Insolvenzverfahren von Galeria Kaufhof: Mitarbeitende bangen weiter
Ende Januar müssen die Insolvenzverwalter von Galeria erklären, wie es mit der Warenhauskette weitergeht. Unklar bleibt, wie viele Jobs wegfallen.
Ende Oktober 2022 hat das Unternehmen zum zweiten Mal in zweieinhalb Jahren Insolvenz angemeldet. Seitdem bangen die Mitarbeiter:innen, ob sie ihre Jobs behalten können oder nicht. Erst hieß es, dass 90 Filialen geschlossen werden sollen. Dann sprach Firmenchef Miguel Müllenbach von mindestens einem Drittel, also etwa 40 Filialen. Am Dienstag teilte das Unternehmen mit: „Die Zahl der Filialen, die im Fokus der Prüfung einer Schließung standen, konnte deutlich reduziert werden.“ Und nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung sollen jetzt 60 Standorte zugemacht werden.
Insgesamt arbeiten 17.400 Mitarbeiter:innen bei Galeria. Viele von ihnen haben inzwischen selbst gekündigt. Andere kämpfen öffentlich gegen mögliche Schließungen. Vor dem Galeria-Haus in Goslar etwa haben Beschäftigte zusammen mit der Gewerkschaft Verdi 5.000 Unterschriften gesammelt.
„Für viele Mitarbeiter wird es jetzt sehr eng“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch. Er ist Leiter der Abteilung Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Er sieht verschiedene Gründe dafür, warum Galeria in so kurzer Zeit schon wieder Insolvenz anmelden musste. „Die Inflation ist sicher einer davon“, sagt Hantzsch. Verbraucher:innen würden weniger Geld ausgeben als vor der Pandemie, die Einnahmen seien also gesunken. Zugleich seien die Energiekosten für „die enorm großen Flächen“ gestiegen, so Hantzsch. Er selbst finde das Prinzip Kaufhaus auch „nicht mehr zeitgemäß“, Galeria könne einiges von Amazon lernen. Seiner Einschätzung nach hätten vor allem die Filialen in den Großstädten gute Chancen, bestehen zu bleiben. Für mittelgroße Städte sehe es hingegen schlecht aus. Nur ein „radikaler Umbruch im Konzept“ könnte die Kaufhauskette langfristig retten, sagt Hantzsch.
In Zukunft regionaler und dezentraler
Das Handelsblatt berichtete über die aktuellen Pläne von Galeria Kaufhof, das Unternehmen wolle stärker auf Regionalisierung setzen und sich stärker dezentral aufstellen. Dafür sollten die einzelnen Standorte mehr Verantwortung bekommen. Alle Filialen, die bestehen blieben, sollten in den kommenden drei Jahren renoviert werden.
Die Warenhauskette gehört dem österreichischem Milliardär René Benko. Beim letzten Insolvenzverfahren 2020 schlossen am Ende 41 Filialen, 4.000 Arbeitsplätze wurden gestrichen. Damals traf vor allem die Pandemie die Kaufhäuser.
Was Mitarbeiter:innen Mut machen könnte: Anders als 2020 hätten sich bereits Bieter für einige der Standorte gefunden. Für 20 Filialen gebe es Verkaufsgespräche. So soll zum Beispiel die erst vor einem Jahr gestartete Dortmunder Modehandelskette Aachener an mehreren der kleinen Filialen interessiert sein. Im Falle einer Übernahme sollen auch die Arbeitsplätze bestehen bleiben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt