Hartes Thermomix -Urteil: Jetzt heißt es stark sein!
Böse Überraschung: Wer einen Thermomix TM5 gekauft hat, bekommt nicht recht, wenn er sich von der Einführung des TM6 überfallen fühlt.
Es sollte „eine Überraschung“ werden. Mit diesem Satz begründete im März 2019 der Thermomix-Hersteller Vorwerk seine überfallartige Produkteinführung des TM6: Einem weiteren Modell der Thermomix-Serie, das mit neuen Funktionen, wie Braten und Fermentieren dem passionierten Antikoch das Leben ungemein erleichtern soll.
Der Thermomix ist eine mehr als vollumfängliche Küchenmaschine, die nicht nur Zutaten zerkleinern kann; sie übernimmt auch das Kochen für diejenigen, die es nicht können, nicht wollen oder keine Zeit dafür haben. Und super ist: Das neueste Modell ist im Paket mit Kochbuch, Kochkurs und Rezept-Portal schon für unter 1.500 Euro zu haben!
Viele treue Vorwerk-Kunden allerdings fühlten sich überrumpelt, da sie sich gerade für einen TM5 entschieden hatten. Der kann „nur“ kochen und über das Display Rezepte direkt aus dem Internet abrufen. In den sozialen Medien entstand ein Shitstorm – und gestern urteilte das Landgericht Wuppertal in zweiter Instanz, dass Vorwerk nicht dazu verpflichtet ist, langfristig im Voraus Neuerscheinungen anzukündigen.
Eine Kundin aus Kaiserslautern hatte geklagt, da sie sich durch die gezielte Nichtinformation in ihrer Kaufentscheidung benachteiligt fühlte. Ihren Kauf vom Januar 2019 wollte sie gern rückgängig machen. Sie war die einzige Klägerin vor dem Landgericht Wuppertal, aber nicht die einzige Empörte. Unter anderem wurde Vorwerk „arglistige Täuschung“ vorgeworfen. Der Verbraucherzentrale zufolge blieb die „große Welle“ aber aus.
Dankbar sein
Sollten wir denn nicht auch eher dafür dankbar sein, dass uns Vorwerk eine penetrante Neuankündigungsmarketingwelle erspart? Wir werden in Kaufhäusern und im Onlinehandel mit Sonderpreisen und Neuankündigungen doch ohnehin schon überschüttet.
Das Gericht sah das jedenfalls ähnlich. Die Klägerin hätte sich aktiv nach zukünftigen Releases erkundigen müssen. Auch sei das berechtigte Interesse des Unternehmens zu berücksichtigen, die vor dem Produktwechsel angebotenen Modelle noch abzusetzen.
Da jedoch weder Kaufhausmitarbeiter noch Vorwerkvertreter über die Neuerscheinung informiert waren, hätte sie auch im Beratungsfall keine Information darüber erhalten können. Im Laufe des Prozesses teilte Vorwerk mit, dass alle Kunden, die zwischen dem 20. Februar und dem 8. März 2019 einen TM5 gekauft haben, schriftlich über den Release informiert wurden und ein individuelles Tauschangebot erhalten hätten.
Der Umsatz vom Thermomix ist seit einigen Jahren konsequent rückläufig. Da bleibt die Frage, ob das „Überraschungsmarketing“ eine im obigen Sinne Rücksicht auf die Verbraucher ist oder ob Vorwerk überhaupt konsequent auf Marketing verzichtet. Für andere Unternehmen ist dieses Urteil dabei nicht bindend. In solchen Fällen, hieß es vom Gericht, werde immer der Einzelfall verhandelt und die Sache sei nicht auf zukünftige Überraschungen übertragbar.
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