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Haushalts-Shutdown in den USAAmerikanisches Roulette

Haben die USA bis Donnerstag ihre Schuldendecke nicht erhöht, strauchelt der Dollar als Leitwährung. Aber die Blockade in Washington geht weiter.

Die juckt da was: Ex-Gouverneurin Sarah Palin und Tea-Party-Darling Senator Ted Cruz. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Am 14. Tag der vom Kongress provozierten partiellen Stilllegung der US-Regierung und nur drei Tage, bevor der Weltwirtschaft die nächste Rezession „made in the USA“ droht, gehen in Washington die Machtspiele zwischen den beiden Parteien weiter.

Nachdem die Verhandlungen zwischen dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses und dem Weißen Haus gescheitert sind, sollen als Nächstes zwei alte Männer, die persönlich tief verfeindet sind, Auswege suchen: Der demokratische Senatschef Harry Reid (73) und der Chef der republikanischen Minderheit im Senat, Mitch McConnell (71).

Vor 188 Finanzministern und Notenbankchefs aus aller Welt, die zur Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds nach Washington gekommen sind, äußerte IWF-Chefin Christine Lagarde ihre Sorge vor neuen globalen Turbulenzen, falls die USA bis Donnerstag ihr Schuldendach nicht erhöhen. Eine Zahlungsunfähigkeit der USA sei weltweit eine „massive Störung“ und berge hohe Risiken, sagte die Französin.

Ein paar Blocks weiter zogen mehrere Stars der Tea Party und ein paar hundert Demonstranten am Wochenende mit Schildern vor das Weiße Haus, auf denen zu lesen war: „Amtsenthebung für Obama“. Veteranen in der Demonstration luden vor dem Weißen Haus Absperrgitter ab, die sie vor wegen des Shutdowns gesperrten Kriegsdenkmälern und anderen Erinnerungsstätten eingesammelt hatten.

In der radikal rechten Menge, die von der Verantwortung der Republikanischen Partei für den gegenwärtigen Stillstand in Washington ablenken wollte, waren unter anderem der neue Shooting Star der Tea Party, Senator Ted Cruz, und der frühere Star Sarah Palin zu sehen.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Am Donnerstag, wenn die Frist zur Erhöhung der Schuldendecke abläuft, werden nur noch 30 Milliarden Dollar Cash in den Kassen von US-Finanzminister Jack Lew sein. Was auf den ersten Blick nach viel Geld aussieht, ist angesichts der nationalen und internationalen finanziellen Verpflichtungen der US ein Tropfen auf den heißen Stein, mit dem die USA allenfalls noch einige Tage im gehabten Rhythmus weiterfunktionieren könnten.

Falls die Politiker bis Donnerstag keine Erhöhung des Schuldendachs bewilligen, darf Finanzminister Lew keine neuen Kredite mehr aufnehmen. Er verfügt dann nur noch über die täglichen Steuereinnahmen, die lediglich 70 Prozent des ausgegebenen Geldes abdecken. Zu den am schwersten Betroffenen dürften die Bedürftigen in den USA gehören: Arbeitslose, Rentner, Kriegsveteranen.

Neben Lebensmittelmarken, Rentenversicherungsschecks und anderen Sozialleistungen würde das Ausbleiben eines neuen Schuldendachs auch die US-Geschäfte auf den internationalen Finanzmärkten gefährden. Direkt betroffen wäre eine Refinanzierung von 370 Milliarden US-Dollar Schulden, die zwischen dem 18. Oktober und dem 15. November ansteht.

Normalerweise zahlt die US-Regierung bei solchen Refinanzierungen ihre Schulden zurück und nimmt neue auf. Doch wenn die finanzielle Solidität der internationalen Leitwährung erschüttert wird, ist es wahrscheinlich, dass die Kreditgeber ihre Zinsen erhöhen. Damit würden nicht nur die Schulden der USA, sondern auch sämtliche auf Kredit funktionierenden Geschäfte im Inneren des Landes teurer.

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12 Kommentare

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  • Die Wildwestpolitik von George Bush ist im Haushalt angekommen und ausgerechnet die Republikaner verschließen jetzt ihre Augen.

    God bläst Amerika!

  • Lassen wir den Dollar ruhig mal straucheln. Vielleicht wird dann der Euro Leitwährung? Wäre doch mal eine Alternative.

