Haushalt: Von einem Töpfchen ins andere
Elf Millionen Euro mehr als geplant will Bremen für Bildung, soziale Einrichtungen und Klimaschutz ausgeben – und all das ganz ohne Neuverschuldung.
Die rot-grüne Regierungskoalition hat sich auf den kommenden Haushalt geeinigt. Am gestrigen Mittwoch präsentierten die Fraktionsvorsitzenden und haushaltspolitischen Sprecher ihre Ergebnisse und bestätigten damit, was im Vorfeld durchgesickert war: Im Bildungsbereich soll deutlich mehr investiert werden als vom Eckwerte-Entwurf des Senats vorgesehen (taz berichtete). Außerdem wird die Finanzierung von Beratungsstellen wie „Rat & Tat“ sowie den Frauen- und Mädcheneinrichtungen weiterlaufen und teils sogar aufgestockt. Auch im Bereich Klimaschutz legt Bremen noch eine Schippe drauf auf die ohnehin geplanten zwei Millionen Euro jährlich: Ab 2015 wird sich das Land zusätzlich mit einer Million pro Jahr an der Arbeit der Klimaschutz-Agentur „energiekonsens“ beteiligen.
Geeinigt haben sich die Fraktionen auf den Ausbau von Ganztagsgrundschulen: Die Vahrer Grundschulen an der Witzlebensstraße und in der Vahr, an der Delfter Straße in Huchting und an der Rechenflethstraße in Woltmershausen werden offene Ganztagsschulen, und aus der bisherigen „Ganztagsschul-Außenstelle“ am Saatland, der Grundschule Borgfeld, wird ebenfalls eine eigenständige offene Ganztagsschule. Die Gröpelinger Grundschule am Pastorenweg wird 2016 zur gebundenen Ganztagsschule, die an der Stader Straße ebenfalls. 90 LehrerInnen-Stellen werden geschaffen, die Anzahl der Vertretungskräfte soll auf 55 Stellen erhöht werden, geplante Personalkürzungen an Uni und Hochschule werden teilweise zurückgenommen.
Auch so manche Beratungseinrichtung kann aufatmen: Die Zuschüsse für den „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen“ und den Frauengesundheitstreff Tenever werden nicht wie geplant zurückgefahren, sondern um 30.000 Euro jährlich aufgestockt, die Seniorenbegegnungsstätten werden nicht gekürzt. Weiter bezuschusst werden auch die Männer-Beratungsstelle „Neue Wege“, die Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel sowie die Bremer Frauenhäuser. Die Mittel für das Mädchenhaus werden um jährlich 30.000 Euro aufgestockt, das Unterstützungsangebot „Präventive Hausbesuche“ soll auf Gröpelingen und Blumenthal ausgeweitet werden, die Streichung der Mittel für das „Rat & Tat“-Zentrum für Schwule und Lesben ist vom Tisch.
Trotz der Ausgaben soll der Haushaltsrahmen von 4,6 Milliarden Euro nicht überschritten werden. Die Planung der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert, bis 2020 die Neuverschuldung auf null zu reduzieren, soll bestehen bleiben. Zins- und Steuergewinne in Höhe von 3,5 Millionen Euro fließen in die Finanzierung ebenso wie Überschüsse von drei Millionen aus dem Sondervermögen Hafen. Neben Kürzungen der Dienstreisen- und Geschäftsbedarfe der Ressorts in Höhe von 600.000 Euro pro Jahr verzichtet Bremen zwei Jahre lang auf neue Projekte, die durch das Impulsmittel-Programm finanziert würden; macht noch einmal fast zwei Millionen Euro.
„Bei den Finanzen gibt es keinen Vorgriff auf vermutete Einnahmen, keine neue Schulden und keine neuen Kredite“, sagte Hermann Kuhn, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen bei der Präsentation der Verhandlungsergebnisse. Und mit dem geänderten Haushaltsplan werde ohnehin „nur die Linie des Senats fortgeführt.“
Dem Bremer Stadtverband der Gewerkschaft GEW gehen die Haushaltspläne nicht weit genug. Zwar sei der Ausbau der Ganztagsschulen richtig, heißt es in einer Mitteilung der Gewerkschaft, aber die Planung müsse sich vor allem auf die gebundene, nicht auf die offene Schulform konzentrieren. Damit folgt die GEW der Bremer Linksfraktion: Bei den Plänen zum Ausbau der Ganztagsschulen, so deren Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt, würde die zentrale Frage nach der Qualität der Einrichtungen ausgespart. Auch das strukturelle Defizit der Universität sei nicht behoben, bloß weil dort nun lediglich weniger Stellen abgebaut würden.
Cindi Tuncel, jugend- und migrationspolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisiert, dass die Weiterfinanzierung der drei Bremer Jugend- und Kompetenzagenturen, deren jetzige Finanzierung durch Bundesmittel Ende des Jahres ausläuft, nicht gesichert ist. Sie leisteten gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund in sozial benachteiligten Quartieren wichtige Arbeit, „aber bislang gibt es weder vom Arbeits- noch vom Sozialressort eine klare Ansage, dass sie im bisherigen Umfang erhalten bleiben“.
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