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Hitzewelle und KlimawandelWann wird's mal richtig Sommer?

Über die Erinnerung an Wassereis und Hitzefrei und warum ein schöner heißer Julitag heutzutage keine Freude mehr macht.

Wann freuen wir uns endlich über heiße Temperaturen? Foto: dpa

V or Jahren hat mich mal ein mitfühlender Freund gefragt: „Was ist für dich das Schlimmste am Klimawandel?“ Ich kann mich an die Antwort nicht erinnern, aber sicher war es irgendwas wie: das Leiden von Millionen unschuldiger Menschen, der Verlust der majestätischen Gletscher, die Bedrohung der Zukunft meiner Kinder.

Heute denke ich da anders. Das Schlimmste am Klimawandel? Dass ich bei Reisen in exotische Länder nicht an Abenteuer und Aufbruch denke, sondern an CO2-Schulden. Dass ich gute Freunde nicht mehr ernstnehmen kann, die behaupten, sie führen SUV, „weil ich mich mit meinen Kindern dann sicherer fühle“. Dass ich beim Skiurlaub (Langlauf!) immer so melancholisch werde. Dass meine Kinder mich für einen Energiesparspießer halten. Und: dass ich mich über einen heißen Sommer nicht mehr richtig freuen kann.

Jajaja, schon klar: Nicht jede Hitzewelle kommt daher, dass wir Deutschen Weltmeister im Verbrennen von Braunkohle sind. Aber je höher die Temperaturen sind, desto schneller komme ich ins Schwitzen: „Diese Hitze ist doch nicht normal“, seufzen die KollegInnen, „Pötter, schreib mal, wie das mit dem Klima zusammenhängt“. 40,5 Grad in Geilenkirchen. Auf der aktuellen Wetterkarte jede Menge Orte mit einer 4 vorn. Heiße Städte heißen mehr Ratten, meldet das Internet.

Früher hieß ein warmer Sommer: hitzefrei, Wassereis, Chlorgeruch im Schwimmbad. Vielleicht noch Sonnenbrand. Heute sind 34 Grad im Schatten entweder schon das Klimachaos, mit dem wir den blauen Planeten den nächsten Generationen unbewohnbar hinterlassen. Oder, wenn sich das nicht ganz beweisen lässt: zumindest eine Ahnung, wie schlimm es werden wird mit der globalen Überhitzung. Früher kam das Unwohlsein daher, dass wir statt Physik lieber den Rasensprenger im Park studierten.

Wahlsieger Grüne? Mitnichten

Heute kommt es davon, dass ich mich zu viel mit der Physik und Chemie der Atmosphäre beschäftigt habe. Und dass ich keinen Eiswürfel ins Glas werfen kann, ohne an meine Ökobilanz zu denken. Früher ärgerte mich, wenn CDUCSUFDPSPD das Thema Umwelt als linksgrün versifft ignorierten. Heute schreie ich laut auf, wenn der saarländische CDU-Ministerpräsident Tobias Hans mit Dackelblick behauptet: „Es war immer ein Herzensanliegen der Union, auch Klimaschutz voranzutreiben“.

Und besonders schlimm an diesen heißen Tagen ist ja: trotz Schweiß kein Preis. Der letzte Sommer brachte das Klimathema in die Wohnzimmer und an die Wahlurne. Noch ein paar solcher Sommer – und was wird passieren? Absolute Mehrheit für die Grünen? Pustekuchen. Wir werden uns gewöhnen. Hitze, Starkregen, Dürre, Waldbrände, durstende Kühe und Senioren: the New Normal. Was können wir schon tun, heißt es dann. Im familienfreundlichen SUV an der Klimaanlage drehen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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2 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Guter Kommentar, wobei ich rege mich nicht über jeden Temperaturanstieg auf wie es manche tun. Mir macht sehr Sorge, wie sich die Wasserverteilung in Deutschland entwickelt, dass wir kein Konzept haben, wie wir mit den trockenen Gebieten im Osten umgehen sollen, mit dem trockenen NRW usw.. insofern bezweifle ich sehr stark, dass es ein new normal der beschriebenen Art geben wird.

    • 9G
      94778 (Profil gelöscht)
      @sachmah:

      Die trockenen Gebiete im Osten?



      Die sehen dann so braun aus wie die jetzt schon sind.



      Jaja.Klima und - Klima beeinflussen sich halt gegenseitig.