Hamburger Senat beschließt 2G-Modell: Normalität für manche
Hamburger Clubs und Gaststätten können künftig nur noch Genesene und Geimpfte einlassen und dafür Corona-Auflagen lockern. Die Resonanz ist geteilt.
Am Dienstag bestätigte der erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auf der Landespressekonferenz, dass das 2G-Modell ab diesem Samstag in Kraft tritt. Ab dann können sich Betreiber*innen online für das 2G-Modell anmelden und damit anzeigen, dass sie das Konzept umsetzen möchten. Eine Anmeldung hat konkrete Folgen: Für Veranstaltungen fallen die bisherigen Abstandsgebote weg, Tische und Sitzplätze können wieder frei angeordnet werden und die Testpflicht entfällt. Darüber hinaus können dreimal so viele Personen an Veranstaltungen teilnehmen.
Sogar das Tanzen in Innenräumen soll mit medizinischer Maske wieder möglich sein. Kontaktnachverfolgung sowie Maskenpflicht in Innenräumen gelten weiterhin.
Tschentscher betont, dass durch den Start von 2G das alte 3G-Modell nicht entfallen würde. Den Betreiber*innen würde lediglich die Möglichkeit gegeben, auf 2G umzustellen. Wer das nicht möge, bliebe eben bei 3G. Der Senat wolle mit 2G symbolisieren, dass sie keinen weiteren Lockdown mehr umsetzen wollten, so Tschentscher. Doch das Konzept kommt nicht überall gut an. Kritisiert wird etwa, dass Betreiber*innen mit dem Umschwenken auf 2G den Impfstatus von Gästen mit digitalem Impfpass und Lichtbildausweis selbst kontrollieren müssten.
Für Constanze Lay, eine Sprecherin des Hamburger Vereins zur Förderung von Schankwirtschaften und Bars, „Barkombinat“, und selbst Besitzerin einer Cocktailbar wird damit die Verantwortung von der Stadt auf die Betreiber*innen abgewälzt. „Wir müssen das am Ende vor den Türen unserer Betriebe mit unseren Gästen ausdiskutieren“, befürchtet sie. Außerdem hätte sie auch keine Lust darauf, dass ihr jemand, der etwas gegen die Bestimmungen hätte, die Scheiben einschmeißen würde, wenn Sie sich für 2G entscheidet.
Hans-Peter Jansen, Inhaber des Studio-Kinos in Hamburg sieht da weniger Probleme: Das Studio-Kino bleibe vorerst bei 3G und schwenke gegen Herbst langsam auf 2G um: „Für mich ist die Entscheidung pragmatisch.“ Das Kino würde die Kinobesucher*innen langsam auf die Umstellung vorbereiten, um zum Start des neuen James-Bond-Films unter Vollauslastung laufen zu können. Wenn es nach Jansen ginge, könnte die Stadt ruhig mehr Impfanreize schaffen: „Lassen Sie sich für James Bond impfen, sonst können Sie den nicht sehen.“
Der Sprecher Danny Hallrung von „Alster in Flammen“, einem Zusammenschluss von Veranstalter*innen aus Hamburg, ist dagegen wütend: „Wir haben ohnehin schon Personalnot.“ Er spielt darauf an, dass sich auch Angestellte in 2G-Betrieben an die Regeln halten müssen – also nur geimpfte Angestellte bei den angebotenen Veranstaltungen arbeiten dürfen. Auch wären die weiterhin kleinen Veranstaltungen für größere Clubs unwirtschaftlich.
Die verschiedenen Ansichten könnten auch daran liegen, dass das Modell zu den einzelnen Branchen unterschiedlich gut passt. So sagt Lay vom Barkombinat etwa dazu: „Ein Teil wird damit klarkommen. Das ist abhängig davon, wie die Gästestruktur ist.“
Die teilweise geäußerte Wut, 2G wäre eine Impfpflicht durch die Hintertür, teilt der Senat nicht. Im Gegenteil wäre 2G laut Tschentscher der Weg, um Personen, die sich für eine Impfung entschieden haben, nicht länger einzuschränken. 2G ermögliche für wieder ein bisschen mehr Normalität – immerhin seien schon 60 Prozent der Hamburger*innen vollständig geimpft.
Auch die zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) nennt den neuen Beschluss eine „Entscheidung für mehr Freiheit“. Wie sich die neuen Bestimmungen auf die Hamburger Veranstaltungsbranche auswirken wird, bleibt abzuwarten. Der Senat zeigt sich zumindest entschlossen, das Konzept durchzusetzen und auch bei einer Zuspitzung der Inzidenzen dabei zu bleiben.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen