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Hooligan-Krawalle in Köln„Eine reine Neonazi-Demonstration“

Antira-Initiativen wurden aus den Stadien verdrängt, sagt Pavel Brunßen vom linken Fan-Magazin „Transparent“. So konnte die rechte Hoolszene anwachsen.

Kategorie-C-Fans am Sonntag in Köln: Die Polizei verwendet diesen Begriff für gewaltsuchende Fußballfans Bild: dpa
Martin Krauss
Interview von Martin Krauss

taz: Herr Brunßen, am Sonntag sind in Köln mehrere tausend Hooligans aufmarschiert. Hat Sie das überrascht?

Pavel Brunßen: In der Intensität und Quantität, wie es da abging, habe ich das nicht erwartet. Vorher war ja die Rede von Teilnehmerzahlen zwischen 1.000 und 1.500. Mittlerweile muss man von mindestens 3.000 bis 4.000 ausgehen, vielleicht mehr. Sie kamen aus der rechtsextremen und aus der Hooliganszene, und haben sich explizit neonazistisch geäußert. Eine enorm hohe Aggressivität war da zu beobachten.

Bislang wurde mit guten Gründen argumentiert, dass Hooligans keine Nazis sind. Nun haben sie sich selbst als Rechtsextreme präsentiert. Wie ist das zu erklären?

Die Gruppen sind immer noch nicht gleichzusetzen. Es gibt Überschneidungen, zum Teil sogar sehr große Überschneidungen, aber dennoch sind diese Gruppen nicht identisch. Gleichwohl muss man mehr, als es bislang geschehen ist, darauf aufmerksam machen, dass es auch klar rechte Gruppierungen unter den Hools gibt, etwa bei Alemannia Aachen, wo sie sich sogar gegen eine antirassistische Ultragruppe durchsetzen konnten. Und natürlich deuten Werte wie Männlichkeit, Stärke et cetera darauf hin, dass es auch ideologische Gemeinsamkeiten gibt.

Glauben Sie, dass es auch Widerstand in der Szene gibt. Hooligans gegen „Hooligans gegen Salafisten“?

Ja, das denke ich schon. „Hooligans gegen Salafisten“ ist ein Label. Es geht denen ja gar nicht um Salafismus, sondern es ist ein klar erkennbarer rechtsextremer Versuch, so in die Mitte der Gesellschaft hineinagieren zu können, in dem man gegen Muslime, gegen Ausländer, gegen den Islam Stimmung macht. Die wollen anschlussfähig für, wie es heißt, „normale Bürger“ sein. Das ist nicht unbedingt ein Hooligan-Anspruch. Gleichwohl war das in Köln, wo viele Hooligans agierten, wo Hooligans die Organisation innehatten und wo gezielt Hooligans mobilisiert wurden, eine reine Neonazidemonstration. Das ist klar.

Was kann man denn gegen diese neuen rechtsextremen Aufmärsche machen? Diskutiert wird ja schon, am 9. November, dem Jahrestag der Novemberpogrome, nach Berlin vors Brandenburger Tor zu ziehen. Helfen da noch bisherige Ansätze wie Fanprojektarbeit?

Auf jeden Fall ist es keine neue Qualität, sondern wir beobachten bei den rechten Exzessen in der Hooliganszene eine Kontinuität. Dass die rechte Hoolszene so anwachsen konnte, hat vor allem damit zu tun, dass antirassistische Initiativen aus den Stadien und aus den Fanszenen hinausgedrängt wurden, teils mit Unterstützung der Vereine. Das ist in Aachen geschehen, wo antirassistische Ultras rausgedrängt wurden. Das gab es in Braunschweig. Das hat bei Hooligans zu einem Erfolgserlebnis geführt. Von der rechten Band „Kategorie C“, die auch in Köln aufgetreten ist, stammt die Einschätzung, dass Hooliganauftritte ein gutes Beispiel seien, um die Ultras aus den Stadien zu drängen.

Im Interview: Pavel Brunßen

Der 27-Jährige ist Chefredakteur von http://transparent-magazin.de/, einem Magazin für Fußball und Fankultur, das seit 2012 erscheint.

Aufmärsche wie der in Köln sind also möglich geworden durch Versagen der Vereine?

In gewisser Weise ja. Das Selbstbewusstsein der Hooligans konnte sich entwickeln, wenn ihnen kein Kontra gegeben wird und die Vereine sogar diejenigen, die Kontra geben, fallen lassen. In Dortmund oder Bremen wird denen noch widersprochen, aber in anderen Städten dominieren die mittlerweile.

Fans sind also gefordert?

Ja, Widerspruch ist nötig. Gleichwohl darf man die Polizei und Sicherheitsbehörden nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

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3 Kommentare

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  • "Und natürlich deuten Werte wie Männlichkeit, Stärke et cetera darauf hin, dass es auch ideologische Gemeinsamkeiten gibt."

    - Könnte mir bitte jemand erklären, was die zentralen Unterschiede zwischen der "Ultra"-Idee oder -Ideologie und rechtsextremen Ideologien ist? Wenn ich es richtig verstehe, geht es bei den Ultras darum, ein Gruppengefühl durch Abgrenzung gegen Andere zu erzeugen, wobei diese Abgrenzung nicht (einmal teilweise) inhaltlich (wie z.B. bei der Zugehörigkeit zu politischen oder religiösen Gemeinschaften) begründet ist.

    Mag ja sein, dass diese Abgrenzung nicht im gewohnten Sinne "rassistisch" sein muss, aber eine Gruppe, die ihre Identität im Kern darauf aufbaut, irgendwie besser zu sein bzw. besser sein zu wollen (im sportlichen Wettkampf) als andere, ist zumindest psychologisch ja nicht gerade weit entfernt von dem, was so gemeinhin als "rechte Ideologie" bezeichnet wird.

    Oder was habe ich da falsch verstanden?

  • Ich finde, dass auch die Politik, die Gesellschaft und die Intellektuellen unseres Landes versagen. Es ist doch unglaublich, dass wir aufgrund unserer Geschichte immer noch in Bezug auf "Ausländer" sprach- und handlungsunfähig sind. "Ausländerpolitik" Integrationspolitik findet nicht statt. Unser Land ist ein Paradies für die Mafia, für die Salafisten, für die PKK ... Die Kritik am fundamentalistischen Islamismus ist quasi Tabu. Es ist für uns beschämend, dass wir den Hooligans und Rechtsextremen diese Bühne bieten, weil wir zu träge, bequem und feige sind die Demokratie zu schützen und zu verteidigen gegen jede Form von Extremismus.

    • @kreidestern:

      Bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis du für diese Aussage, die ich im wesentlichen unterstützen kann, als Nazi diffamiert wirst.