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Höherer C02-Ausstoß als vor 2020Trend trotz Corona ungebrochen

Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter stark an. Wissenschaftler fordern eine „blitzschnelle Energiewende“.

Nach der Coronakrise werden global mehr Treibhausgase ausgestoßen als vorher Foto: dpa

Berlin taz | Der weltweite Einbruch von Industrieproduktion und Verkehr in der Covidpandemie hat den Trend zu global immer weiter steigenden Treibhausgas-Emissionen nicht gebrochen – ganz im Gegenteil: Stromverbrauch und CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor lagen im ersten Halbjahr 2021 um 5 Prozent höher als in der ersten Hälfte 2019, also vor der Pandemie. Das geht aus einer Studie des britischen Thinktanks Ember hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wird und 63 Länder analysiert, die 87 Prozent des weltweiten Stroms verbrauchen. „Die hochschießenden Emissionen sollten die Alarmglocken auf der ganzen Welt läuten lassen“, sagte Ember-Chef Dave Jones. „Wir bauen nicht besser wieder auf, sondern schlechter.“ Eine „blitzschnelle Energiewende“ sei nötig, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.

Dabei wurde im letzten Jahr weltweit die Rekordsumme von 380 Milliarden Dollar in saubere Energien investiert. 57 Prozent des zusätzlichen Stromverbrauchs kamen laut Studie von Wind und Sonne – aber die restlichen 43 Prozent eben von dreckiger Kohle. Der Anteil von Gas blieb gleich, Wasserkraft und Atom nahmen ab. In den alten Industriestaaten der EU, in den USA, Japan und Südkorea sanken die Emissionen aus dem Strom und Erneuerbare wurden wichtiger, aber vor allem wegen langsamer wachsender Stromnachfrage, hieß es. Doch in China, Indien, der Mongolei, Vietnam oder Bangladesch sei das Wirtschaftswachstum noch nicht vom CO2-Ausstoß abgekoppelt: Hier stiegen die Emissionen rapide an.

Genau vor diesem Szenario hatte die Internationale Energieagentur IEA im Juli gewarnt. Von den weltweit 16 Billionen Dollar für den ökonomischen Wiederaufbau flossen demnach 2,3 Billionen in die Wirtschaft, aber nur 380 Milliarden in saubere Energie. Das öffentliche und private Geld ging vor allem in den Verkehr, effiziente Gebäude und neue Treibstoffe. Diese jährliche Summe werde bis 2030 etwa stabil bleiben, sei aber nur ein Drittel der jährlichen Billion, die für eine weltweite Energiewende gebraucht werde, so die IEA.

Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede: während die alten Industrieländer 76 Milliarden an Steuergeld für Investments in saubere Energien vorsahen, waren es bei Schwellenländern nur 8 Milliarden. Und während einige Länder wie Südafrika, Indien, China und Thailand teilweise auch in Stromleitungen oder Energieeffizienz investierten, gaben viele Länder ihre knappen Mittel für kurzfristige Hilfen bei Stromkosten der Haushalte oder für ihre Energiekonzerne aus.

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7 Kommentare

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  • Das Problem mit den Wissenschaftlern ist, dass sie schon immer vor den negativen Auswirkungen unseres Recourcen verschleudernden Lebensweisen warnen. Dumm, dass offenbar keiner darauf hört. Die Politik und damit die Industrie macht sich ja noch nicht einmal die Mühe, darauf einzugehen.Elektroautos? Ok, aber dann wie der neue BMW, mit 550 PS!!! Tja, Lobby ist halt alles!

  • > "Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede: während die alten Industrieländer 76 Milliarden an Steuergeld für Investments in saubere Energien vorsahen, waren es bei Schwellenländern nur 8 Milliarden."

    Dann sollte man aber auch mal wieder darauf hinweisen, dass 50 Länder insgesamt weniger CO2 emittieren, als in Deutschland nur mit einem Tempolimit auf Autobahnen und Tempo 30 in Städten einspart werden kann.

