Hitzewelle im Juni: 1.500 Tote durch Klimawandel
Die extremen Temperaturen im Juni wurden deutlich gefährlicher, weil sich die Erde weiter erhitzt. Betroffen ist vor allem eine bestimmte Gruppe.
Insgesamt starben demnach 2.300 Menschen während der zehntägigen Hitzewelle. Fast zwei Drittel der Fälle, nämlich 1.500, sind den Modellierungen der Forscher*innen zufolge darauf zurückzuführen, dass sich die Erde erhitzt.
Um die Öffentlichkeit schnell mit einer Einschätzung dazu zu versorgen, wie viel der Klimawandel zu Hitzewelle und Todesfällen beigetragen hat, verzichteten die Forscher*innen auf die sonst in der Wissenschaft üblichen Prüfverfahren von Unbeteiligten. Sie verwendeten aber vielfach getestete Methoden.
Die grundsätzliche Idee: Sie modellieren eine Welt ohne Klimawandel, vergleichen die Temperaturen dort mit den tatsächlich gemessenen Werten und errechnen die Zahl der erwarteten Hitzetoten in beiden Szenarien.
„Für die sehr zeitnah vorgenommene Analyse hat sich das Team auf eine anerkannte Methodik gestützt“, bestätigte der Hamburger Klimatologe Jochem Marotzke der Deutschen Presse-Agentur. Er war selbst nicht an der Studie beteiligt. Diese sei „sehr gut gemacht“.
In Westeuropa war der Juni nie heißer
Mit 1.500 zusätzlichen Todesfällen aufgrund des Klimawandels verursachte die Hitzewelle deutlich mehr Todesfälle als andere Klimakatastrophen der vergangenen Jahre: Die Sturzfluten in Valencia 2024 forderten mehr als 200 Opfer, die Ahrtal-Katastrophe mehr als 130. Beide Sturzfluten wurden durch die Erderhitzung wahrscheinlicher und intensiver.
„Diese Studie zeigt, warum Hitzewellen als lautlose Killer bekannt sind“, sagte Malcolm Mistry, Epidemiologe und Co-Autor der Studie. Denn: Hitze taucht selten als offizielle Todesursache auf, sondern beispielsweise der durch sie begünstigte Herzinfarkt. „Während eine Handvoll Tote in Spanien, Frankreich und Italien gemeldet wurden, erwarten wir Tausende mehr als Folge der glühenden Temperaturen.“
In Westeuropa war der Juni mit einer Durchschnittstemperatur von mehr als 20 Grad heißer als jeder andere Juni. Das berichtet der europäische Wetterbeobachtungsdienst Copernicus. Durchschnittstemperaturen wie während der Hitzewelle im Juni wurden darüber hinaus noch nie so früh gemessen. Zwar gab es vergleichbare Hitzewellen in den Jahren 2003, 2018, 2019, 2022 und 2023, aber sie entstanden erst Mitte Juli.
„Solch frühe extreme Hitze ist oft tödlicher, weil Menschen sich noch nicht an die hohen Sommertemperaturen gewöhnt haben“, schreiben die Autor*innen der Studie und ergänzen: „Im derzeitigen Klima ist eine solche Hitzewelle kein seltenes Ereignis mehr.“ In den untersuchten Großstädten könnten die Extremtemperaturen Ende Juni alle zwei bis fünf Sommer auftreten.
Gigantischer Waldbrand in Sachsen unter Kontrolle
Die Autor*innen weisen darauf hin, dass die Hitze auch das Risiko von Waldbränden erhöht, weil Laub, Gräser und Bäume ausgetrocknet werden. Die gesundheitlichen Folgen des Rauchs seien nicht in die Studie eingeflossen.
In der sächsischen Gohrischheide brennt seit über einer Woche ein Wald. Die Lage ist mittlerweile weitgehend unter Kontrolle, letzte Glutnester müssen aber noch gelöscht werden. Die Flammen verbrannten dem Landratsamt Meißen zufolge 86 Prozent der Vegetation auf 2.400 Hektar Naturschutzgebiet.
Das ist fast das Dreifache der Fläche, die seit 1991 durchschnittlich in einem ganzen Jahr in ganz Deutschland verbrannt ist.
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