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Historiker über Konservatismus„Panik ist nicht vernünftig“

Linkes Denken ist grundsätzlich anfällig für moralische Selbstgewissheiten, sagt Andreas Rödder – und plädiert für eine konservativere CDU.

„Das hat mich zunehmend nervös gemacht:“ Merkel habe die CDU politisch nach links gerückt Foto: reuters
Interview von Martin Reeh

taz: Herr Rödder, Sie sind kürzlich in der Berliner Bibliothek des Konservatismus aufgetreten, wo sich auch die Neue Rechte trifft. Ihr Vortrag hat dem Publikum nicht immer gefallen. Eine Ihrer Aussagen war, dass in 30 Jahren die Konservativen vielleicht die Homo-Ehe als letztes Zeichen der Bürgerlichkeit verteidigen. Sind Sie wirklich konservativ?

Andreas Rödder: Tatsächlich gibt es Leute, die das bestreiten und mir „Relativismus“ vorwerfen. Ich verstehe Konservatismus in der Tradition von Edmund Burke und Hermann Lübbe als eine Denkhaltung, die sich durch eine grundlegende Skepsis gegenüber ideologischen Gewissheiten, durch ein Denken in Kategorien von Alltagsvernunft, Maß und Mitte und durch das Subsidiaritätsprinzip auszeichnet …

… also dass die Gesellschaft zuerst zuständig ist, nicht der Staat.

Richtig. Mit ewigen Werten hingegen bin ich zurückhaltend. Es gibt überzeitliche Werte, aber die sind nicht konservativ. Und es gibt konservative Inhalte, aber die sind nicht ewig.

Eine komplizierte Definition.

Was ist die Alternative? Dogmatismus? Fundamentalismus? Meine konservativen Kritiker sagen: Essenzialismus. Ich meine allerdings, ein Konservativer sollte im 21. Jahrhundert so postmodern sein, zu akzeptieren, dass es keine Essenz im Sinne der gottgewollten Geschlechterordnung oder der naturgegebenen Nation gibt. Andersherum wird ein Schuh draus: Konservatives Denken ist immer darauf angewiesen zu begründen. Deshalb sind die Konservativen heute die eigentlichen Anwälte der Aufklärung.

Bert Bostelmann
Im Interview: Andreas Rödder

,52, ist Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz. Bei C. H. Beck ist gerade sein Band „Konservativ 21.0. Eine Agenda für Deutschland“ erschienen. 2015 veröffentlichte er „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“.

Was unterscheidet Ihre Position von der Angela Merkels?

Ihre Politik habe ich weitgehend als Antizipation dessen verstanden, was der linksliberale Mainstream goutiert, aber nicht als eine eigenständig aus christdemokratischen Grundlagen begründete Politik.

In vielen Fällen hätten Konservative später das machen müssen, was sie früher abgelehnt haben, sagen Sie. Warum wollen Sie das nicht gleich antizipieren wie Frau Merkel?

Weil das ein Kurzschluss wäre, der Linken so passen könnte. Nicht alles, was neu ist und von links kommt, ist auch gut, und die Liste linker Irrtümer ist lang. Winfried Kretschmann wird heute froh sein, dass nicht alles, was er im Kommunistischen Bund Westdeutschland in den siebziger Jahren gefordert hat, auch umgesetzt worden ist. Und was der damals gefeierte Maoismus umgesetzt hat, war in millionenfachem Maße tödlich. Konservative verteidigen heute nur das Neue von gestern, das sich auch bewährt hat. Sie haben die Vorstellung in ihr Denken eingepreist, dass uns das, was wir heute für richtig halten, morgen als völlig falsch erscheinen kann. Das macht die Menschenfreundlichkeit von Konservatismus aus.

Wo war die Menschenfreundlichkeit des Konservatismus, als er sich in den 70er Jahren gegen ein liberales Scheidungsrecht und gegen Homosexualität gewandt hat?

