Handelsstreit zwischen EU und USA: Darauf einen Bourbon
Die US-Strafzölle gegen die EU sind in Kraft. Und jetzt? Elf Fragen und Antworten zum aktuellen Scharmützel zwischen Bündnispartnern.
1. Alle sprechen von einem Handelskrieg zwischen den USA und der EU. Wie groß ist die Bedrohung?
Der Konflikt zwischen der EU und den USA eskaliert sprachlich („aggressive Maßnahmen“, „Zäsur“), aber das ist kein Krieg mit Bomben. EU und USA sind weiterhin Bündnispartner. Zwischen ihnen kam es immer wieder zu harten wirtschaftlichen Auseinandersetzungen. 1963 etwa gab es den „Hähnchenkrieg“, als die USA Geflügel im großen Stil in die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft exportieren wollten und 25 Prozent Zoll auf Autos erhoben, um dies durchzusetzen. Der Unterschied: „Früher ging es um einzelne Produktgruppen, Trump geht es um ein neues Welthandelssystem“, sagt der Ökonom Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
2. Welche Zölle hat US-Präsident Donald Trump erlassen?
Trump hat bereits im März verfügt, dass die USA generell Zölle von 25 Prozent des Handelswerts auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium erheben. Der EU, Mexiko und Kanada hat Trump bis zum 1. Juni Zeit gegeben, durch Zugeständnisse eine Ausnahmeregelung zu erreichen. In Gesprächen soll von einer freiwilligen Begrenzung der Metalllieferungen und Senkung der Zölle auf US-Produkte die Rede gewesen sein. Einig wurde man sich aber nicht. Deshalb sind die Zölle am 1. Juni in Kraft getreten.
3. Wer ist davon betroffen?
Mexikanische, kanadische und europäische Stahl- und Aluminiumhersteller. Deutsche Unternehmen sind allerdings kaum betroffen, denn die liefern in die USA Spezialstähle, die nicht unter das Zollverdikt fallen. Sollte Trump aber Ernst machen und wie angedroht auch auf Autoimporte Zölle von 25 Prozent erheben, wird das die deutsche Industrie zu spüren bekommen. Denn die USA sind ein wichtiger Absatzmarkt für BMW, Mercedes und VW. Trump soll gesagt haben, er werde nicht lockerlassen, bis er keine Mercedes-Sterne mehr auf der Fifth Avenue in Manhattan sieht.
4. Was verspricht sich Trump von solch einer Zollpolitik?
Vordergründig erfüllt er ein Wahlversprechen, das er den ArbeiterInnen der amerikanischen Stahlindustrie gegeben hat. Im Kern stellt Trump das bisherige Welthandelssystem infrage. Er geht innerhalb des Nafta-Wirtschaftsraums auf Konfrontation mit Kanada und Mexiko und liegt auch mit China im Clinch. Bislang funktioniert der globale Handel über die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO), in der fast alle Staaten Mitglied sind, auch die USA. Die WTO ist seit Langem in der Krise. Deshalb sind die großen Industrieländer dazu übergegangen, auf regionale multilaterale Abkommen wie das TTP oder das TTIP zu setzen. Doch die will Trump auch nicht.
5. Stürzt Trump uns in eine Weltwirtschaftskrise, vergleichbar mit den 1930er Jahren als sich alle Staaten gegeneinander abschotteten?
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Die Lage kann höchst ungemütlich werden, wenn es zu einer Kettenreaktion kommt und immer mehr Staaten Zölle erheben. Aber das ist nicht wahrscheinlich. Ökonomen wie Gustav Horn rechnen damit, dass Trumps Zölle der US-Wirtschaft so stark schaden, dass Trump unter Druck gerät.
6. Kann Trump die Zölle einfach so einführen?
Trump trickst. Er beruft sich auf eine alte Regel, wonach die Erhebung von Zöllen möglich ist, wenn die nationale Sicherheit in Gefahr ist.
7. Wie viel Stahl und Aluminium exportiert die EU in die USA?
Für Unternehmen aus der EU geht es um Lieferungen im Wert von 6,4 Milliarden Euro.
8. Was kann die Bundesregierung tun?
Auf diplomatischem Weg nach Verständigung suchen. Formal zuständig ist aber die EU. Genauer: Handelskommissarin Cecilia Malmström.
9. Welche Gegenmaßnahmen plant die EU?
Die EU hält die Zölle für rechtswidrig, weil sie gegen die Regeln der WTO verstoßen. Sie selbst will sich an die Regeln halten. „Die Vereinigten Staaten lassen uns keine andere Wahl, als ein Streitschlichtungsverfahren vor der WTO einzuleiten und zusätzliche Zölle auf eine Reihe von US-Produkten zu erheben“, sagt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das sind Zölle auf Waren wie Motorräder, Jeans oder Bourbon. Die EU hat die Liste bereits am 18. Mai bei der WTO eingereicht. Dabei geht es um Importe aus den USA im Wert von 2,8 Milliarden Euro. Mitte Juni könnten die Zölle in Kraft treten.
10. Bourbon?
Es geht nicht um Geld, es geht um ein Zeichen. „Die EU antwortet mit Nadelstichen“, erklärt Ökonom Horn. Die EU versucht, Druck auf republikanische Politiker aus Bundesstaaten auszuüben, in denen diese Produkte hergestellt werden. Das Kalkül: Diese Politiker sollen Trump dazu bewegen, seine Linie zu ändern.
11. Wie geht es jetzt weiter?
Der Streit wird erst einmal weitergehen. „Ich erwarte bis November weitere scharfe Scharmützel“, sagt Ökonom Horn. Dann zeigen die Kongresswahlen in den USA, ob Trump seine Linie durchhalten kann. „Ich empfehle Gelassenheit“, sagt Horn. Denn der Schaden in den USA sei voraussichtlich größer als in Europa. Der Industriezweig, der Aluminium und Stahl verarbeitet, ist größer als der, der diese Metalle produziert.
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