Hitzerekord bei Wetteraufzeichnungen: Klimakrise als neues Normal
2015 bis 2022 waren die wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. In Deutschland liegt der Wert sogar bei 2,4 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
La-Niña („Das Mädchen“) ist ein klimatisches Phänomen, bei dem eine sich verändernde Meeresströmung im äquatorialen Pazifik die globale Temperatur etwas abkühlen lässt. Der Klimatologe Karsten Friedrich vom Deutschen Wetterdienst warnt: „Trotz einer nun schon drei Jahre andauernden La-Niña-Phase bewegen sich die globalen Mitteltemperaturen auf einem sehr hohen Niveau.“ Aktuell stehe aber wohl ein Zirkulationswechsel hin zu dem wärmeren Pendant El-Niño („Der Junge“) bevor. „El-Niño-Jahre sind mit den global bisher wärmsten Jahren in Verbindung zu bringen.“
Ferner benennt der Bericht eine Reihe von Negativrekorden: Indikatoren zeigten, dass die Konzentration der drei wichtigsten Treibhausgase – Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid – weiter zunimmt. Auch der Wärmegehalt der Ozeane, die etwa 90 Prozent der von Treibhausgasen gebundenen Energie aufnehmen, sei so hoch wie nie zuvor.
WMO-Generalsekretär Petteri Taalas geht davon aus, dass Menschen weltweit weiterhin von „extremen Wetter- und Klimaereignissen“ betroffen sein werden. „So waren im Jahr 2022 von der anhaltenden Dürre in Ostafrika, den rekordverdächtigen Regenfällen in Pakistan und den rekordverdächtigen Hitzewellen in China und Europa Dutzende Millionen Menschen betroffen, was zu Ernährungsunsicherheit und Massenmigration führte und Verluste und Schäden in Milliardenhöhe verursachte“, sagte Taalas.
Weltweit ist es heute etwa 1,1 Grad wärmer als zum Beginn flächendeckender Messungen um das Jahr 1881. In Deutschland liegt der Wert sogar bei 1,7 Grad, bzw. 2,4 über dem vorindustriellen Niveau.
„Ein Anstieg der Mitteltemperatur ist immer auch mit einem Anstieg extrem hoher Temperaturen verbunden“, sagt Karsten Friedrich, Klimatologe beim Deutschen Wetterdienst. “Damit werden Hitzewellen wie in den letzten Jahren wiederholt und stärker auftreten. Aber auch die Temperaturen in den Wintermonaten werden weiter steigen.“
Bereits am Donnerstag war der jährliche Bericht des Klimawandel-Dienstes des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus erschienen. Daraus geht hervor, dass der Sommer 2022 der heißeste in Europa seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Zwei Drittel der europäischen Flüsse hätten vergangenes Jahr ungewöhnlich niedrige Wasserpegel gehabt. Die Alpengletscher verloren in dem Zeitraum fünf Kubikkilometer Eis.
Hans Schipper, der das Süddeutsche Klimabüro leitet, sieht die realen Temperaturentwicklungen und das subjektive Empfinden der Menschen auseinanderklaffen. „Auch wenn das Jahr 2022 oft als nicht besonders warm empfunden wird, sprechen die Zahlen in den Berichten eine deutliche Sprache“, teilte Schipper mit. “Die Auswirkungen des Klimawandels sind jedoch so schleichend, dass sie oft erst dann wahrgenommen werden, wenn sie bereits zum neuen Normalzustand geworden sind.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart