Hassverbrechen gegen Trans*Personen: Belästigt, attackiert, getötet
Nicht nur in den Vereinigten Staaten werden Trans*Personen regelmäßig Opfer von Gewalttaten – bis hin zum Mord.
Berlin taz | Es ist Dienstag kurz nach sechs Uhr morgens, als die 24-jährige Keke Collier im Stadtteil Englewood in Chicago auf offener Straße erschossen wird. Die Polizei bezeichnet sie zunächst als männliches Opfer. Colliers Freunde stellen später klar, dass sie sich als Transgender-Frau identifizierte. Sie hat Schusswunden an Brust, Arm und Hand. Sie wird ins Krankenhaus transportiert, wo sie später stirbt. Der Täter ist flüchtig, die Polizei ermittelt.
Keke Collier ist bereits die vierte Trans*Person, die in diesem Jahr in den USA ermordet wurde. Die Bezeichnung Trans*Person umfasst all jene Menschen, die sich ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht, nicht, nicht vollständig oder zeitweise nicht zuordnen können oder wollen – eine Zuordnung erfolgt grundsätzlich über Selbst- und nicht über Fremddefinition.
Insgesamt identifizieren sich etwa 1,4 Millionen Personen als Trans*Menschen in den USA. Und auch wenn ihre Präsenz in der Öffentlichkeit heute zugenommen hat – etwa durch die Schauspielerin Laverne Cox oder die ehemalige Sportlerin Caitlyn Jenner –, sinkt die Gewalt gegen Trans*Personen im Alltag nicht.
Inoffiziellen Listen zufolge, die sich meist auf Berichte lokaler Organisationen stützen, wurden in den USA auch 2016 – je nach Quelle – zwischen 21 und 27 Morde an Trans*Personen gezählt, die offenbar aufgrund ihrer Geschlechteridentität begangen wurden. Meist handelte es sich dabei um Women of Color. Die Fälle, die in diesen Listen genau dokumentiert sind, zeigen nicht selten ein hohes Maß an Aggression, beinhalten Folter oder Verstümmelung. Oft wurden die Opfer schon zuvor regelmäßig belästigt, bedroht oder attackiert.
Fast jede zweite Trans*Person Opfer sexueller Übergriffe
Doch das betrifft nicht nur die USA. Laut den Zahlen des Trans Murder Monitoring Projektes (TMM) wurden 2016 weltweit 295 Trans*Personen aufgrund ihrer Geschlechteridentität ermordet. Die meisten Opfer gab es demnach in Brasilien, Mexiko und den USA – aber auch in Italien und in der Türkei wurden je fünf Trans*Personen getötet.
Viel mehr Trans*Menschen werden freilich im Alltag regelmäßig belästigt. Die bisher größte US-Studie mit 27.000 Trans*Personen stellte 2015 fest, dass 46 Prozent im Jahr zuvor verbal belästigt, 9 Prozent körperlich attackiert und 10 Prozent Opfer sexueller Gewalt wurden. Ganze 47 Prozent gaben an, schon einmal Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden zu sein. Von den Befragten waren 15 Prozent ohne Arbeit, ein Drittel lebte in Armut und 40 Prozent hatten schon einen Suizidversuch hinter sich.