Homosexualität im Schulunterricht: „Gegen das christliche Menschenbild“
In Baden-Württemberg fordert die rot-grüne Koalition eine Beschäftigung mit dem Thema Homosexualität an Schulen. Die Kirchen sehen darin keine Dringlichkeit.
STUTTGART dpa | Die Diskussion um das Thema Homosexualität im Unterricht in Baden-Württemberg nimmt an Schärfe zu. Die großen Kirchen lehnen eine von der grün-roten Landesregierung geplante Aufwertung des Themas in der Schule strikt ab. Kinder und Jugendliche dürften bei ihrer Suche nach der sexuellen Identität nicht beeinflusst werden, erklärten die katholische und evangelische Kirche am Freitag in Freiburg. Der Bildungsplan müsse sich am christlichen Menschenbild der Landesverfassung und des Schulgesetzes orientieren.
Die Kirchen unterstützen damit indirekt eine Online-Petition gegen die Absicht der Landesregierung, die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ als Ziel im Bildungsplan 2015 festzuschreiben. Die Unterstützerzahl dieser Petition wuchs bis Freitagvormittag auf knapp 80 000.
Im Netz regt sich derweil unter dem Twitter-Hashtag (Stichwort) „idpet“ Widerstand gegen die Petition. Inzwischen haben Befürworter des Anliegens von Grün-Rot eine eigene Petition im Internet gestartet. Innerhalb von drei Tagen wurde sie von fast 9000 Menschen unterzeichnet.
„Die Petition gegen die Aufwertung des Themas Homosexualität im Schulunterricht ist der Vergangenheit verhaftet“, kritisierte Landessozialministerin Katrin Altpeter (SPD). Das Coming-Out von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger zeige, dass es in allen Bereichen Homosexualität gebe, auch in einer Männerdomäne wie dem Fußball. „Sein Bekenntnis finde ich gut und mutig. Je mehr Menschen das tun, desto mehr wird das zur gesellschaftlichen Normalität.“
Landeskultusminister Andreas Stoch (SPD) erklärte auf Twitter: „Diskriminierung darf in unserer vielfältigen Gesellschaft keinen Platz haben.“
Der pietistische Flügel in der evangelischen Kirche warnte Grün-Rot davor, die Leitlinien im Grundgesetz verschieben zu wollen. Im Bildungsplan werde eine gleichwertige Darstellung von Homosexualität mit Ehe und Familie angestrebt. „Nach dem Grundgesetz und der Landesverfassung müssen Ehe und Familie absolute Priorität haben“, sagte der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb. Die Organisationen in der Deutschen Evangelischen Allianz vertreten nach eigenen Angaben etwa 1,3 Millionen Menschen.
CDU versteht Ängste der Menschen
Die Opposition in Baden-Württemberg wirbt derweil um Verständnis für die Kritiker von Grün-Rot. CDU-Fraktionschef Peter Hauk hatte erklärt, er könne die Ängste dieser Menschen verstehen. „Wenn man diese Diskussion um Toleranz im Bildungsplan führt, muss man auch tolerant gegenüber denjenigen sein, die dort andere Auffassungen vertreten.“
Bei der FDP gibt es parteiinternen Streit über den Umgang mit dem Thema. So wurde FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke vom liberalen Nachwuchs harsch kritisiert. Rülke hatte am Donnerstag gesagt, die FDP betrachte andere Lebensformen als die klassische Familie „als tolerabel, aber nicht als gleichwertig“. Juli-Landeschef Sebastian Gratz erklärte, er schäme sich für diese Aussagen. „Seine Äußerungen zur Minderwertigkeit gleichgeschlechtlicher Beziehungen sind Sand im Getriebe der neuen FDP“.
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