Henkels neues Spielzeug: Bumm, peng, knall
Ein neuer Polizei-Roboter entschärft Sprengschätze mit Wumms. Das freut besonders Innensenator Frank Henkel.
„Lasst’s knallen jetzt!“ – Frank Henkel, Berlins Senator für Sport und sonstigen Krawall, ist ungeduldig. Seine Polizei soll ihm mal wieder beweisen, was sie so drauf hat. Doch der große Knall lässt auf sich warten. Seit mehreren Minuten steht Henkel also hinter einem Zaun und schaut, wie 20 Meter entfernt von ihm, im Innenhof des Polizeipräsidiums im Flughafen Tempelhof, ein Roboter seinen Schießarm auf einen Gegenstand ausrichtet.
Henkel ist zu Besuch beim Kampfmittelräumdienst vom Landeskriminalamt, um sich und der Hauptstadtpresse die neuestes Version des Fernlenkmanipulators präsentieren zu lassen. Ein hochgerüsteter Apparat auf Ketten, zwischen Mini-Panzer und Mondfahrzeug. Den Beamten dient er zur Entschärfung vermeintlicher Sprengsätze – in der Praxis also vergessenen Taschen oder Koffern.
Etwa 30 Mal im Jahr kommt der Sprengroboter in Berlin zum Einsatz – richtig gefährliche Gegenstände musste er noch nicht bekämpfen. Doch in diesen Zeiten, wo selbst Ansbach Ziel des internationalen Terrorismus ist, gilt es vorbereitet zu sein.
Die anwesenden Journalisten haben derweil andere Sorgen als den Bomben-Dschihad. Der zuständige Einsatzleiter hat ihnen nämlich verklickert, dass er und sein Team weder fotografiert noch gefilmt werden wollen. „Wir arbeiten im Bereich der Terrorismusbekämpfung“, tut er kund – und hat damit alles gesagt. Was das für ein Pressetermin sein soll?, mosern die Fotografen.
Und dann fährt der Roboter auch noch in die hinterste Ecke, sodass man noch nicht einmal erkennen kann, was für ein Gegenstand gleich durch einem Wasserstrahl mit einem Druck von 2.000 Bar zerfetzt werden soll. Man könne die Polizei-Pressestelle ja um Bilder fragen, geben sich die Kollegen in Blau hilfsbereit.
Nicht gegen Menschen
Der Senator gibt sich gut gelaunt, schließlich ist die Anschaffung des 220.000 Euro teuren Geräts aus dem von ihm angeleierten Anti-Terror-Paket finanziert worden.
Eine Anwendung wie zuletzt in Dallas, als ein ähnliches Gerät einen Sprengsatz zu einem verschanzten Polizistenmörder fuhr und diesen dann in die Luft sprengte, ist in Berlin allerdings nicht vorgesehen. Das Gesetz erlaube nur den Einsatz gegen Dinge. Möglich aber wäre es, so der namenlose Polizeiführer.
In die gespannte Stille ruft ein Polizist dann doch noch: „Drei, zwei, eins“ – Pause. Dann noch mal: „Drei, zwei, eins, null“ – Bumm hat’s gemacht. Und Henkel lächelt zufrieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe