Hotline „Gewalt gegen Frauen“: Mehr Anrufe bei Gewalt-Hilfetelefon
In der Pandemie gingen beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ viel mehr Anrufe ein als sonst. Auch die Zahl der registrierten Übergriffe stieg laut Behörden.
Das Hilfetelefon berät Frauen, denen physische, sexualisierte oder auch psychische Gewalt wie Mobbing zu Hause, auf der Arbeit oder anderswo angetan wurde.
Während der Corona-Pandemie hatte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die Aktion „Zu Hause nicht sicher“ gestartet, bei der vor allem in Supermärkten stärker als früher auf das Hilfetelefon aufmerksam gemacht wurde. Hintergrund war die Sorge, dass Frauen im Lockdown schwerer Hilfe bekommen und Gewalttaten unbemerkt bleiben. Die gestiegene Zahl der Anrufe erklärt Söchting zum Einen mit der erhöhten Aufmerksamkeit für die Nummer.
Giffey sagte, sie gehe aber auch davon aus, dass ein tatsächlicher Anstieg der Fälle zu mehr Anrufen geführt habe. Eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ bei Innenministerien und Landeskriminalämtern in den 16 Bundesländern hatte bereits gezeigt, dass es im vergangenen Jahr im Bereich häusliche Gewalt mehr Fälle gegeben habe. Demnach wurden 158.477 Opfer häuslicher Gewalt durch den Partner oder Ex-Partner polizeilich registriert – ein Anstieg von sechs Prozent gegenüber 2019.
Dort, wo schon belastende Situationen vorgelegen hätten, sei Überforderung und Frust während der Pandemie häufiger in Gewalt umgeschlagen, sagte Giffey. Söchting sagte, die Belastungen hätten durch räumliche Enge, Homeoffice und Home-Schooling, Angst vor Jobverlust und fehlende Freiräume zugenommen. Möglichkeiten wie ein Kaffeetrinken bei Freunden, die schwierige Situationen deeskalieren können, seien weggefallen.
Gefehlt habe auch die soziale Kontrolle etwa durch Kontakte am Arbeitsplatz, sagte Giffey. Söchting ergänzte, dass auf der anderen Seite aber Hinweise von Nachbarn zugenommen hätten. Durch das Arbeiten im Homeoffice seien mehr Problemfälle in der Nachbarschaft aufgefallen, die sonst vielleicht unbemerkt geblieben wären. Rund 9.000 der Telefonkontakte gehen auf sogenannte Unterstützer für Frauen in Not zurück, zu denen auch Nachbarn gehören.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist rund um die Uhr unter der Nummer 08000/116016 erreichbar. Hilfsangebote gibt es auch per Chat oder Online-Beratung unter www.hilfetelefon.de. Beratung gibt es in 17 Sprachen sowie in Leichter und Gebärdensprache.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!