Vieles war aus heutiger Perspektive nicht menschenfreundlich, was Konservative früher gedacht haben. Das gilt aber nicht nur für Konservative: Die skandinavischen Sozialreformer Alva und Gunnar Myrdal waren vehemente Befürworter von Zwangssterilisationen. Zugleich bin ich mir aber auch nicht sicher, wie wir alle in Zukunft über das denken, was wir heute tun. Etwa, ob wir Gender Mainstreaming nicht in 30 Jahren im Hinblick auf Queers für repressiv halten. Ich würde zugleich davor warnen, aus einer heutigen Perspektive die Vergangenheit zu verdammen, indem wir sie an Maßstäben dessen messen, was wir heute für richtig halten. Die konservative Skepsis gegenüber dem heute als richtig Erkannten gilt nicht nur im Hinblick auf morgen, sondern auch auf gestern.

Konservative Politik sucht den Weg der Verzögerung, bis der Wandel harmlos geworden ist“, schreiben Sie. Damit überlassen Sie Linken die Initiative, Missstände zu benennen. Warum hat der Konservatismus kein eigenes Programm, rechtzeitig die Punkte zu erkennen, wo Veränderung notwendig wäre?

Historisch gesehen ist der Konservatismus in seiner Entstehung die Reaktion auf die vorwärtstreibenden Kräfte der Linken in der Französischen Revolution. Konservatives Denken ist per se keines, das den Fortschritt selbst erfindet, sondern dass sich zum Wandel verhält. Sie können auch sagen: Konservative helfen, den Fortschritt vernünftig zu machen.

Sie sind bekannt geworden, als Sie sich als Merkel-Kritiker in der CDU positioniert haben.

Das lag an der Sache, die mich nicht nur als CDU-Mitglied, sondern auch als Demokrat zunehmend nervös gemacht hat. Angela Merkel hat die CDU politisch nach links gerückt und damit in Teilen des politischen Spektrums zustimmungsfähig gemacht, das sie vorher nicht erreicht hat. Das war für die CDU machtstrategisch erfolgreich, weil seit 2005 keine Bundesregierung gegen die CDU gebildet werden konnte. Aber um einen hohen Preis: Sie hat eine Repräsentationslücke auf der politischen Rechten eröffnet. Und die politischen Debatten haben sich an die Ränder verlagert: zwischen einer intoleranten multikulturalistischen Linken und einer ressentimentgeladenen nationalistischen Rechten, während die politische Mitte über lauter Großer Koalition sprachlos geworden ist.

Zählen Sie die Grünen zur „intoleranten multikulturalistischen Linken“?

Teilweise ja.

Auch Robert Habeck und Annalena Baerbock?

Habeck kultiviert auf der einen Seite Liberalität, wenn er geschickt Begriffe wie Heimat aufgreift und die Grünen mit Themen kompatibel macht, die innerhalb der Gesellschaft diskutiert werden. Zugleich beobachte ich aber sowohl bei Habeck als auch bei Baerbock wie auch bei vielen anderen Grünen und Sozialdemokraten die Vorstellung, die Wahrheit zu kennen und ein höheres Bewusstsein zu haben.

Wo kommt die her?

Aus dem ursächlich linken Denken, das im Grunde ein platonisch inspiriertes Denken ist. Es geht von der Idee aus und ordnet die Realität der Idee nach. Ein solches Denken ist immer anfällig für moralische Selbstgewissheit. Konservatives Denken ist aristotelisch, weil es davon ausgeht, dass es die Idee nie ohne die Realität gibt.

Wo ordnen die Grünen die Realität der Idee unter?

Vor allem bei den großen Ideen des Postnationalismus, des Feminismus, des Gendermain­streamings und des Multikulturalismus. In diesen Fragen sind die moralischen Selbstgewissheiten groß – und insofern haben die Grünen ihren Anteil daran, dass die Linke auf eine hochproblematische Weise gespalten ist zwischen einer multikulturalistischen, diversitätsorientierten Linken einerseits und der klassischen sozialökonomischen Linken auf der anderen Seite. Und es gilt auch für die Klimapolitik, wo ich vor lauter Eindeutigkeit wenig Sinn für die Zielkonflikte sehe, die auf diesem Politikfeld herrschen. Ich wäre gespannt, was los ist, wenn in Deutschland Gelbwesten zu marschieren beginnen, weil die Grünen oder die Fridays for Future klimapolitisch Ernst machen.

