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Haushaltseinigung der AmpelEin mittelmäßiges Paket

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Der neue Haushalt krankt daran, dass sich die FDP an vielen Stellen durchgesetzt hat. Das erzwingt Einsparungen an den falschen Stellen.

Wirkt skeptisch: Olaf Scholz nach der Pressekonferenz zum Haushaltsplan 2024/2025 Foto: Michael Kappeler/dpa

E ine treffendere Bezeichnung als Ampel könnte es für das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP gar nicht geben. Die Koalition bewegt sich voran wie der Berufsverkehr auf einer Hauptstraße, auf der die grüne Welle nicht funktioniert. Mal fließt der Verkehr, meist aber nicht, und auch wenn irgendwann jeder sein Ziel erreicht: Zufrieden steigt am Ende keiner vom Rad.

Seit Freitag in aller Früh geht es mal wieder ein Stückchen vorwärts. Auf Regierungsebene steht die grobe Einigung auf einen Haushalt; der Bruch der Koalition ist zumindest für die nächsten Wochen abgewendet. Abschließend lässt sich das Ergebnis noch nicht bewerten. Alle Einzelheiten haben die Regierungsspitzen bisher nicht verraten, auch jetzt noch sind nicht einmal intern alle Details geklärt. Im Großen und Ganzen läuft es aber auf den erwartbar mittelmäßigen Haushalt hinaus.

Er krankt daran, dass die FDP an der Schuldenbremse festhält, gleichzeitig Steuersenkungen für Gutverdienende durchgesetzt und umweltschädliche Subventionen verteidigt hat. Das erzwingt Einsparungen an den falschen Stellen: Außen- und Entwicklungsministerien müssen zum Beispiel trotz globaler Krisen mit weniger Geld auskommen, und um aus dem Bürgergeld noch ein paar Millionen herauszupressen, drohen Betroffenen wieder härtere Sanktionen.

Weil so ein Haushalt ein großes Werk ist und SPD und Grüne entgegen manchen Gerüchten auch nicht ganz ohne Ambitionen sind, gibt es daneben natürlich auch manches Erfreuliches – die Ankündigung zum Beispiel, dass Geflüchtete schneller arbeiten dürfen, um nicht mehr so lange von Staatsgeld abhängig zu sein. Unterm Strich eben: ein mittelmäßiges Paket.

Nächste rote Ampeln in Sicht

Und trotz der Grundsatzeinigung vom Freitag steht nicht mal dahinter ein Haken. Für den Moment ist Bewegung in der Sache, die nächsten roten Ampeln sind aber in Sicht. Ressortübergreifend, das ist in der Vereinbarung festgeschrieben, müssen im Laufe der Zeit noch zusätzliche Milliarden eingespart werden. Das Außenministerium soll im Falle großer Krisen zwar einen Nachschlag bekommen, aber wann diese fällig werden, bietet neuen Anlass zum Streit. Und durchs Parlament muss es der Haushalt zuvor erst mal schaffen. Das war in der Vergangenheit nicht das größte Problem, Unzufriedenheit und Nervosität nehmen aber auch im Bundestag zu.

Daran zeigt sich ein zweites großes Problem der Schuldenbremse: Sie verhindert nicht nur Investitionen, sondern bindet auch enorme politische Energie. Gut möglich, dass die Koalition am Ende ans Ziel kommt und bis zum regulären Wahltermin durchhält. Aber das ständige Stop-and-go, das Immer-wieder-Bremsen und Neu-Anfahren, es kostet sie Kraft.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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22 Kommentare

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  • ...solange Leute wie Frau Marlou Dreyer hier in der Rentenreform etwas zu melden haben - kann man nur noch gute Nacht sagen - tut mir leid - diese Leute sind einfach nur noch Ubglaubwürdig - einen schönen Lebensabend wünschen wir von hier...wie schön das sie noch bei ihrer letzten Rede im Bundestag laut Lachen konnte - & tschüss Madame...

