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Hausprojekt Liebig 34Aktivist und Anwalt

Moritz Heusinger vertritt das queer-feministische Hausprojekt in Berlin-Friedrichshain juristisch. Es geht ihm um eine bunte und freie Stadt.

„Politisch nicht weit entfernt“ von der Hausbesetzungszene: Moritz Heusinger im Landgericht Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa

Selbst wo es laut wird oder gar handgreiflich, bleibt Moritz Heusingers helle Stimme ruhig und sachlich. Tumult hat der Anwalt mit dem graumelierten Haarzopf schon viel erlebt, seit er 2018 das Mandat für die besetzte Liebigstraße 34 in Berlin-Friedrichshain übernommen hat.

Auch als er am Dienstag gemeinsam mit Bewohnerinnen des symbolträchtigen queerfeministischen Hausprojekts vor die Presse trat, um über die drohende Räumung am Freitag zu sprechen, griff die Polizei ein. Als „illegale Schutzbewaffnung“ galt den Beamten der Helm, den eine der Be­woh­ne­r*in­nen zu ihrem Krokodilskostüm getragen hatte.

„Ich bin bei dem Fall nicht wirklich entspannt, das ist nur meine berufliche Hülle“, sagt Heusinger wenig später der taz. „Im Privaten werde ich sauer und bin zutiefst berührt.“ Denn, so erklärt der 54-Jährige, er sei „politisch nicht weit entfernt“ von der Hausbesetzungszene.

„Ich erlebe in Berlin eine drastische Verschärfung der Diskrepanz zwischen arm und reich.“ Sich Berlin leisten zu können, sei nicht mehr selbstverständlich, sagt Heusinger, dabei habe er die Stadt ursprünglich als bunt und frei kennengelernt.

Alternative Räume schützen

Anfang der Neunzigerjahre kam Heusinger, der sein Jurastudium in Marburg begonnen hatte, an die Freie Universität Berlin und machte in der Brunnenstraße 6/7 Bekanntschaft mit dem Häuserkampf. Wie die Liebig 34 und andere leerstehende Objekte in Ostberlin wurde dieser Komplex 1990 besetzt.

Als fertiger Anwalt mit Prädikatsexamen verteidigte Heusinger schließlich immer wieder selbstverwaltete Häuser vor Gericht. Die Rosenthaler Straße 68 ist ein Beispiel oder die Brunnenstraße 183. Es gehe ihm dabei darum, Räume zu schützen, die „Andersdenken“ und kreative Lebensformen ermöglichten.

„Ich setzte verstärkt auf die juristische Durchsetzung. Aber es geht auch um Aufmerksamkeit. Sang- und klanglos dürfen diese Freiräume nicht verschwinden“, erklärt Heusinger. Aufmerksamkeit erregten die Liebig 34-Verhandlungen in jedem Fall.

Ein erster Prozesstermin wurde abgebrochen, nachdem sich zwei Bewohnerinnen im Gerichtssaal die Kleidung von Oberkörper rissen. Beim nächsten Termin im Januar stellte Heusinger einen Antrag auf Befangenheit des Richters, weil dieser nur männliche Anredeformen genutzt hat. „An der Grenze zum Querulantentum“, nannte der Ex-Präsident des Anwaltsvereins diese Argumentation.

„Gewalt gegen Sachen mehr als nur verständlich“

Für Aufmerksamkeit sorgte auch der Brand, der am Auto des Eigentümeranwalts gelegt wurde und anfang dieser Woche ein Anschlag auf Kabelanlagen der S-Bahn im Osten der Stadt. „Gewalt gegen Sachen halte ich nicht für legitim“, so Heusinger, „aber für doch mehr als nur verständlich.“

Beim Räumungstermin am Freitagmorgen wird Heusinger versuchen, den Gerichtsvollzieher davon zu überzeugen, dass eine Räumung der Liebig nicht rechtens wäre, weil ein Wohnmietverhältnis bestehe und der falsche Hausverein beklagt worden sei. Inmitten des zu erwartenden Chaos wird er ruhig und sachlich bleiben.

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