    • @jox:

      "Dann sollte man aber auch mal wieder darauf hinweisen, dass 50 Länder insgesamt weniger CO2 emittieren, als in Deutschland nur mit einem Tempolimit auf Autobahnen und Tempo 30 in Städten einspart werden kann."



      Wo haben Sie das her?



      Eine Quelle für so eine Behauptung wäre immer hilfreich.

      • @Stefan L.:

        Zum Beispiel:

        www.mdr.de/nachric...missionen-100.html

        www.t-online.de/au...wandel-bringt.html

        ==> 2.2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, oder vielleicht auch mehr

        Hier ist eine Liste des CO2-Ausstosses nach Ländern, die man sortieren kann:

        en.wikipedia.org/w..._dioxide_emissions

        Es gibt danach also ca. 58 Länder, die jeweils insgesamt weniger CO2 ausstoßen als bei uns ein Tempolimit einsparen könnte.

        Das ist natürlich nur eine Illustration der allgemeinen Tatsache, dass der weltweite Ausstoß extrem ungleich verteilt ist - wenige Länder stoßen sehr viel aus, und viele Länder fast nichts.

        Das Bild ändert sich natürlich etwas, wenn man auf den pro-Kopf Verbrauch schaut, aber es bleibt qualitativ das Gleiche: Wenige Menschen verbrauchen sehr viel, und die große Mehrheit im Vergleich sehr wenig.

        Wo ich mich glaube ich vertan habe, ist dass *die Summe* dieser Länder nicht mehr als 2.2 Millionen Tonnen CO2/Jahr ausstößt - das gilt hier für jedes Land einzeln, nicht für alle zusammen. Wäre aber auch sehr viel, weil es ja überhaupt nur 206 international anerkannte Staaten gibt.

        Worum es bei dem Punkt geht - aufgrund der extremen Ungleichheit beim Ressourcenverbrauch und beim CO2-Ausstoss, kann man nicht sagen, dass der Beitrag der Industrieländer nicht ins Gewicht fällt. Vielmehr ist er ganz entscheidend, und dazu kommen noch die technologischen und ökonomischen Kapazitäten der Industriestaaten hinzu.

  • Eigentlich sind auch eine ganze Reihe anderer Überschriften denkbar.

    Denn im Text zeigt sich das, was immer als Argument gegen Massnahmen zum Klimaschutz genannt wird: die treibenden Kräfte sind mittlerweile nicht mehr in den "alten" Industriestaaten (aka geringer Betirag von D am weltweiten CO2 Ausstoss).

    Und es gibt keine Kraft, ausser wenn es aus Eigennutz geschieht, was diesen Staaten das Wachstum verbunden mit hohem CO2 Ausstoss, verbieten oder nachlegen könnte. Und diese Staaten werden eher noch mehr. Weil die Prozess des kapitalbasierten Wachstums seit einiger Zeit die ganze Welt umfasst.

    Anscheinend sind regenerative Energiegewinnungen doch noch nicht günstiger als fossil-basierte Energiegewinnung.

    • @fly:

      "geringer Betirag von D am weltweiten CO2 Ausstoss"



      Aktuellen Gerüchten zufolge planen Indien und der Irak Hilfslieferungen nach Luxemburg zu schicken weil sie entdeckt haben, dass ihr BIP deutlich über dem luxemburgischen liegt.



      Ernsthaft, das Argument, dass DE ja "nur" 2% der weltweiten CO2-Emissionen produziert ist doch schon X-fach wiederlegt worden. Selbst wenn man bereit ist zu ignorieren, dass Staaten wegen ihrer völlig unterschiedlichen Bevölkerungsgröße keine geeignete Vergleichsgröße sind müsste einem doch auffallen, dass 2% bei global etwa 190 Staaten doch irgendwie zu viel ist. Und wenn diese 2% bedeuten, dass man pro Kopf auf Platz 6 von 190 liegt zeigt das doch auch eindeutig, dass sich etwas ändern muss. Damit immer nur auf die Anderen zu zeigen wird sich die Klimakatastrophe nicht abwenden lassen.