  • taz: *... und um aus dem Bürgergeld noch ein paar Millionen herauszupressen, drohen Betroffenen wieder härtere Sanktionen.*

    Natürlich, denn die Bürgergeldbezieher braucht man ja ganz dringend in diesem neoliberalen Monopolyspiel ('egal ob die nun Hartz-IV-Empfänger oder Bürgergeldbezieher genannt werden'), denn wenn man die schlecht behandelt, dann wird der kleine Arbeitnehmer es sich nicht wagen Forderungen zu stellen, denn den Arbeitnehmern will man ja in erster Linie klar machen: "Wenn ihr bessere Arbeitsbedingungen fordert und sogar noch eine Lohnerhöhung verlangt, dann werden wir euch auch ganz schnell in Harzt 5 (Bürgergeld) stecken."

    Dieses perverse Spiel ist so einfach zu durchschauen, jedenfalls wenn das Hirn noch funktioniert. Aber leider merken immer noch viele Arbeitnehmer nicht, dass sie die wahre Zielgruppe in diesem hinterhältigen Spiel der Mächtigen sind und nicht etwa die Bürgergeldempfänger, die nur Mittel zum Zweck sind, damit der klimaschädliche Wirtschaftswachstumswahn mit dem immer größer werdenden Niedriglohnsektor weitergehen kann - jedenfalls bis der Klimawandel diesem Wahnsinn ('Menschen ausbeuten und den Planeten zerstören') endlich ein Ende setzt.

  • Wenn Lindner sagt man habe sich in der Nacht neu auf Grundlagen der Zusammenarbeit geeinigt dann heisst das nichts anderes als: er hat damit gedroht, am Freitag die Koalition platzen zu lassen, wenn er seine Ideologie nicht durchsetzen kann.

  • Die Einigung im Haushalt ist ein Erfolg.



    Es ist angesichts der Krisensituationen eben an der Zeit, sich einzuschränken.



    Das ist natürlich weniger populär, als Geschenke zu verteilen.



    Dennoch haben Alle Beteiligten ihre Punkte machen dürfen.



    Eigentlich ist das doch auch für den Normalbürger nachvollziehbar.



    Wenn das Geld ausgegeben ist, muss auch mal was eingespart werden. Denn nur zur Erinnerung: durch Corona und den Ukrainekrieg hat der Staat, in den letzten Jahren, erhebliche Sonderausgaben für die Bevölkerung geleistet.



    Es ist kein Normalzustand über seine Verhältnisse zu leben.

    • @Philippo1000:

      Das "Einschränken" betrifft nur leider ausschließlich die Ärmsten im Bürgergeld, während man den Besserverdienenden die Steuern senkt und damit mehr Geld zuschanzt, das diese gar nicht wirklich brauchen.

      Auf der anderen Seite kürzt man bei den Ärmsten, die ohnehin ihr weniges Geld komplett in den Konsum stecken müssen, während die Steuerbeschenkten Gutverdiener einfach mehr Vermögen anhäufen. Wie davon die Wirtschaft profitieren soll, die ohnehin unter der schwachen Kaufkraft der Masse leidet, weiß vermutlich selbst die Ampel nicht, ist ihr vermutlich auch egal, Hauptsache es wird schön nach oben umverteilt und nach unten getreten.

    • @Philippo1000:

      Es ist im Angesicht der vielen Krisen Zeit zu investieren.

      Wenn Sie es nicht glauben wollen, dann schauen Sie mal nach GB was Jahrzehnte von Sparpolitik für Folgen haben.

      Man kann als Staat sich nicht aus der Krise sparen.

      Brücken reparieren und Sparen.

      Netzausbau und Sparen.

      Energiewende und Sparen.

      Häuser Sanieren und Sparen.

      Ausbau der Schiene und Sparen.

      Umbau in der Landwirtschaft unterstützten und Sparen.

      Usw usw.

      Die Kosten für Sanierung, Umbau, Fachkräftemangel steigen immer weiter, je länger das aufgeschoben wird.

