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Impfstoff-Test in DeutschlandEs läuft an

Das Mainzer Unternehmen Biontech erprobt Wirkstoffe gegen Sars-CoV-2 zunächst an etwa 200 Menschen. Bis zum fertigen Impfstoff wird es aber dauern.

Weltweit wird mit Hochdruck an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Sars-CoV-2 gearbeitet Foto: Biontech/dpa

Berlin taz | Erst mit einem Impfstoff, da sind sich die ExpertInnen weitgehend einig, wird die aktuelle Corona-Epidemie endgültig gestoppt werden können. Weltweit wird darum mit Hochdruck an der Entwicklung eines solchen Mittels gearbeitet; auf einer Liste der Weltgesundheitsorganisation befinden sich über 70 Vorhaben. Doch erst vier davon – zwei in den USA, eins in China und eins in Großbritannien – waren bisher schon so weit, dass erste Tests an Menschen genehmigt worden sind.

Am Mittwoch ist nun ein fünftes Projekt aus Deutschland dazugekommen: Das Paul-Ehrlich-Institut, die für die Zulassung von Impfstoffen zuständige Bundesbehörde, erteilte dem Mainzer Unternehmen Biontech die Genehmigung für die klinische Prüfung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus Sars-CoV-2. Getestet werden soll er in einer ersten Phase an rund 200 freiwilligen gesunden Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren.

Dabei soll zunächst die generelle Verträglichkeit ermittelt und die Ausbildung einer spezifischen Immunantwort gegen den Erreger geprüft werden. Das wird nach Angaben des Paul-Ehrlich-In­sti­tuts etwa 3 bis 5 Monate dauern. In einer zweiten Phase soll der potenzielle Impfstoff dann auch an Menschen getestet werden, die zur Corona-Risikogruppe gehören.

Aus Sicht des Paul-Ehrlich-Instituts ist der Beginn der klinischen Erprobung ein „wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu sicheren und wirksamen Impfstoffen“ gegen das neuartige Coronavirus. Nach einer „sorgfältigen Bewertung des potenziellen Nutzen-Risiko-Profils“ und durch eine „intensive wissenschaftliche Beratung“ des Herstellers im Vorfeld sei das Genehmigungsverfahren innerhalb von nur vier Tagen abgeschlossen worden. Biontech-Geschäftsführer Uğur Şahin zeigte sich erfreut, dass die Tests „früher als erwartet“ beginnen können.

Langer Weg zum Impfstoff

Auch in der Politik wurde die Nachricht erfreut aufgenommen. Wis­sen­schaftministerin Anja ­Karliczek (CDU) sprach von einem „wichtigen Schritt auf dem langen Weg zu einem Impfstoff“. Auch CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn bezeichnete die Genehmigung als „gutes Signal“, warnte aber, die weitere Entwicklung werde noch Monate dauern.

Bei dem potenziellen Impfstoff, den das 2008 gegründete deutsche Unternehmen Biontech in Zusammenarbeit mit dem US-Pharmakonzern Pfizer entwickelt, handelt es sich um einen sogenannten RNA-Impfstoff. Dieser enthält die genetische Information zur Herstellung von Proteinen, die sich auch auf der Oberfläche des Sars-CoV-2-Virus befinden. Diese sind im Gegensatz zum eigentlichen Virus ungefährlich, regen aber wegen ihrer Ähnlichkeit mit diesem im Körper trotzdem die Produktion von Antikörpern an, die dann auch gegen das eigentliche Virus wirken.

Das noch recht neue Verfahren der RNA-Impfstoffe hat unter anderem den Vorteil, dass sich der Stoff, sofern er sich als wirksam herausstellt, schneller in größeren Mengen herstellen lässt als klassische Impfstoffe. Auf einen RNA-Impfstoff setzt auch ein weiteres deutsches Unternehmen, CureVac aus Tübingen, an dem der SAP-Gründer Dietmar Hopp beteiligt ist und das kürzlich Schlagzeilen machte, weil sich die USA dessen Impfstoff angeblich exklusiv sichern wollten.

