Homosexualität im Vatikan: Callboy gegen Doppelstandards

Escort Francesco Mangiacapra hat 40 homosexuelle Priester aus dem Umfeld des Vatikan geoutet – um deren Heuchelei anzugreifen.

Der obere Teil von Jesus am Kreuz, im Hintergrund Bäume

Starb auch für die Sünden homosexueller Priester: Jesus Foto: dpa

Aus seiner Vorliebe für Gold macht Francesco Mangiacapra in den Fotos die von ihm in der Presse gezeigt werden kein Geheimnis: Sein Kaminsims ist gesäumt von Putten, ägyptischen Miniaturtotenmasken und Kerzenhaltern – alles in Gold, wie die Uhr an seinem Handgelenk. Doch bei aller Liebe zum Gold ist die Moral dem 37-Jährigen doch wichtiger als der Reichtum.

Anfang des Monats veröffentlichte er deshalb ein über 1000-seitiges Dossier, in dem er anhand von Fotos und Chatverläufen 40 katholische Priester outet, die sich in Rom gerne mit Callboys treffen. Seine Informationen hat der Prostituierte dabei aus erster Hand.

Dabei geht es Mangiacapra nicht um den öffentlichen Skandal, die Presse erhielt eine Version des Dossiers mit geschwärzten Namen. Nur der Diözese Neapel übergab er das ungeschwärzte Dokument. Auch in seinem vor drei Jahren erschienenen Buch „Nummer Eins – Bekenntnise eines Escorts“ hatte er alle beschriebenen Begegnungen anonymisiert.

Denn auch wenn er selbst schon vor zehn Jahren aus der Kirche ausgetreten ist, will er keinen Generalverdacht erzeugen: „Ich habe diese Liste der faulen Äpfel nicht mit dem Ziel ausgegraben, um über die Kirche Unrat auszukippen“ übersetzt die Nachrichtenagentur Catholic News Agency mit viel Bibelflair ein Interview. Mangiacapra selbst meint eher nüchtern im aktuellen Stern: „Ich habe auch eine Würde, und ich finde, dass diese Priester sie mit Füßen treten. Ich bin homosexuell und weiß, was es für die LGBT-Community bedeutet, dass unsere Gesellschaft von den Wertvorstellungen der Kirche geprägt ist.“

Laut eigener Aussage merkt Mangiacapra bei seiner klerikalen Kundschaft wenig davon, dass sich diese der eigenen Widersprüche bewusst wäre: „Die sagen dann Dinge wie, mach dir keine Sorgen, Jesus weiß, wie sehr ich ihn liebe.“ Passend dazu finden sich in seinem Dossier auch Bilder von Priestern, die vor der Marienstatue masturbieren.

Mangiacapra vs. the Vatican

Neapels Erzbischof Crescenzio Sepe, dem das Dossier zuerst übergeben wurde, gibt in einem offiziellen Statement an, die Fälle lägen außerhalb seiner Zuständigkeit. Er habe die Dokumente an den Vatikan weitergeleitet. „Eine Enttäuschung“ sagt Mangiacapra der schweizerischen Boulevardzeitung Blick. „Wahrscheinlich wird keiner der Priester, über die ich berichtet habe, Disziplinarmaßnahmen erleiden.“

Als Call-Out-Boy ist Mangiacapra nicht zum ersten Mal in Erscheinung getreten. Noch bevor er das Dossier übergab, brachte er einen seiner Kunden in den Fokus der Öffentlichkeit: den toskanischen Pfarrer Luca Morini, bekannt als Don Euro. Dieser gab unter anderem hunderttausende Euro an Gemeindegeldern für Escorts und Drogen aus. Bis Mangiacapra ihm auf die Spur kam. Zu hoffen bleibt, dass die weltlichen Gerichte dabei strenger mit Don Euro umgehen als die kirchlichen: Diese enthoben ihn zwar seines Amtes – wegen Krankheit -, entschädigten ihn aber mit einem Haus im Wert von über 200.000 Euro.

Von Papst Franziskus Zugehen auf Homosexuelle hält Mangiacapra übrigens nichts: „Hören Sie bitte genau hin: Er richtet nicht über Homosexuelle – solange sie keinen Sex haben. Nein danke, das ist kein Fortschritt.“

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