Viele bisherige CDU-Wähler schätzen die Grünen offenbar. Bei der Europawahl sind über eine Million Wähler von der CDU zu den Grünen übergelaufen.

Nachdem die CDU vorher massiv Wähler in die Nichtwählerschaft oder an die AfD verloren hat. Wählerströme sind nicht so genau zu bestimmen, wie es die Demoskopie behauptet. Annalena Baerbock hat nach der letzten Bundestagswahl, die für die Grünen reichlich mau ausgegangen ist, gesagt, die Grünen hätten sich nicht so sehr um die Sonntagsfrage geschert, sondern auf ihre Themen konzentriert. Das mag stilisiert sein, ist aber die richtige Haltung – auch für die CDU.

Was bedeutet das?

Etwa in der Klimapolitik nach Rezos YouTube-Beitrag nicht panisch zu agieren, sondern eine christ­demokratische Klimapolitik zu entwickeln, die auf der einen Seite den Schutz des Klimas als ein zentrales Thema ihrer Politik begreift, ohne auf der anderen Seite in Panik zu verfallen. Wenn Greta Thunberg Panik erzeugen will, ist dies das Gegen­teil von dem, was vernünftige Politik leisten darf.

Die CDU hat Mobilisierungsschwierigkeiten in den Großstädten. Ist es nicht doch ein Problem, dass sie eine bestimmte Wählerschaft an die Grünen verliert?

Das Hauptproblem für die CDU – ob auf dem Land oder in den ­Städten – ist, dass sie kein klar erkennbares Profil mehr hat. Was nicht heißt, dass die CDU nach rechts oder nach links rücken müsste. Sie muss sich breiter aufstellen, aber zugleich aus ihren Grundlagen heraus gut begründete politische Positionen und Angebote erarbeiten.

Wer steht dafür in der Union – Annegret Kramp-Karrenbauer?

Annegret Kramp-Karrenbauer steht für eine Christdemokratie in einer gewissen Breite, hat aber in der letzten Zeit deutliche Kommunikationsschwierigkeiten erkennen lassen. Vom Grundsatz her repräsentiert Friedrich Merz ebenso wie Jens Spahn eine offene, liberal-konservative und begründungsfähige Christdemokratie. Daher war das Bewerbungsverfahren für den Parteivorsitz eine gute Leistungsschau der CDU.

Hätten Sie lieber Merz oder Spahn als Kanzlerkandidat?

Ich würde mich ungern an Personalspekulationen beteiligen, die sofort hochgejazzt werden.

Ist – wie die Ergebnisse der Grünen zeigen – die große Zeit der Volksparteien vorbei, weil sich die Interessen ausdifferenzieren?

Das mag so sein. Aber ich sehe noch nicht, dass die Volksparteien von einer nachhaltigen, tragfähigen Alternative abgelöst würden, weder durch Bewegungen wie die von Emmanuel Macron oder Sebastian Kurz oder auch durch die Grünen in Deutschland. Die Grünen mussten in den letzten 14 Jahren auf Bundesebene keinen Praxistest bestehen. Ich glaube: Er würde für die Grünen so problematisch wie er es 98/99 war.

Ich würde gerne noch einmal zurück zu Ihrer Kritik des grünen Zeitgeistes. Sie haben schon 2015 von einer „Kultur der Inklusion“ gesprochen.

Die Kultur der Inklusion – oder plastischer: die Kultur des Regenbogens – geht intellektuell zurück auf die achtziger Jahre; politisch-kulturelle Hegemonie hat sie mit dem Glaubwürdigkeitsverlust des Neoliberalismus in der Finanzkrise von 2008 gewonnen. Seit 2015 haben die kulturellen Debatten vom Genderstern bis zum Postkolonialismus und der Restitution im Zusammenhang des Humboldt Forums an kultureller Schärfe nochmal gewonnen, zumal sie aufseiten der AfD ihre Gegenbewegung auf sich gezogen haben. Die Bewegungen schaukeln sich gegenseitig auf. Die „Kultur der Inklusion“ hat Emanzipationsgewinne erbracht, sich aber ideologisch verselbstständigt.