      Auch dafür ist GB ein sehr guter Beispiel.

      Wenn der Herzinfarkt zum Todesurteil wird, weil kein Krankenwagen rechtzeitig kommt oder Schüler Radiergummis essen in einem reichen Land... Könnte man ev die Politik überdenken.

      Oder so weitermachen wie bisher und sparen!

    • 6G
      616719 (Profil gelöscht)
      @Philippo1000:

      Da muss man sofort fragen : für wen ist es ein Erfolg ? Profitieren 80% oder nur 10% der Bürger ? "Dennoch haben Alle Beteiligten ihre Punkte machen dürfen" Daraus lässt es sich ablesen, dass es (auch) für Sie vor allem um einen Wettstreit der Parteien geht : das halte ich für falsch, es sollte um die Interessen der Betroffenen, also der Bürger gehen, und das kann ich nicht erkennen.

  • "Unterm Strich eben: ein mittelmäßiges Paket."



    ... mittelmäßig viel Geld zum Ausgeben



    ... mittelmäßige Koalition



    ... mittelmäßiges Ergebnis



    Wer mehr erwartet hätte, verschließt sich der Realität.

  • Fahrtaufnehmen, Stillstand und Blockade, das sind die Funktionen einer Ampel im Straßenverkehr und bildlich gesprochen nun auch in der Politik dieser lahmen Koalition. Die Austeritätspolitik der FDP, ihre Schiebereien zugunsten ihrer reicheren Klientel hätten eines Machtwortes des Kanzlers bedurft, denn es kann nicht sein, dass der kleinste Partner der Koalition den größten Einfluss bekommt. Der Gedanke, dass Steuererleichterungen die Wirtschaft zu Investitionen anregen, ist naiv. Investitionen konnten auch bisher stets von der Steuer abgesetzt werden, Erleichterungen hier dienen nur der persönlichen Bereicherung derjenigen, die ohnehin schon mehr als genug haben.

  • Ein journalistisches Sommerloch-Thema weniger. Nachtragsvolumina sind keine Seltenheit und keine Schande. Sondervermögen sind keine Guthaben. Vielleicht können einige ProtagonistInnen jetzt endlich mal ferienzeitgemäß abschalten und entspannen.



    Über den sogenannten Nebenhaushalt:



    www.bpb.de/kurz-kn...shalt-gesetz-wird/

  • Scholz ist nur formal ein Bundeskanzler. Aus unerfindlichen Gründen führt er nicht, sondern redet um jeden heißen Brei herum. Die SPD und auch die GRÜNEN können -als Parteien- nicht dagegenhalten weil ihre Protagonisten sonst Machtverlust zu ertragen hätten - vielleicht und denen ist dieses Risiko zu hoch. Das hat auch die Pseudo-Partei FDP erkannt und wird größenwahnsinnig, erpresst und bedient nur ihre Klientel. Die blanke Freude an dieser Situation haben die Faschos....

  • Wie um alles in der Welt kann man darauf kommen JETZT Steuererleichterungen für Reiche zu machen und Arme noch weiter zu sanktionieren.



    Kinderarmut für Jet-Set.



    Unfassbare Klientelpolitik und ein sehr schwacher Kanzler.

    • @So,so:

      Wie man darauf kommt?



      Indem man einfach vorliest, was die entsprechenden Lobbyisten einem als Argumentationshilfe aufgeschrieben haben.



      Hinweis: Juristen haben es nicht so mit Zahlen, vor denen kein § steht. Wirtschaftspolitik und das Denken in gesamtwirtschaftlichen Modellen und Zusammenhängen ist in der Ausbildung nicht vorgesehen. Und die wenigsten schaffen sich das so "nebenher" drauf....

    • 6G
      616719 (Profil gelöscht)
      @So,so:

      Das ist Programm der "Friede-den-Palästen"-Partei, das wussten alle vorher und der vorgebliche Sozialdemokrat wollte mit ihnen soziale Gerechtigkeit herstellen - wohl dem, der über so etwas noch lachen kann. Und im Herbst versteht wieder keiner, warum die sog. bürgerliche Mitte so wenig Zuspruch erfährt!

