgelegt.

Die Schura, einer der beteiligten Verbände, geriet aber im Juli in die Kritik, nachdem der Verfassungsschutz das Verbandsmitglied IZH als „Außenposten des Teheraner Regimes“ bezeichnet hatte. Den Verbänden einen Platz im NDR-Rundfunkrat zu ermöglichen, hält der CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator nun für ein „unhaltbares Vorgehen“ von SPD und Grünen. Dabei wird so eine Forderung im Antrag von SPD und Grünen überhaupt nicht gestellt. Vielmehr lässt der Antrag vollkommen offen, in welcher Form ein etwaiger Platz im Rundfunkrat an islamische Religionsverbände vergeben werden soll. Die beiden großen christlichen Kirchen haben das Recht, selbstständig vier Vertreter im Rat zu stellen. So einen Automatismus fordern allerdings weder die Grünen noch die SPD.

Für Hansjörg Schmidt, den medienpolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, ist der Antrag vielmehr ein Signal in dem Gremium „die Vielfalt auszubauen“; die Kritik der CDU hingegen sei „Bundestagswahlkampf“.

Auf die Frage, warum der Antrag dann überhaupt gestellt wurde, antwortet der medienpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Farid Müller: „Wir wollen damit dem Senat den Rücken stärken.“ Ob der Senat Hilfe dabei braucht, sich an seine eigenen Verträge zu erinnern, ist fraglich. Der Antrag fordert nämlich nicht mehr und nicht weniger als das, was sowieso schon beschlossene Sache im Staatsvertrag ist. Und über die Art der Umsetzung schweigt er sich aus.

Verwunderlich ist deshalb auch die Aufregung der CDU, die den Staatsvertrag mit den Islamverbänden unter Ole van Beust selbst verhandelt und auch nicht gegen den aktuellen Antrag gestimmt hat. Auch die Vorwürfe gegen das IZH sind nicht erst seit Juli bekannt. Vielleicht war es also doch nur ein willkommenes Aufregerthema im sonst so inhaltsleeren Bundestagswahlkampf.

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