Inwiefern?

Ein Homosexueller lebt heute natürlich unendlich viel freier als das vor 35 Jahren. Eine biodeutsche Vollzeitmutter muss sich heute aber für ihren Lebensentwurf rechtfertigen.

Wie sollten Konservative diese Themen angehen?

Beispiel Gender Mainstreaming. Natürlich sind Frauen benachteiligt worden und es ist richtig, Benachteiligungen proaktiv abzubauen. Aber eine liberale Politik akzeptiert zugleich, dass gleiche Voraussetzungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Wenn sich zum Beispiel weniger Frauen dafür entscheiden, in Parteien einzutreten oder politische Mandate zu kandidieren, halte ich es für falsch, freie Willensentscheidungen durch vorgegebene Quoten zu verzerren. Wenn Frauen 28,6 Prozent der Parteimitglieder ausmachen und zu 27,7 Prozent für Wahlämter kandidieren – so die jüngste Studie von Suzanne Schüttemeyer –, sind sie dann mit einem Anteil von 30,7 Prozent im Bundestag unter- oder überrepräsentiert?

„Die Leitkultur der Inklusion oszillierte zwischen Zugewandtheit und Intoleranz, zwischen liberaler Weltoffenheit und illiberaler Ideologie“, schreiben Sie. Worin liegt das Illiberale?

Die Auseinandersetzung um das Betreuungsgeld ist als ein Kulturkampf gegen eine traditionelle Form von Familien geführt worden. Das fand ich illiberal. Oder nehmen Sie den Gebrauch des generischen Maskulinums. Ich gestehe jedem und jeder zu, so geschlechterspezifisch zu schreiben und zu sprechen, wie er und sie es möchte. Aber umgekehrt erlebe ich, dass jemand, der im generischen Maskulinum spricht, sofort schief angesehen wird. Auch das ist eine Form von Illiberalität.

Meinen Sie das, wenn Sie schreiben, Exklusion folge Inklusion als logischer Schatten?

Das Zitat ist nicht von mir, sondern von Talcott Parsons und stammt schon aus den fünfziger Jahren. Die Postmoderne ist in den achtziger Jahren als große Pluralisierung und Befreiung begriffen worden. Jean-François Lyotard hat gesagt, dass die großen historischen Zielutopien ihre Überzeugungskraft verloren haben und die Zersplitterung der eigentliche historische Fortschritt ist. Ironischerweise ist die Vielfalt der Postmoderne aber ihrerseits in Form der Diversität zu einer neuen Form der Ganzheit und zu einer neuen normativen Vorgabe und damit auch zu einer neuen großen Erzählung geworden. Lyotards zentrale Einsicht, dass der Konsens immer ein Mittel zur Exklusion des Dissenses ist, ist heute genauso wahr wie in den achtziger Jahren.

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19 Kommentare

 / 
  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Danke für das Interview.

  • Klasse Interview, sehr gute Fragen und interessante, teilweise kluge Antworten.

    • @Lockenkopf:

      Wo denn?

  • "Konservative verteidigen heute nur das Neue von gestern, das sich auch bewährt hat", da hat sich für ihn der Neoliberalismus und HarzIV ja wohl bestens bewährt. Zur sozialen Frage nix. Spahn" mit Harz4 hat jeder was man zum Leben braucht" und „Hartz IV bedeutet nicht Armut“ " oder Blackrock-Handlanger Merz, als Hoffnungsträger der CDU und der Konservativen. Blödes Bildungsbürgertum- Gequatsche um die eigenen Privilegien zu sichern, weil es ja bis jetzt bestens für sie lief. "Das macht die Menschenfreundlichkeit von Konservatismus aus".



