Indien will neue Kampfjets: Auf Einkaufstour in Europa
Der größte Waffenimporteur der Welt modernisiert seine Luftwaffe und düpiert dabei die USA. Es geht um insgesamt elf Milliarden US-Dollar.
NEU-DELHI taz | Es geht um elf Milliarden US-Dollar, den größten Kampfflugzeug-Auftrag der letzten Jahre. Kaufen will die Jets Indien, der größte Waffenimporteur der Welt. Kein Wunder, dass die Lobby seit Monaten auf Hochtouren läuft.
Nun ist eine Vorentscheidung gefallen: Am Freitag nahm das Verteidigungsministerium in Neu-Delhi ernsthafte Verhandlungen auf: mit dem französischen Konzern Dassault, das den bislang im Ausland eher unbeliebten Rafale baut, und dem Eurofighter-Konsortium, in dem Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien zusammenarbeiten.
Aus dem Rennen sind demnach die USA mit ihren Unternehmen Boeing und Lockheed Martin sowie Schweden mit Saab Bofors Dynamics, aber auch die russischen Rüstungsfirmen.
Entsprechend enttäuscht zeigte sich der US-Botschafter in Indien, Timothy Roemer. "Wir bleiben weiter davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten ihren Verteidigungspartnern auf der ganzen Welt die beste und zuverlässigste Technologie anbieten", sagte er.
US-Botschafter tritt zurück
Roemer war am Donnerstag aus "familiären Gründen" zurückgetreten und hatte so Spekulationen genährt, seine Entscheidung sei auch eine Reaktion auf den Verlust des Milliarden-Auftrags. US-Präsident Barack Obama hatte sich bei seinem Indien-Besuch Ende letzten Jahres persönlich für die US-Rüstungsfirmen eingesetzt.
Der Gewinner der Ausschreibung muss die Endmontage für sein Flugzeug in Indien vornehmen, was einer Lizenzfertigung entspricht. Und er muss 50 Prozent des Auftragswerts in indische Zulieferer investieren.
Indien rüstet auch weiterhin für einen konventionellen Krieg auf. Es bezieht mehr als 70 Prozent seines Rüstungsbedarfs aus dem Ausland. Zwischen 2006 und 2010 importierte das Land nach einer Studie des Stockholmer International Peace Research Institute SIPRI neun Prozent aller weltweit hergestellten Kampfjets, Panzer und anderer Waffen und überholte damit sogar das bis dahin führende China.
In der Vergangenheit stammten die Waffen vor allem aus Russland. Indien hat seit seiner Unabhängigkeit 1947 bereits drei Kriege gegen Pakistan und einen gegen China geführt.
Keine Ende der Lobbyarbeit
Ob die Europäer am Ende wirklich den Zuschlag erhalten, bleibt abzuwarten. Ende 2007 verlor das europäische Konsortium EADS in letzter Sekunde den fast unterschriftsreifen Vertrag für 197 Eurocopter im Wert von über mehr als 600 Millionen US-Dollar. Beobachter sahen darin den Erfolg der politischen Lobbyarbeit der Amerikaner für die US-Firma Bell.
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