Außer auf RNA- und DNA-Impfstoffen, die derzeit auch schon in klinischen Studie in den USA erprobt werden, ruhen die Hoffnungen zudem auf sogenannten Vektor-Impfstoffen, bei denen die Oberflächenproteine von Sars-CoV-2 mithilfe von Trägern, etwa harmlosen anderen Viren, übertragen werden, um die Bildung von Antikörpern zu stimulieren. Auf diesem Verfahren beruhen zwei weitere potenzielle Impfstoffe, für die bereits Tests an Probanden in China und Großbritannien begonnen haben. Auch am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung, einem staatlich geförderten deutschlandweiten Forschungsverbund, wird an zwei Vektor-Impfstoffen gearbeitet. Dort ist eine klinische Prüfung in Vorbereitung.

Ausweitung des Tests noch 2020?

Auch wenn mit dem Beginn der Tests an Menschen nun ein wichtiger Zwischenschritt erreicht wurde, ist es bis zur generellen Verfügbarkeit eines Impfstoffs noch ein langer Weg. Sollten die Beobachtungen aus den ersten Tests positiv ausfallen, könnten „schon in diesem Jahr“ größere klinische Prüfungen mit Tausenden Teilnehmern beginnen, sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, am Mittwoch. Anschließend muss dann die eigentliche Produktion anlaufen, die je nach verwendeter Technologie ebenfalls einige Zeit dauert. Ein Hersteller allein werde den weltweiten Bedarf nicht decken können, so Cichutek bereits vergangenen Freitag.

Auf einen Zeitpunkt, zu dem ein Impfstoff zur Verfügung stehen könnte, wollte sich das Paul-Ehrlich-Institut nicht festlegen. „Wir wollen nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können“, sagte Cichutek. Die Politik habe nur begrenzten Einfluss darauf, hatte er bereits zuvor erklärt. „Nicht die Zulassung dauert lange, sondern die Entwicklung.“ Der Berliner Virologe Christian Drosten hatte in seinem NDR-Podcast kürzlich gesagt, er rechne frühestens in einem bis eineinhalb Jahren mit einem zugelassenen Impfstoff.

Zumindest an der Börse ist die Hoffnung, dass Biontech mit seinem Impfstoff erfolgreich sein wird, aber offenbar groß: Der Kurs des Unternehmens stieg nach der Zulassung der Tests am Mittwoch zwischenzeitig um 60 Prozent. Er liegt damit etwa fünfmal so hoch wie beim Börsengang im Januar, aber niedriger als im März, als das Unternehmen die Arbeit an einem Corona-Impfstoff angekündigt hatte.

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2 Kommentare

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  • Erinnert sich eigentlich keiner mehr an die fürchterlichen Nebenwirkungen der völlig überhastet eingeführten Schweinegrippe-Impfung 2009 mit Pandemrix? Die Medien berichteten darüber: allergischer, Schock, Gesichtslähmung, Gehirnentzündung, Narkolepsiefälle v.a. bei Kindern und Jugendlichen (siehe z.B. das Ärzteblatt). Und das obwohl Informationen zu diesen Nebenwirkungen des in Europa eingesetzten Mittels bekannt waren. Eine Autorin des Spiegel kam damals schon zu folgendem Schluss: "(Die Pandemie)... ist ein Lehrstück dafür, was passieren kann, wenn Hektik und hochkochende Emotionen die Diskussion bestimmen - und nicht Nachdenklichkeit, Fakten, Ehrlichkeit und ein klarer Kopf. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, was passieren kann, wenn Querdenker nicht gehört werden, etwa der Epidemiologe Tom Jefferson, der für die Cochrane Collaboration und die Universität Oxford arbeitet..." Damit, nämlich 'Querdenker' in der Debatte gleichermaßen zu hören, zumal Wissenschaftler (!), damit tun sich in der heutigen Krise die Medien und auch so mancher politische Entscheidungsträger einmal mehr schwer.

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