    • @So,so:

      Sind Sie echt überrascht? Die bevorzugte Zielgruppe ist bei nahezu allen demokratischen Parteien die gleiche (außer vllt die Linke). Sie unterscheiden sich nur minimal wie viel sie den Millionen Mindestlohnempfängern, der unteren Mittelschicht und Mittelschicht lassen wollen.



      Kennen Sie irgendwelche Konzepte welche die Menschen ab Oberschicht belasten oder einschränken sollen? Oder das man interessiert ist Steuerschlupflöcher anzugehen?



      Mir fallen jetzt auch nur Beispiele ein welche Haushalte prozentual mehr belasten je weniger sie haben.

      Aber es gibt etliche Konzepte bei den man schön nach oben Umverteilen kann, zum Beispiel im Klima- Transformatiosfond.

      Scholz war unglaublich clever und hat gleichzeitig gezeigt wie egal ihm die Menschen mit geringem Einkommen sind. Er hat sich, vermute ich, bewusst vor einem Jahr aus der Mindestlohndiskusion herausgehalten, weil er weiß, wenn er kommt im Wahlkampf mit 15 Euro Mindestlohn das viele den Strohhalm greifen müssen. Er dachte wohl das es bestimmt für die erneute Kanzlerschaft reicht, wohl eher nicht aber eine Groko ist drin. wahrscheinlich mit der Einigung auf die EU Mindestlohnrichtline. Vllt noch eine Mehrwertsteuererhöhung.

  • Einen herzlichen Dank an die FDP, die das Grundgesetz achtet und der nächsten Generation zu den Umweltproblemen nicht auch noch die Abzahlung von Schulden auferlegt.



    Eine Solidarität der arbeitenden Klasse mit jenen, die beim Bürgergeld sanktioniert werden, gibt s wohl kaum.

  • Die FDP hat sich also wieder einmal durchgesetzt, den Besserverdienenden werden die Steuern gesenkt und den Ärmsten im Bürgergeld und der Grundsicherung nicht nur ein vom Bundesverfassungsgericht geforderter, jährlicher Inflationsausgleich verweigert, sondern zusätzlich wieder einmal die Sanktionen verschärft, dabei sind heute schon Totalsanktionen möglich. Ach ja die Kindergrundsicherung kommt zwar, nur leider ohne Geld, also eine reine Umbenennung von Bürgergeld zu Kindergrundsicherung.

    Schäbig, schäbiger, Ampel. Danke für Nichts.

  • Der kleinste Koalitionspartner bremst und führt die anderen an der Nase herum, wiedermal. Und wofür? Siehe oben, dritter Absatz.

    • @Ciro:

      Soo ganz dumm ist die Schuldenbremse vielleicht doch nicht. Und natürlich befürwortet uns Olaf klammheimlich die Schuldenbremse.

      • @Marmot:

        Wir sind Autoland. also ein Autobeispiel: Ein Auto hat 2 Bremsen.



        Eine Handbremse: die ist dafür dass alles stehen bleibt, wo es ist.



        Und die Fußbremse, die ist fürs Fahren und wird nur dann eingesetzt, wenn es die Fahrsituation erfordert. Und man versucht, Vollbremsungen zu vermeiden.



        Die FDP ist die Handbremse.

      • @Marmot:

        "klammheimlich" haha. Ganz und gar offen sogar.

    • @Ciro:

      Wie wäre es dann sich einen anderen Koalitionspartner zu suchen?



      Da gibt es keinen, der die Wünsche so umsetzt und groß genug ist?

      Vielleicht ist dann ja auch demokratische Mehrheitswille einfach nicht das, was Rot-Grün gerne möchte?



      Und die Umfragewerte für Rot-Grün sind eher gefallen und nicht zugunsten von anderen Linken Parteien.