I.M. Eimer fliegt aus dem Eimer

Wahrscheinlich zum letzten Mal wird der „Eimer“ in diesen Tagen geräumt. Mit Widerstand ist kaum zu rechnen: Diese Zeiten sind in Mitte vorbei

von FELIX LEE

Als die Besetzer zum ersten Mal das Gebäude betraten, standen überall Eimer herum. Seitdem heißt das Haus in der Rosenthaler Straße 68 „Eimer“. Genauer gesagt: „I.M. Eimer“. Das war vor 13 Jahren – die überhaupt erst zweite Hausbesetzung in Ostberlin nach dem Fall der Mauer. Und auch heute stehen neben dem Gerümpel noch überall Eimer herum. Nun soll das letzte autonome Kulturhaus in Berlin renoviert werden. Für die letzten verbliebenen Künstler heißt das: Zwangsräumung.

„Alles liegt jetzt in der Hand der Polizei“, sagt der Inhaber Yves Süsskind, Geschäftsführer der „Largo Grundstücksgesellschaft Rosenthaler Straße“. Einen entsprechenden Antrag habe er bereits gestellt. Es könnte also jeden Moment losgehen. „Wir haben über Monate hinweg versucht, zu verhandeln“, betont Süsskind. Das sei aber nicht möglich gewesen. Süsskind will in das Gebäude mit der denkmalgeschützten Fassade Wohnungen setzen. Der Zeitpunkt der Räumung war abzusehen, sagt auch Andreas Wilke vom Koordinierungsbüro Spandauer Vorstadt. „Da gibt es kein zurück.“

Die Besetzer bestreiten die Verhandlungsbereitschaft des Eigentümers. „Sie wollen uns nur raus haben“, sagt Rupi Wegner, seit vier Jahren Künstler im Eimer. Kompromisse habe es gar nicht gegeben. Rupi hat bereits den größten Teil seiner Sachen ausgeräumt. Die will er nun „auf dem Flohmarkt verhökern“. Doch erst mal wollen er und die „Eimer-Crew“ so lange bleiben wie möglich.“ Eine gewaltsame Räumung nehmen sie in Kauf. „Das wird eine große künstlerische Inszenierung“, verspricht Rupi. Mehr will er nicht dazu sagen.

Der Eimer sollte schon einmal vor zwei Jahren geräumt werden. Sagt Rupi. Damals hätten Polizisten das Gebäude während einer Party gestürmt, alle Leute rausgeschmissen, die technischen Geräte zerstört und die Stromleitung gekappt. „Von Räumung konnte damals keine Rede sein“, setzt Süsskind dem entgegen. Die Polizisten hätten lediglich die mangelnden Sicherheitsbestimmungen überprüft und gegen die Verantwortlichen eine Ordnungsbuße verhängt. Die Clubbetreiber jedenfalls waren schon wenige Stunden später wieder im Gebäude, wechselten die Schlösser aus und konnten kurze Zeit später auch wieder ihre Ravepartys veranstalten.

Seine eigentliche Blütezeit hatte das Haus Mitte der Neunzigerjahre. Damals war ganz Mitte übersät mit illegalen Clubs. Raver und Techno-Freaks machten sich auf die Suche nach neuen Beats und schrillen Sounds – und sie wurden im Eimer fündig. Die Rosenthaler Straße 68 wurde zum Zentrum für experimentierfreudige und ausgefallene Musiker aus aller Welt. Musik, die in anderen Clubs unvorstellbar gewesen wäre.

Heute ist der Glanz des Eimers verblasst. Zwar finden hier am Wochenende noch trashige Partys statt. Für Nostalgiker, die den Flair der Neunzigerjahre noch einmal genießen wollen. Doch die Zeiten, in denen Szenelegenden wir Robin C. Hemingway, die Bands Rammstein oder Die Firma hier regelmäßig auftraten, sind vorbei. Stadtkoordinator Wilke rechnet bei der Räumung daher auch nicht mit massivem Widerstand. „Diese Zeiten sind für Mitte vorbei.“