In Politik und Fernsehen: Ein Kommen und Gehen

In dieser Woche war Bewegung drin: Max Otte wurde aus der CDU ausgeschlossen, Lisa Fitz verlässt den SWR und Erika Steinbach tritt in die AfD ein.

Lisa Fitz steht auf eienr Bühne mit ausgetrecktem Arm

Lisa Fitz schmeißt hin und verlässt den SWR Foto: imago

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der wirre Ottefant tritt für die AfD zur Bundespräsidentenwahl an.

Und was wird besser in dieser?

Sie wechseln auf Erika Steinbach. Frau, Migrantin – perfekt.

Das Normandie-Format wird wiederbelebt, Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland setzen sich an einem Tisch. Annalena Baerbock sagt: „Wer redet, schießt nicht.“ Ist das „Appeasement“ – wie einige Kri­ti­ke­r:in­nen spötteln – oder die große Stunde der Diplomatie?

„Appeasement“ war die naiv-dumme Strategie einer Clique um den britischen Premier Chamberlain, Hitlers Raub des Sudetenlandes zu tolerieren. In dem Vergleich ist Baerbock Chamberlain, Putin Hitler und die Krim Anfang eines Weltkrieges. Hab ich keine Lust drauf. Brandt und Bahrs „Wandel durch Annäherung“ wurde ähnlich geziehen und führte doch zur deutschen Einheit. In den USA forderte 1997 ein offener Brief höchster Mandatsträger von Präsident Clinton, die Nato-Osterweitung zu stoppen, weil sie in Russland als Aggression wahrgenommen werde. Man solle lieber die EU nach Osten erweitern und eine Nato-Russland-Partnerschaft intensivieren. Das wäre das dritte Modell.

Die Ukraine befürchtet einen Krieg, Deutschland eilt mit 5.000 Helmen zu Hilfe und Linksfraktion-Vorsitzende Amira Mohamed Ali wertet das als Säbelrasseln. Klingt es so, wenn Säbel rasseln?

Prototypisch der Artikel vom Spiegel über „Gas-Lobbyist und Exkanzler Schröder“, der sich ähnlich gegen „Säbelrasseln in der Ukraine“ positioniert. Der Text, der auf einer dpa-Meldung basiert, zitiert knapp Schröders Podcast, schraffiert kurz die Position der Bundesregierung und pumpt dann, bald ist Frühjahr, dieselbe Textmenge Gülle und Klärschlamm hinein. Vermutetes Gehalt, abseitige Neigungen zu Russland, so was. Wenn das Nachrichtenjournalismus ist, wird es eng, sich daneben noch Propaganda vorzustellen – eben das, was der Spiegel Schröder vorwirft. Kürzlich hörte ich im WDR raunen: „Mist, die,Tages­themen' haben dem,Morgenmagazin' Platzeck weggeschnappt.“ Vulgo: Spärliche Versuche, ein differenziertes Spektrum abzubilden, scheitern inzwischen daran, dass nur noch fertig demolierte Gesprächspartner da sind. Die Linke Ali müsste also gar keinen hell lodernden Bullshit reden, um nicht gehört zu werden.

Die Kirchenaustritte der Ka­tho­li­k:in­nen in Bayern häufen sich, aber Kardinal Reinhard Marx bleibt. Kann der Mann, der so lange nichts getan hat, jetzt der große Reformer der katholischen Kirche werden?

Er findet: Nein. Und hatte dem Papst bereits im Juni 2021 seinen Rücktritt vorgeschlagen. Damals wetterleuchteten die vernichtenden Enthüllungen voraus. Franziskus beschied ihm: „Mach weiter, wie Du es vorschlägst, aber als Bischof.“ Zwei Optionen, dies aus dem Kirchenlatein zu übersetzen: 1. In der Brut, die das angerichtet hast, bist Du noch der Brauchbarste, es aufzuklären. Oder 2. Du sollst nicht unfallfliehen. Wie so oft, wenn man Gott fragt, schweigt er und führt einen so zu seiner Antwort: Beides.

Max Otte ist vorläufig aus der CDU ausgeschlossen worden, nachdem er sich von der AfD als Präsidentschaftskandidat hat aufstellen lassen. Das passiert unter den Fittichen des neuen CDU-Chefs Friedrich Merz. Klare Kante gegen rechts – ist Merz nun glühender Antifaschist?

2017 forderte die „Werte-Union“ die CDU auf, Otte rauszuschmeißen. Wirres Wüten gegen „illegale Masseneinwanderung“, Wahlaufruf zugunsten der AfD, dann wieder harsche Kapitalismuskritik abgeschmeckt mit einem Schuss Nazi-Relativierung: Da war für jeden was dabei. Die Frage: „Was brachte das Fass zum überlaufen“, ist hier nicht als Bodyshaming zu verstehen. Sondern simpel: Man kann in der CDU allerhand Quatsch reden, solange man die Machtstruktur nicht infrage stellt. Merz’ Reaktion wirkt charmant wie ein Fallbeil, unterstreicht jedoch: Spintisierende Inhalte sind nicht entscheidungsrelevant. Aufatmen bei Hans-Georg Maaßen.

Die Kabarettistin Lisa Fitz verlässt die Satire-Sendung „Spätschicht“ (SWR), nachdem sie Quatsch über Impftote erzählt hat. Wie hart würden Sie als Intendant durchgreifen?

Fitz hat „Impftote“ mit „toten Geimpften“ verwechselt, die taz hat’s nachgewiesen und Fitz sich entschuldigt. Sie sei nicht Impfgegnerin noch Coronaleugnerin. Der SWR ließ Gnade vor Hirn ergehen, doch trotzig schmeißt Fitz nun hin. Kurze Zusammenfassung für Verschwörer: „Systemmedium feuert kritische Widerstandshumoristin“. Daran stimmt nichts, doch es macht halt Welle.

Boris Johnson ließ sich die Party nicht nehmen – auch nicht, als das ganze restliche Land dazu verpflichtet wurde, aufs Feiern zu verzichten. Wann waren Sie zuletzt richtig schön feiern?

Ich bin seit drei Jahren 58 und der Honk säuft sich durchs Regierungsviertel. 


Nächste Woche endlich Olympia! Ist das Austragen in Peking ein Akt der Güte, so wie wenn Fifa-Boss Infantino es bezeichnet, wenn er vorschlägt, die WM öfter in Afrika auszutragen?


Infantino meint, Flüchtlinge blieben zu Hause, wenn dort ordentlicher Fußball geboten würde. Ich möchte sehen, wie er einen isst.

Und was machen die Borussen?

Dank Bundesliga-Pause trat BVB II beim Drittligisten Osnabrück mit den Profis Dan Axel- Zagadou, Felix Passlack, Youssoufa Moukoku und Steffen Tigges aus der ersten Mannschaft an. Es ging 2:2 aus; in Hundejahren gerechnet ungefähr 10:0 für Osnabrück.

 Fragen: Anna Meyer-Oldenburg

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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