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Hamburger Traditionslokal soll Standort wechselnImbiss für Zeitreisende

Die Veddeler Fischgaststätte in Hamburg soll umziehen. Zwar nur ein paar Meter, aber die Betreiber fürchten, die Atmosphäre zu verlieren.

Umzug schön und gut – aber kommen Ofen, Fischfett und Stimmung auch mit? Foto: Sebastian König

Hamburg taz | Auf Luftbildern sieht die Veddeler Fischgaststätte in Hamburg aus wie ein kleiner Würfel, den man in die Mitte einer Carrera-Bahn geworfen hat: nicht unbedingt der Ort, an dem man einen Preisträger im Bundeswettbewerb Historische Wirtshäuser erwarten würde. Die Fischgaststätte ist aber einer, weil sie zur Bude geronnene 50er Jahre darstellt. Und darum geht auch der Streit, den sie gerade ausficht: Ist es zumutbar, dass die Gaststätte ein paar Meter weiter in eine der alten Zollamtshallen umzieht?

Oder verliert sie dann nicht nur den Ofen, der die besonders knusprige Fischpanade hervorbringt und der vermutlich keine neue Betriebszulassung bekommen wird, wie Betreiber Christian Butzke vermutet, sondern auch den alten Charme, der sich eben nicht von einem Häuschen in eine Halle umziehen lasse?

An einem Donnerstag gegen halb eins ist drinnen erst mal kein Platz mehr zu bekommen. Draußen, im Sommergarten, für dessen Gartenanteil ein paar Blumenkästen und ein Zelt sorgen, steht eine kleine Schlange, um Essen mitzunehmen.

Der frische Gurkensalat kostet drei Euro, zwei Fischfrikadellen kosten 7,60 Euro. Das teuerste sind sieben Fischfiletstücke und die gebackene Scholle für 15,60 Euro. Das ist nicht teuer für den Rest von Hamburg, aber für viele der heutigen Ved­de­le­r:in­nen ist das viel Geld.

Dann wird doch ein Platz frei, das mag daran liegen, dass man allein ist vielleicht auch, weil man von der Presse kommt. Denn die kommt der Fischgaststätte gelegen. Man sammelt Unterschriften gegen den drohenden Umzug, 4.651 Hamburger Stimmen hatten sie Mitte Dezember, 7.100 brauchen sie, um in den Petitionsausschuss zu kommen.

In der Fischgaststätte hängen Tüllgardinen aus jener Zeit, als Gardinen Kennzeichen einer gepflegten Haushaltung waren, an der Wand hängen Netze mit Fischen und Hummern darin sowie ein Foto des letzten Seeschleppdampfers.

An meinem Tisch sitzt eine Mutter mit Kind und einer Freundin. „Vorbildlich, dass er Fisch isst“, sagt die Chefin mit Fleecejacke und Zopf wohlwollen, als sie an den Tisch kommt. „Wir sind nach der standesamtlichen Trauung hierher gekommen“, sagt die Mutter unaufgefordert, „und wir kommen immer, wenn wir freie Tage haben.“ Die Fischgaststätte wirkt nicht so, als hätte sie wie die Retro-Lokale in den hipperen Stadtteilen ihre Resopaltische mühselig zusammensuchen müssen, sondern nur das gut in Schuss gehalten, was ohnehin da war.

Aus besseren Tagen

Wahrscheinlich ist die interessantere Frage, wann sich die Betreiber entschlossen haben, dass es genug sei mit Veränderungen. Seit 1932 steht die Gaststätte hier und sie steht für eine Zeit, als die Veddel nicht ganz so abgehängt war wie heute.

Sie war immer Arbeiterbezirk, nur ist die Arbeitlosenquote heute doppelt so hoch wie der Hamburger Durchschnitt – und das Einkommen nur halb so hoch. Das große Bauprojekt, in das die Fischgaststätte umziehen soll, wird die Veddel mit dem neuen Nachbarstadtteil Grasbrook verbinden und für mehr Infrastruktur sorgen.

Die Veddel hat Penny, einen Gemüseladen und eine Apotheke, für mehr fehlt lohnende Kundschaft. „Die Veddeler fühlen sich immer ein bisschen abgehängt“, sagt Christian Butzke, der vergangenes Jahr mit seiner Familie aus Berlin kam, um die Gaststätte zu übernehmen. Jetzt sorgen sie sich, über die Brücke zu müssen, weil die neuen Läden nach Grasbrook gingen.

Ins Lokal kommen heute Zeitreisende, An­hän­ge­r:in­nen bodenständigen Fischs, Tourist:innen, auch ein paar Veddeler:innen, sagt Christian Butzke. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat kürzlich verlauten lassen, dass sie zwar noch einmal prüfen werde, ob alles beim Alten bleiben kann. Sie hat aber auch daran erinnert, dass auch andere Traditionslokale in Hamburg an neuen Orten weitergemacht haben.

Aber vielleicht geht es gar nicht nur um die Umzugsfähigkeit der 50er Jahre. Vielleicht geht es darum, dass ein Veddeler durchsetzt, dass der Rest der Stadt sich nach ihm richtet. Und nicht andersrum.

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