Hustensaft-Skandal in Indien: Pharmafirma im Visier

Knapp 70 Kinder in Westafrika sind an verunreinigtem Hustensirup aus Indien gestorben. Nun wird über die ersten Konsequenzen diskutiert.

Ein Mann kramt in einem Plastiksack, mehrere Säcke sind an eine Hauswand gelehnt

Ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes inspiziert Säcke mit Hustensaft in Gambia Foto: Milan Berckmans/afp

MUMBAI taz | Die Apotheke der Welt hat in diesen Tagen mit schlechter Presse zu kämpfen. Grund dafür ist lebensgefährlich gepanschter Hustensaft, der bisher knapp 70 Kindern im westafrikanischen Gambia das Leben gekostet hat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Tagen vor vier Präparaten aus Indien (Promethazine Oral Solution, Kofexmalin Baby Cough Syrup, Makoff Baby Cough Syrup und Magrip N Cold Syrup), die starke Verunreinigungen enthalten sollen und in Westafrika vertrieben wurden.

Der Präsident Gambias, Adama Barrow, hatte dem indischen Pharmahersteller am Samstag die Lizenz entzogen. Nun droht dem Unternehmen Maiden Pharmaceuticals auch der Lizenzentzug in Indien. Der Verband der Pharmaexporteure Indiens hat Maiden bereits die Mitgliedschaft suspendiert, wohl um seinem Ansehen nicht zu schaden. Am Wochenende meldete sich das Unternehmen nach längerem Schweigen „schockiert und zutiefst betrübt“ über die Medienberichte und Todesfälle. „Wir sind seit über drei Jahrzehnten im Bereich der Arzneimittel tätig und haben die Protokolle der Gesundheitsbehörden (…) gewissenhaft befolgt“, äußerte sich der Direktor des Unternehmens, Vivek Goyal, in einer offiziellen Erklärung. Doch das wird nicht von allen als glaubwürdig eingestuft.

Indische Gesundheitsexperten wie der Whistleblower Dinesh Thakur und der Aktivist T. Prashant Reddy dagegen bezeichnen das Unternehmen als Gewohnheitstäter. Nach Recherchen indischer Medien soll die Firma, die mit den Todesfällen in Gambia in Verbindung gebracht wird, in diesem Jahr in Indien viermal die Standards für die Produktion anderer Medikamente nicht eingehalten haben. Unterdessen werden Proben der für den Export bestimmten Sirupe in Indien getestet. Die WHO konnte laut Pressemitteilung Verunreinigungen mit den Stoffen Diethylenglycol und Ethylenglycol feststellen. Diethylenglycol ist bekannt als Frostschutzmittel oder bei der Herstellung von Bremsflüssigkeit. Durch dessen Verwendung als Hilfsstoff in Arzneimitteln wurden aber bereits schwere Vergiftungswellen weltweit ausgelöst. Es kann Nierenversagen verursachen und zum Tod – vor allem bei Kindern – führen.

Gefälschte oder minderwertige Medikamenten

Auch in Indien hat der tragische Vorfall für Aufregung gesorgt, allerdings wird der Hustensaft des in Nordindien ansässigen Unternehmen Maiden Pharmaceuticals nicht auf dem heimischen Markt verkauft, heißt es zumindest. Experten stellten aber klar, dass mit einer Herstellungslizenz in Indien auch der Verkauf im Land möglich wäre. Im März wurden Tabletten von Maiden, die zur Behandlung von Kalzium- und Vitamin-D-Mangel eingesetzt werden, bei Labortests als mangelhaft befunden. Es sind Tabletten, die in der gleichen Produktionsstätte hergestellt wurden.

Nach Recherchen indischer Medien soll die Firma, die mit den Todesfällen in Gambia in Verbindung gebracht wird, in diesem Jahr in Indien viermal die Standards für die Produktion anderer Medikamente nicht eingehalten haben.

Zudem wurde die Firma von Vietnam auf die Schwarze Liste gesetzt. In mehreren indischen Bundesstaaten gilt das Pharmaunternehmen als umstritten. Die Regierung des Bundesstaates Bihar hatte das Unternehmen in der Vergangenheit mehrmals erwischt, wie es gefälschte oder minderwertige Medikamente im Bundesstaat lieferte, berichtet die Zeitung Jagran. Im Bundesstaat Kerala bemängelten Behörden kürzlich minderwertige Produkte des Unternehmens. Beamte der Zentralregierung sind mit dem Fall befasst. Nachdem der indische Untersuchungsbericht eintreffe, würden „strenge Maßnahmen ergriffen, wenn sich die Vorwürfe erhärten“, sagte der Gesundheitsminister aus dem nordindischen Haryana Anil Vij.

Die Warnung der WHO war für viele ein Schock, da Indien ein Drittel der weltweiten Medikamente, vor allem kostengünstige Generika, herstellt.

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