Horst Mahler verlässt Haft: Zurück in die Freiheit
Mehr als zehn Jahre saß Horst Mahler wegen Volksverhetzungen in Haft, nun ist er frei. Über seine Führungsauflagen wird weiter gestritten.
Besonderheiten bei der Haftentlassung habe es nicht gegeben, hieß es aus der JVA. Vor seiner Inhaftierung lebte Mahler in Kleinmachnow bei Berlin. Gestritten wird indes noch über die Führungsauflagen, denen Mahler in Freiheit folgen soll.
Die wegen seiner letzten Verurteilung zuständige Staatsanwaltschaft München will für den Rechtsextremisten ein fünfjähriges Publikationsverbot auf seiner Webseite erwirken. Dazu soll Mahler alle Texte, die er anderweitig veröffentlichen will, vorab dem LKA Brandenburg vorlegen. Es bestehe „die konkrete Gefahr“, dass er weiter „antisemitisches Gedankengut verbreiten wird“.
Mahler kritisierte das Publikationsverbot und legte dagegen Widerspruch ein. Eine Anhörung vor dem Landgericht Potsdam Anfang Oktober blieb allerdings ergebnislos, weil Mahler einen Befangenheitsantrag gegen die Richter stellte. Über den Antrag ist laut Landgericht noch nicht entschieden. Mahler wurde am Montag also vorerst ohne diese Auflagen in die Freiheit entlassen.
Noch aus der Haft antisemitische Tiraden
Der 84-Jährige, der sich in den Siebziger Jahren der RAF anschloss und später nach rechts abdriftete, war wegen wiederholter antisemitischer Ausfälle und Holocaustleugnungen von mehreren Gerichten verurteilt worden, was sich zu der gut zehnjährigen Haftstrafe summierte. Die Haft war lediglich von 2015 bis 2017 aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt, weil Mahler wegen einer Diabetes ein Unterschenkel amputiert werden musste.
Weil er in Freiheit aber seine Tiraden fortsetzte, sollte er 2017 wieder in Haft. Mahler setzte sich daraufhin nach Ungarn ab, wurde aber gefasst und wieder inhaftiert. Ende 2018 wurde ihm in der JVA nach eigener Auskunft auch der zweite Unterschenkel amputiert.
Auch im Gefängnis gab sich Mahler weiter ungeläutert, verfasste dort antisemitische Schriften. Noch in jüngsten Schreiben wetterte er über eine „jüdische Fremdherrschaft“ und „Erschaffung des Holocaust-Narrativs“. Er befinde sich in „Kriegsgefangenschaft“, Anklagen gegen ihn seien im Auftrag von „Judenräten“ erfolgt. Die Staatsanwaltschaft München attestiert Mahler einen notorischen Antisemitismus: Er habe sich „durch die verhängten Strafen nicht beeindrucken lassen und seine bisherigen Einstellungen und Verhaltensweisen beibehalten“.
In der rechtsextremen Szene wird Mahler mit offenen Armen empfangen. Noch zu Haftzeiten gab es Kundgebungen für seine Freilassung, Gesinnungskameraden schickten ihm Briefe in die JVA. Die rechtsextreme Splitterpartei „Der III. Weg“ bezeichnete Mahler am Dienstag als „Dissidenten“, der gegen die deutsche „Gesinnungsjustiz“ kämpfe.
Dieser Kampf ist auch mit der jetzigen Haftentlassung nicht beendet. Denn gegen Mahler liegen weitere Anklagen vor, unter anderem wegen einer in Haft verfassten antisemitischen Schrift. Die Verfahren seien in Bearbeitung, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Potsdam. Womöglich währt die Freiheit für Horst Mahler damit nicht lange.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“