Horst Seehofer und syrische Geflüchtete: Horsts Abschiebestoppstopp

Ein Ausflug in die (völlig fiktiven) Tagträume des Horst Seehofer. Syrische Diktatoren kommen drin vor, und eine Störchin freut sich.

Horst Seehofer hat seine Hand nachdenklich ans Kinn gelegt. Er ist ein alter, dicker Mann mit weißen Haaren. Bei der letzten Rasur sind ein paar Stoppel stehen geblieben.

Was träumt er wohl gerade? Wir haben darüber bisher keine gesicherten Informationen Foto: Michael Kappeler/dpa

Von was träumt eigentlich Horst Seehofer so? Das habe ich mich neulich gefragt und mir vorgestellt, wie er mit einem Lächeln geflüchtete Kinder auf dem Flughafen München in einen Cargo-Flieger der Bundeswehr drängt, um sie wenige Flugstunden später über Kriegsgebieten im Nahen Osten und Nordafrika aus der Maschine zu schubsen. Seehofer lacht in meiner Vorstellung dann böse wie Mister Burns (aus den „Simp­sons“), sieht aus wie der agile Opa von „Chucky“ (die Mörderpuppe), seine Energie entleiht er der Königin Ravenna (aus „Schneewittchen“).

Sie meinen, dass ich es ein wenig übertreibe mit der Karikatur? Seehofer hat vor einigen Tagen laut darüber nachgedacht, den generellen Abschiebestopp für Syrien zu beenden. Dieser befristete Abschiebestopp in das Bürgerkriegsland wird in Deutschland seit 2012 regelmäßig verlängert, der nächste Termin wäre der 31. Dezember. Die SPD-Innenminister der Länder plädierten hingegen dafür, ihn erneut um sechs Monate zu verlängern.

Seehofer sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass er bei Straftäter*innen und Gefährder*innen in jedem Fall prüfen lassen wolle, ob sie nach Syrien abgeschoben werden könnten. Das klingt in den Ohren seiner möglichen Nachfolgerin Beatrix von Storch bestimmt richtig geil und seine Chefin Angela Merkel doesn’t give a fuck, anscheinend.

Rechtlich und logistisch betrachtet ist es derzeit fast unmöglich, syrische Straftäter*innen und Gefährder*innen auf diesem Weg loszuwerden. Syrien ist Kriegsgebiet. Die Bundesrepublik Deutschland unterhält zum Assad-Regime (noch) keine diplomatischen Beziehungen. Von München (und den meisten anderen Flughäfen auf dieser Welt) existieren keine Direktflüge nach Damaskus.

Sobald es chic ist, wird abgeschoben

Warum also das Ganze? Es geht hier nicht um Kriminalität oder Terrorismus, noch nicht mal darum, dass auch Kriminelle und Terrorist*innen rechtlich betrachtet nicht in den Krieg abgeschoben werden dürfen. Es geht vielmehr um Seehofers Tagtraum (ja, in meiner Vorstellung schläft er nicht – so wie der Bösewicht Gustav Graves aus dem schlecht bewerteten James-Bond-Film „Stirb an einem anderen Tag“, den ich natürlich nie gesehen habe).

Schon 2015, als sich Deutschland mit seiner Fake-Willkommenskultur beweihräuchert hat, machte ich mir Sorgen, dass irgendwann mal der Tag kommen wird, an dem vor allem Syrer*innen wieder ins Krisengebiet zurückgeschickt werden. In den 1990er Jahren machte es die Bundesregierung so mit Zehntausenden Geflüchteten aus dem Balkan: Sobald das Innenministerium denkt, es ist jetzt politisch chic, werden Menschen abgeschoben. Der Vorstoß von Seehofer – der ohnehin nicht von ihm sondern von der Innenministerkonferenz einstimmig beschlossen werden müsste – ist ein Toröffner auf den der syrische Diktator Baschar al-Assad gewartet hat: Die politische Normalisierung seines Regimes. Aber who cares? Seehofer jedenfalls nicht.

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Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Bei Twitter schreibt er unter dem Handle @mamjahid, bei Instagram @m_amjahid. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen.

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