  • S
    Sören

    Nun geht es ja eigentlich um zwei parlamentarische Routine-Angelegenheiten, die durch die Republikaner verschleppt werden. Die Zustimmung für diese ist auf einem Allzeit-Tief, irgendwann müssen die gemäßigten Kräfte in der Partei sich entscheiden, ob sie sich weiter von der Tea Party treiben lassen wollen.

     

    Es war eine republikanische Regierung, die durch 2 Kriege im letzte Jahrzehnt die Staatsfinanzen in Unordnung gebracht hat. Hinzu kam die falsche Reaktion zu Beginn der Finanzmarktkrise. Während George Bush einen Haushalt im Plus übernommen hat, mit laufender Wirtschaft, bekam Präsident Obama einen Trümmerhaufen zur Amtsübernahme.

     

    Das Grundproblem sind aber nicht die Ausgaben des Bundes, sondern die unter Druck stehende Mittelschicht. Sie muss seit Jahrzehnten mit stagnierenden Löhnen und steigenden Kosten kämpfen. Immer mehr rutschen ab, und Aufstiegsmöglichkeiten haben abgenommen. Dieses Problem muss die Politik angehen, um die USA wieder in die Spur zu bekommen.

  • W
    Wolfgang

    Die REPs der Monopolbourgeoisie und ihr geistig-manipulatorischer Erfolg bei der nordamerikanischen Arbeiterklasse? (!)

     

    Analog: Die deutschen Blockparteien der Finanz- und Monopolbourgeoisie und ihr geistig-manipulatorischer Erfolg bei der Bevölkerungsmehrheit und großen Teilen der wirtschaftsliberal-sozialdemokratischen Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbänden!

  • T
    Ätz

    Ted Cruz ist am besten. Aus dem wäre auch ein guter Priester geworden. In diesem Leben vielleicht noch Präsident der USA, Palin Außenministerin, die Welt würde wieder eine schlimme Show im Stil von George W. Bush erleben, gottgefällig versteht sich, im nächsten Leben wird er dann Papst ;-). Da ist mir selbst der "Friedensnobelpreisträger"- oder sollen wir Lügenbaron sagen?- noch lieber.

  • Man darf gespannt sein, wie die Bevölkerung der USA wahrnimmt, dass die Teaparty die Regierung und den gemäßigten Teil der republikanischen Partei in Geiselhaft nimmt.

    • J
      Jacob
      @noevil:

      Ich kann mir aber auch vorstellen, dass (viele) Bürger ihren Missmut auf Obama und seine vermeintliche Führungsunfähigkeit projizieren, wenn soziale Leistungen ausbleiben, dass Obama am Ende an Zuspruch verliert.

  • G
    Gast

    "Er verfügt dann nur noch über die täglichen Steuereinnahmen, die lediglich 70 Prozent des ausgegebenen Geldes abdecken."

     

    Hmmm. Vielleicht stimmt da tatsächlich auf der Ausgabenseite was nicht?

    • BV
      Bericht von Drüben
      @Gast:

      Eigentlich müsste deren Ausgabenseite noch mehr belastet werden. Beispielsweise muss die marode Infrastruktur in dem Land dringend instand gesetzt werden. Deren Stromnetz hat den Stand eines Entwicklungslandes.

    • EN
      Ein Nahmen
      @Gast:

      ... oder auf der Einnahmenseite?

      Banken und Unternehmen schreiben Zahlen wie noch nie. Gigantische Gewinne im New Yorker Bankenviertel - New York Schulen können keine Unterricht mehr abhalten. Der Dow Jones auf einem Allzeithoch ...

    • KR
      Karl Ranseier
      @Gast:

      Oder es stimmt etwas auf der Einnahmenseite nicht ...

      Einkommenssteuersätze, fehlende Vermögenssteuer, etc.

  • PS
    Paul Simon

    Ich werde nun einfach so, ob Sie es wollen oder nicht, einen verdammt zugespitzten und völlig pauschalen Satz von mir geben, den ich gleichzeitig eigentlich schon wieder relativieren möchte, weil er doch irgendwie nicht ganz stimmt und viel zu oberflächlich ist, ich zudem Generalisierungen jeglicher Art immer skeptisch sehe. Und doch, es muss jetzt mal sein, nur halb ironisch und im Scherz gemeint - versteht sich -, denn ich mag ja viele Menschen da drüben und die TV Soaps gucke ich ja auch so gerne. Wo war ich? Ach so ja.. Also, was ich sagen wollte, hören Sie zu, ja, auch Sie da Vorne mit dem Kopfhörern, Attention bitte, also, nehmen Sie es mir nicht übel, aber: Die spinnen, die Amis!