    Und wie soll denn eine christ­demokratische Klimapolitik aussehen?



    Wirtschaftsinteressen gingen bisher vor. Gerade CDU und CSU sind in der EU die größten Bremser.

  • Danke für die Fragen. Endlich mal welche, die nicht unterschwellig schon kommentieren

  • 9G
    95309 (Profil gelöscht)

    Exzellenter Artikel. Das gilt für Frage und Antwort.

  • Die „Bibliothek des Konservatismus“ sammelt Bücher und Schriften von Holocaustleugnern. Sie ist keineswegs "konservativ", sondern ein Sammelzentrum des Rechtsradikalismus, eröffnet 2011 vom Träger "Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung". - Die taz berichtete.



    Es gab bereits antifaschistische und feministische Demonstrationen gegen sie oder vor ihrem Haus.



    Es ist auch eine Bibliothek der Nazi- und Weltkriegsverherrlichung und des Geschichtsrevisionismus:

    Markus Josef Klein, 1994 über den Rathenau-Attentäter "Ernst von Salomon. Eine politische Biographie." Vorwort von Armin Mohler.

    viele Titel aus dem Grabert/ Hohenrain-Verlag Tübingen, der meistindizierte Verlag des deutschen Rechtsextremismus.



    z.B. „Das Tribunal: der größte Justiz-Skandal der Weltgeschichte, ein deutsches Drama“, (von Hans Meiser 2005) über die Nürnberger Prozesse 1946-49;



    „Freispruch für die deutsche Wehrmacht: "Unternehmen Barbarossa" erneut auf dem Prüfstand“ (Andreas Naumann 2005);



    Nordbruch, Claus, 2008, "Machtfaktor Zionismus: Israels aggressive Außenpolitik", Nordbruch ist ein einschlägiger Nazi und Burenaktivist in Südafrika.



    Melisch, Richard, 2007, "Der letzte Akt: die Kriegserklärung der Globalisierer an alle Völker der Welt", Tübingen: Hohenrain

    von David Irving:



    -, 1996, Nürnberg die letzte Schlacht : hinter den Kulissen der Siegerjustiz ; aus den geheimen Aufzeichnungen der Ankläger und Richter , Grabert-Verlag;



    -, 1979, „Der Nürnberger Prozess : die letzte Schlacht“ Heyne;



    -, „Krieg zwischen den Generälen: das Alliierte Oberkommando und die Invasion 1944“;



    -, 2002, Adolf Hitler : Führer und Reichskanzler 1933-1945, Dresden: Winkelried



    -, 2007, Meine Gefängnisse,



    Reinhard Uhle-Wettler (Hrsg.) 1998, Wagnis Wahrheit: Historiker in Handschellen? Festschrift für David Irving, Kiel Arndt-Verlag

    Reinhold, 2002, "Fahnen brennen im Wind: Jugend und ihre Lieder im Nationalsozialismus", Bublies,



    Lobhymnen und Selbstdarstellungen über Ernst Niekisch, Otto Strasser, usw.

    • @nzuli sana:

      "Sie sind kürzlich in der Berliner Bibliothek des Konservatismus aufgetreten, wo sich auch die Neue Rechte trifft. Ihr Vortrag hat dem Publikum nicht immer gefallen."

      Dann hat Herr Rödder ja etwas getan, das ihnen eigentlich gefallen müsste, er hat der dort herrschenden Meinung widersprochen

  • "Konservatives Denken ist per se keines, das den Fortschritt selbst erfindet, sondern dass sich zum Wandel verhält. Sie können auch sagen: Konservative helfen, den Fortschritt vernünftig zu machen."

