Internationale Geberkonferenz in Berlin: Millionenhilfen für Moldau

In dem armen Nachbarland der Ukraine leben derzeit 100.000 ukrainische Geflüchtete. Ein Teil soll auf andere Staaten verteilt werden.

Zwei Mädchen mit Mützen sind in Decken gehüllt, eine ißt ein Brot

Am Grenzübergang Palanca in Moldawien: Kinder bekommen eine erste Mahlzeit nach ihrer Flucht Foto: Sergei Grits/ap

BERLIN taz | Humanitäre Hilfen in Höhe von 171 Millionen Euro für die Republik Moldau: So lautet das Ergebnis einer internationalen Geberkonferenz, die seit Dienstag in Berlin stattfindet. Zusätzlich erhält die ehemalige Sowjetrerepublik Unterstützung in Form von Krediten in Höhe von insgesamt 650 Millionen Euro. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Moldau bereits einen sogenannten Ungebundenen Finanzkredit (UFK) in Höhe von 50 Millionen Euro zugesagt.

Die Finanzspritze kommt zur rechten Zeit. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat Moldau rund 390.000 Geflüchtete aus dem Nachbarland aufgenommen, von denen sich aktuell dort noch rund 100.000 Menschen aufhalten. Davon sollen jetzt 12.000 Geflüchtete auf andere Staaten verteilt werden.

Für Moldau, das 2014 ein Assoziierungsabkommen mit Brüssel unterzeichnet und vor vier Wochen den Antrag auf einen Beitritt zur EU gestellt hatte, bedeutet die Versorgung der Geflüchteten eine Kraftanstrengung sondergleichen. Mit einem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von umgerechnet 4.458 Euro pro Kopf, das um mehr als das Fünffache unter dem EU-Durchschnitt liegt, gehört Moldau zu den ärmsten Staaten Europas.

Zwar trägt die proeuropäische Regierung derzeit die Sanktionen gegen Russland mit, ist jedoch, was Gaslieferungen angeht, komplett abhängig. Dass Moskau entschlossen ist, Gas gegen Moldau auch als „Waffe“ einzusetzen, zeigten die Ereignisse vom vergangenen Januar. Wegen nicht vollständig bezahlter Rechnungen drohte Russland damit, den Gashahn abzudrehen. Die moldauische Regierung musste für 60 Tage einen Energienotstand auszurufen.

100 Prozent abhängig von Russland

Doch andere Alternativen gibt es derzeit nicht, wie auch Moldaus Staatspräsidentin Maia Sandu unlängst einräumen musste. Es sei zwar für Moldau unrentabel, von einem Lieferanten zu 100 Prozent abhängig zu sein, doch die Marktsituation sei derzeit sehr angespannt. Daher könnte auf den Kauf von Gas in Russland nicht verzichtet werden. Doch mit diesem Problem stünde Moldau nicht allein da, sagte Sandu bei einer Pressekonferenz am Montag in Chișinău.

Zuvor hatte sie den Montag zu einem Gedenktag für die unschuldigen Menschen ausgerufen, die in ihren Gemeinden und Häusern so grausam getötet worden seien. „Ich möchte, dass die Bür­ge­r*in­nen der Republik Moldau diese schrecklichen Bilder sehen, insbesondere diejenigen, die diesen Krieg nicht verurteilen, und diejenigen, die versuchen, diese Aktionen zu rechtfertigen“, sagte Sandu.

Diese Sätze richteten sich wohl auch an Menschen in Transnistrien. Denn von dort könnte Chișinău Ungemach drohen. Seit dem Bürgerkrieg Anfang der 90er Jahre ist der schmale, international nicht anerkannte Landstreifen, wo vor allem Russisch gesprochen wird, der Kontrolle der moldauischen Regierung de facto entzogen. Schätzungsweise 1.500 russischen Soldaten sind dort derzeit stationiert. Unter anderem bewachen sie ein Waffendepot mit 20.000 Tonnen Munition.

Anfang März hatte die transnistrische Führung die Forderung nach Anerkennung ihrer Unabhängigkeit erneuert. In der vergangenen Woche hatte der ukrainische Generalstab Nachrichten verbreitet, wonach in Transnistrien stationierte Truppen mobilisiert würden und Provokationen an der Grenze zur Ukraine planten – Transnistrien dementierte.

Dennoch geht in Moldau die Angst um, in den Krieg hineingezogen oder zum Ziel eines russischen Angriffs zu werden. Vor wenigen Tagen warf Moldaus früherer Vize-Regierungschef Aleksandr Flenkja die Frage auf, wie Moldau seinen Platz definieren solle. „Neutralität funktioniert gut in Friedenszeiten“, sagte Flenkja. „Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand in Kriegszeiten die Illusion hat, dass das, was uns bisher vor der russischen Invasion geschützt hat, uns auch weiterhin schützen wird.“

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