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Homosexualität in WeißrusslandAnderthalb Jahre Todeskampf

Ein Schwuler, der Opfer eines brutalen Überfalls wurde, ist am Dienstag in Minsk gestorben. Der Täter ist wieder frei, nach nur elf Monaten im Gefängnis.

Abgrundtiefer Hass auf Homosexuelle: Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko. Foto: dpa

Berlin taz | Michail Pischtschevskij, ein weißrussischer Homosexueller, ist tot. Der 34-Jährige starb am Dienstag in einem Krankenhaus in der Hauptstadt Minsk an den Folgen eines brutalen Überfalls.

Die Tat ereignete sich bereits am 25. Mai vergangenen Jahres in Minsk. Der Täter Dmitrij Lukaschewitsch (30), ein gut durchtrainierter Sportlehrer, hatte sein späteres Opfer zuerst als „Schwuchtel“ beleidigt und dann mit einem Schlag niedergestreckt.

Die Ärzte diagnostizierten bei Pischtschevskij schwerste Kopfverletzungen, etwa 20 Prozent des Gehirns mussten entfernt werden. Der junge Mann war bis zu seinem Tod nur hin und wieder bei Bewusstsein und konnte sich nicht mehr bewegen.

Während der Verhandlung gegen den Täter ließ das Gericht die Hassmotive des Täters komplett außer Acht. Zwei Jahre und acht Monate lautete das Urteil. Sowohl der Staatsanwalt als auch der Anwalt des Opfers hatten sieben Jahren Haft gefordert.

Frei nach einer Amnestie

Seine Strafe komplett absitzen, musste der Täter ebenfalls nicht. Im Mai dieses Jahres, nach nur elf Monaten im Gefängnis, wurde er im Rahmen einer Amnestie auf freien Fuß gesetzt. Beobachter werteten diese Entscheidung als klares Signal: Hasstäter müssen nicht mit harten Konsequenzen rechnen.

Das passt perfekt zu dem Umgang mit sexuellen Minderheiten in der ehemaligen Sowjetrepublik und könnte Schwulenhasser künftig zu ähnlichen Taten animieren. Zwar gibt es in Weißrussland keine gesetzliche Verfolgung von Schwulen und Lesben, jedoch ist die weißrussische Gesellschaft extrem homophob genauso wie Dauerpräsident Alexander Lukaschenko. Der hatte 2010 in einer Anspielung auf den ehemaligen deutschen Außenminister Guido Westerwelle gesagt: „Besser Diktator sein als schwul“.

Aber auch viele Vertreter der weißrussischen Opposition stehen den homophoben Einstellungen Lukaschenkos in nichts nach. Als die USA im vergangenen Juni die Homoehe legalisierten, nahm der bekannteste weißrussische oppositionelle Politiker im Exil, Zenon Poznjak, das zum Anlass, um gegen Homos zu hetzen.

Relikt des Sowjetsystems

„Der links-liberale Pöbel hat die homosexuellen Abweichler für den Kampf gegen das Christentum und die traditionelle Ordnung politisch instrumentalisiert. Mit sexuell Perversen, genauso wie mit Banditen, Terroristen oder Sektenmitgliedern sind keine rationalen Diskussionen möglich. Hier sind konkrete Taten und Maßnahmen erforderlich“, sagte Zenon Poznjak. Er forderte, „den Export perverser Beziehungen aus der EU in andere Länder sowie die Finanzierung der Homosexualität im Ausland zu stoppen“.

Lediglich der frühere Parlamentspräsident Stanislaw Schuschkewitsch hatte seinerzeit den Überfall auf Pischtschevskij verurteilt. „Wenn jemand, wie Michail Pischtschevskij, zu Tode geprügelt wird, der Täter mit weniger als drei Jahren Gefängnisstrafe davon kommt und diese Zeit noch nicht einmal im Gefängnis verbringen muss, dann ist das ein Zeichen dafür, wie elendiglich es in unserem Staat zugeht. Das ist ein Relikt des Sowjetsystems. Wir müssen jetzt tolerante Einstellungen gegenüber diesen Menschen fördern und ihre Rechte achten. Sie sind nicht schlechter als alle anderen.“

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1 Kommentar

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  • Wie es sich anfühlt, ein Diktator zu sein, weiß Lukaschenko. Aber woher weiß er, dass es nicht doch besser ist, schwul zu sein? Hat er vielleicht auch einschlägige Erfahrungen damit?

     

    Wie dem auch sei. Alles, was nicht gefällt, als "Relikt des Sowjetsystems" zu diskreditieren, wie es der frühere Parlamentspräsident Stanislaw Schuschkewitsch getan haben soll, ist jedenfalls nicht wirklich hilfreich. Das Einzige, was man dafür bekommt, ist eine Art Absolution. Wenn es nämlich das Sowjetsystem gewesen ist, das Leute homophob hat werden lassen (wieso, nur nebenbei, gibt es dann das Problem auch in diversen Ländern, die nie sozialistisch waren?), dann ist man ganz fein raus. Dann braucht man sich nicht davon abhalten zu lassen, unter einem homophoben Staatschef Karriere zu machen, weil das Problem sich dann von selber löst im Lauf der nächsten Zeit. Man braucht sich also weder mit "dem Westen" noch mit Zenon Poznjak anzulegen und kann sich ganz seinem privaten Vorteil widmen.

     

    Und was "den Westen" anbelangt: Der sollte schauen, welche Oppositionellen er gegen Herrn Lukaschenko unterstützt. Nicht, dass die Sache ausgeht wie schon in der Ukraine und in Syrien. Mit einem Mann, der einem "links-liberale[n] Pöbel" vorwirft, er würde "homosexuellen Abweichler für den Kampf gegen das Christentum und die traditionelle Ordnung politisch instrumentalisier[en]", und der Homosexuelle für "Perverse[]" hält, die mit "Banditen, Terroristen oder Sektenmitgliedern" gleichzusetzen sind, sind keine rationalen Diskussionen möglich. Man braucht sich also gar nicht wundern, wenn solche Leute letztlich schlimmer sind als die, die man mit ihrer Hilfe loszuwerden wünscht.

     

    Mir, jedenfalls, wäre es lieb, würde der „Export perverser Beziehungen aus der EU in andere Länder“ unterbunden werden. Und damit meine ich insbesondere die politische, finanzielle und womöglich sogar militärische Unterstützung von Menschengruppe-Hassern aller Art.