    Daa ist halt einfach riesiger Schwachsinn. Bei konservativer Politik geht es fast nie darum, Politik "vernünftig" zu machen. Sondern es geht schlicht darum, den Wandel solange herauszuzögern, bis das konservative Klientel, das (Spieß)Bürgertum und industrielle Interessen, sich damit irgendwie abfinden können. SUV-Fahren ist jetzt schon scheiße, Gleichstellung von Homosexuellen schon immer menschliche Notwendigkeit und ein gerechteres Sozialsystem schon immer finanzier-/machbar. Der CDU-Stammwähler fühlt sich durch solche Sachen nur allzu schnell in seinem Lebensstil/Ansichten/Reichtum bedroht und hält dann entsprechend solange es nur geht den Rest der Gesellschaft, der von solchen Maßnahmen profitieren würde (was oft genug sogar den CDU-Wähler mit einschließt), in Geiselhaft. Hier zu versuchen den CDU-Wähler, für den der Wandel doch "ach so schwer" ist, wenn es meist die anderen sind, die diese Missstände auf ihrem Rücken austragen müssen und denen vor dem Wandel die viel größeren Opfer abverlangt werden, auch noch in Schutz zu nehmen und dabei dann auch noch normierend zu behaupten, dass es erst dann "vernünftig" ist wenn die Wandlungsverweigerer auch endlich mit an Bord sind, ist dann fast schon Verhöhnung.

    • @Snip Snap:

      Und dass eine hochideologisierte Linke, die nur ihre Vorstellung von Gerechtigkeit im Kopf hat und die Realität danach zu formen versucht eine unglaubliche Menge von Schaden anrichten kann und dass es ein entsprechendes realitätbezogenes Gegengewicht braucht, ist natürlich vollkommen richtig. Aber dass dieses Gegengewicht dann gerade die Vertreternder alten Garde oder "alten Art der Unterdrückung" sein sollten, ist noch lange keine notwendige Folge/Konsequenz daraus. Es ist ja nicht so, dass es in der französischen, russische oder chinesischen Revolution nur die letztendlich an die Macht gelangten radikalideologischen Autokraten und die Vertreter der alten Ordnung gab und sonst nichts. In allen diese Fällen gab es ja auch auf der linken Seite alternative Ansichten, Pragmatiker und Kritiker, die mit den letztlich Machthabenden und deren Strategien genauso wenig anfangen konnten. Nur rollte bei denen dann oft genauso schnell der Kopf wie bei der alten Garde. Und dabei muss man sich ja auch immer vor Augen halten dass solche Gewaltexzesse und radikalen Umwälzungen ja auch nicht aus dem nichts kommen, sondern dass meist zuvor auch eine riesige Unterdrückung vorhanden gewesen sein muss, dass so etwas so hochschießen kann. Von daher taugen solche historischen Exkurse meiner Meinung nach weniger, um zu zeigen, dass sich beide Seiten die Waage halten müssen, sondern mehr um zu zeigen, dass beide nur zwei Seiten der selben aus Unterdrückung und Machtdenken geschmolzenen Medaille und entsprechend auch beide zu verneinen sind. Die Position der Rechten nimmt hier doch seine einzige Existenzberechtigung durch den Aufbauen eines pösen Buhmanns der radikalen Linken. Sobald dieser Buhman verschwindet, hat die Konservative Seite dann aber auch keine Existenzberechtigung mehr.

  • "Linkes Denken ist grundsätzlich anfällig für moralische Selbstgewissheiten, .."



    "......und die Liste linker Irrtümer ist lang."

    Das ist so schöööön das HIER zu lesen. Gibt es bei den Linken doch noch kritische Selbstreflexion? Hoffnung ist da.

    • @lulu schlawiner:

      Haben Sie das Interview überhaupt gelesen? Herr Rödder bezeichnet sich als konservativ nicht als links

      • @Ralf Eckstein:

        Wissen Sie was für eine Zeitung Sie lesen?

        • @lulu schlawiner:

          Ach Sie glauben, dass wenn Konservative in der Taz interviewt werden, dass die dann links werden? Und wenn linke in der Welt interviewt werden, dann werden die rechts?

  • "multikulturalistische, diversitätsorientierte Linke (und Grüne)"

    Ich habe immer etwas Probleme damit Linke und Grüne mit diesen Begriffen zu assoziieren. Sieht man es im Vergleich zu Nazis mit imperialistischen Zielen, d.h. die ganze Welt muss sich der eigenen Nation und Kultur unterordnen, mag das stimmen. Aber das scheint mir ein zu künstlich erzeugter Gegensatz. Relativ zur heute real dominierenden Buntheit sind es doch die Grünen und Linken, die eine universelle Weltordnung, ein universelles Wertesystem anstreben. Also eine universelle Wahrheit, der sich alle Nationen, Kulturen, Religionen etc. unterordnen und in dieser einen höheren universellen Wahrheit nur noch sekundäre Nebenaspekte sind. Mir scheinen gerade Linke und Grüne eine echte Buntheit, die auch schärfere Widersprüche beinhaltet, abzulehnen.

    Noch ein Wort, weil Herr Reeh so fragte, als sei es klar, dass derzeitige linke/grüne Werte ein universeller Fortschritt seien, den die Zukunft nicht in Frage stellen kann. Nehmen wir etwa individuelle Freiheitsrechte und die Förderung des Individuums. Das ist heute ein hoher Wert, zum Teil aber nur als relative Position zu früheren gesellschaftlichen Positionen. Natürlich steht das auch im Widerspruch zu anderen Zielen, auch anderen Zielen, die schon das Individuum selber in sich trägt, etwa Familie, Verlässlichkeit in Werten und Gruppen etc. Natürlich könnte in Zukunft auch wieder mal ein Hauptaugenmerk darauf liegen Individualität zurückzufahren.

    Selbstverständlich könnte auch wieder mehr Augenmerk darauf liegen sich näher an biologisch für die meisten nahgelegten Rollen zu orientieren. Das ist im Moment nicht vorstellbar, aber sicher nicht auf alle Zeit und unter allen Umständen festgeschrieben - heißt ja auch nicht zurück in alte Zustände - nur eben auch nicht immer das gleiche "Universelle" (oder eben doch nicht so Universelle).

    • @Markus Michaelis:

      Tatsache ist in jedem Fall, dass die Postulate der Konservativen IMMER einen Fortschritt aufgehalten haben, der sich am Ende als richtig erwiesen hat.

      In keinem Fall der Geschichte ist es ihnen gelungen die Zeit aufzuhalten.



      Aber bei Ihrer Verzögerung der kulturellen Anpassung an die kognitive Evolution haben sie unendliches Leid erzeugt.

      Zuletzt bleibe noch fest zu halten, dass Linke Exzesse - wie der Mao- und Stalinismus - in der Regel die Folge der Überkompensation konservativer Verlangsamung der kulturellen Entwicklung der sozialen Systeme waren.

      • @Michael Garibaldi:

        Dass die Konservativen IMMER einen Fortschritt aufgehalten habe, der sich am Ende als richtig erwiesen hat klingt aber sehr absolut. Zwar fällt mir auch kaum etwas ein, was sich nicht am Ende als richtig erwiesen hätte aber so ein Absolutismus ist doch genau die Gefahr, die auch von Links aus geht. Die Schuld für den Mao- und Stalinismus der konservativen Verlangsamung in die Schuhe zu schieben ist auch sehr einfach.

    • @Markus Michaelis:

      Lass doch einmal deine Nebelkerzen stecken. Die Forderung nach Toleranz und Selbstbestimmung ist keine nach einer Diktatur. Dein identitäres Gewäsch nervt. Beruf dich auf deine "biologische Rolle" und geh irgendwo jagen, such dir eine Gruppe, sei verlässlich und kapere eine Insel, aber bitte behalte deine rechte Propaganda mit schlampig angestrichener Fassade bei dir.

      • @Hampelstielz:

        Als rechte Propaganda würde ich eine andere Meinung wie die von Markus nicht bezeichnen. Gerade Ihr Kommentar lässt ja überhaupt keinen Raum für sachliche Diskussion und damit bestätigen Sie Markus eher in seinen Aussagen. Das heißt nicht, dass ich Markus Aussagen verteidige - das tue ich nicht - aber wer nicht offen für Diskussionen ist, scheint doch diese universelle Wahrheit für sich gepachtet zu haben.